FC Bayern in Freiburg:Bayerns entlarvende Gemächlichkeit

SC Freiburg - Bayern München

Ein Unentschieden, das sich wie eine Niederlage anfühlt: Thomas Müller (l) und Mats Hummels gehen in Freiburg vom Platz.

(Foto: Patrick Seeger/dpa)
  • Der FC Bayern erreicht in der Bundesliga in Freiburg nur ein 1:1, weil es vor allem in der ersten Hälfte Probleme in der Defensive gibt.
  • Jérôme Boateng und Mats Hummels wirken phasenweise nicht sicher, das nutzen clevere Freiburger.

Von Jonas Beckenkamp

Am Ende einer interessanten Woche schien es für den FC Bayern nur noch um eine Frage zu gehen: Wie ist das eigentlich, wenn in Freiburg eine Mannschaft aufläuft, die schon jetzt, mitten in der Saison, von den Geistern der kommenden Spielzeit umweht wird? Noch ist ja weder ein gewisser Lucas Hernández aus Madrid noch Benjamin Pavard aus Stuttgart leibhaftig in München aufgetaucht - ganz zu schweigen von all den anderen teuren Zukunftsmenschen, die den Umbruch der Bayern verkörpern sollen.

Namen kursieren genügend, nur: Die Meisterschaft müssen nun erst einmal die vorhandenen Profis holen. Und die zeigten sich beim 1:1 (1:1) im Breisgau durchaus beeindruckt von den Nebengeräuschen um ihre kommenden Konkurrenten im Kader. Nach einer Halbzeit voller Wackelmomente in der Verteidigung, als Lucas Höler Freiburg in Führung (3. Minute) gebracht hatte, gelang immerhin eine kleine Steigerung. Robert Lewandowskis 1:1 (20.) besiegelte einen enttäuschenden Nachmittag der Münchner im Breisgau, der zeigte: Für eine erneute Titelverteidigung müssen die Bayern deutlich besser Fußball spielen. Und sie müssen jetzt wieder dem BVB in der Tabelle hinterher rennen.

Es war eine Partie, die als Blaupause diente für die Veränderungen, die speziell Jérôme Boateng und Mats Hummels betreffen. In der Nationalelf sollen nun andere ihre Plätze einnehmen, und auch beim FC Bayern mehren sich Hinweise, dass ihre Zeit bald ausläuft. Hinweise, die auch in Freiburg nicht zu übersehen waren, denn es gab sie wieder, jene Szenen des gegnerischen Überfalls, die Lucas Hernández mit seinem Tempo womöglich unterbunden hätte.

Startelf ohne Manuel Neuer und David Alaba

Einen Spieler wie den 80-Millionen-Weltmeister aus Frankreich konnte Bayern-Trainer Niko Kovac diesmal eben noch nicht aufbieten - und auch bei den Freiburgern reichte es nicht ganz für derartige Schmuckstücke in der ersten Elf. Kovac setzte in Abwesenheit der verletzten Manuel Neuer (Wade) und David Alaba (Oberschenkel) auf Ersatzkeeper Sven Ulreich sowie Rafinha, der wieder einmal zum Linksverteidiger umfunktioniert wurde. Und in der Innenverteidigung, also dort, wo in Zukunft Hernandez spielen soll, befanden sich zwei ehemalige DFB-Akteure: Hummels und Boateng.

Ihre Ehemaligkeit sei hier erwähnt, weil schon in der dritten Spielminute das eintraf, was auch dem (im Stadion anwesenden) Bundestrainer offenbar aufgefallen ist: Hummels und Boateng sind aktuell nicht mehr jene Sicherheitsgaranten, die sie einmal waren. Freiburg hatte über links angegriffen, eine Flanke von Christian Günter segelte fröhlich in den Münchner Sechzehner, wo die bayerische Abwehr ein Frühlingsschläfchen hielt: Insbesondere Hummels stand reichlich unbeteiligt bei Lucas Höler, der mit dem Kopf zum 1:0 verlängerte. Ein Gegentreffer wie eine Abrissbirne, die Bayern-Defensive als Bröckelverbund - und natürlich schwang die Frage mit: Hätte einer wie Hernandez da besser ausgesehen?

Freiburgs Torschütze kam aus Sandhausen

Mit Höler traf jedenfalls ein Mann, den Freiburg für 1,1 Millionen aus Sandhausen geholt hatte. Dass es ein sommerlicher Offensiv-Nachmittag werden würde, deutete sich früh an in diesem Spiel. Die Bayern griffen an, Freiburg konterte, wie in der 18. Minute, als Boateng erneut Günter ziehen ließ, ehe der zu Jannik Haberer weiterleitete. Dessen Querpass eröffnete schließlich Mike Frantz eine famose Gelegenheit - doch seinen Schuss kratzten Boateng und Hummels gemeinsam von der Linie.

Im Gegenzug fiel das 1:1, weil die Freiburger vor lauter Kontergaudi das Verteidigen vergaßen: Bei einer Bayern-Ecke brachte sie den Ball nicht hinten raus, Leon Goretzka sah Lewandowski am Fünfmeterraum und der Pole legte ein Tänzchen mit hochgehaltenem Ball hin, ehe er artistisch verwandelte (20.). Sein 19. Saisontreffer konnte auch als Signal in eigener Sache durchgehen: Egal, wer in der Offensive noch als Verstärkung kommt, die meisten Treffer verantwortet weiterhin Lewandowski (solange es nicht gegen Real Madrid oder Liverpool geht).

Das große Thema in diesem Spiel der Unzulänglichkeiten blieb aber die Bayern-Abwehr mit ihrer auffälligen wie entlarvenden Gemächlichkeit. Hölers nächsten Dribbellauf sah sich Boateng interessiert an, ohne einen Zugriff in Erwägung zu ziehen, weshalb Ulreich sich arg strecken musste, um das 2:1 zu verhindern. So wirkte die Überlegenheit der Bayern trügerisch, denn wann immer es schnell ging bei den Gastgebern, stellte das die Münchner vor Herausforderungen. Und vorne? Da mühten sich mal Lewandowski, mal Kingsley Coman und schließlich der eingewechselte Serge Gnabry gegen Spieler namens Keven Schlotterbeck und Dominique Heintz durch den Dickicht an Freiburger Füßen.

Doch die bayerischen Chancen verpufften auch nach der Pause, obwohl zunehmend alles Richtung Freiburger Tor drängte. Den Münchnern fehlten bei allem Ballbesitz Momente der Überraschung und der Verschärfung, um die geschickten Freiburger auszuhebeln. Als Lewandowski nach einem Gnabry-Solo doch einmal alleine vor dem Tor auftauchte (77.), hielt SC-Keeper Alexander Schwolow (wie in vielen anderen Szenen) den Fuß dazwischen. So blieb es auch nach einer allerletzten XXL-Chance von Lewandowski per Kopf (90.) und einem Pfostentreffer von Goretzka (93.) beim Remis, das aus Bayern-Sicht nur eine positive Erkenntnis brachte: Das viele Geld für Lucas Hernández und Benjamin Pavard ist vermutlich an der richtigen Stelle investiert.

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