Bayern-Erfolg im Regionalliga-Derby:Geistesblitz auf Giesings Höhen

TSV 1860 Muenchen II v FC Bayern Muenchen II - Regionalliga Bayern

Hilfskräfte mussten zwischenzeitlich auch Dinge vom Rasen entfernen, die mit Fußball nur bedingt zu tun haben.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Das Münchner Derby FC Bayern II gegen 1860 II endet mit einem 1:0 für die "Roten".
  • Weil zwischenzeitlich Böller auf dem Spielfeld landen, muss die Partie unterbrochen werden.
  • Die Bayern jubeln über ein schönes Fernschusstor.

Von Christoph Leischwitz

Der Stürmer Lukas Görtler verbrachte die letzten Sekunden weitgehend im eigenen Strafraum, für seine Verhältnisse hatte er insgesamt ein unauffälliges Spiel gemacht. Doch er hatte eben diesen einen Moment gehabt, der das Derby entschied. "Ich hatte 75 Minuten kein einziges Mal aufs Tor geschossen. Einmal wollte ich dann schon", sagte der 20-Jährige Bayern-Angreifer später lächelnd.

Den Entschluss hatte er also schon gefasst, als er sich auf der linken Seite freilief. Am Strafraumeck kam der Ball auf ihn zugerollt. Görtler schoss. "Ich habe gespürt, dass ich ihn überragend getroffen habe", sagte er später. 1860-Torwart Michael Netolitzky bekam zwar noch die Hand an den Ball, dieser senkte sich aber trotzdem ins ferne Eck, zum einzigen Tor des Nachmittags. "Dann habe ich alle nur noch schreien hören", erzählte der Torschütze.

Man hätte sich etwas mehr solcher entschlossener Situationen gewünscht in einem Regionalliga-Derby, in dem die meisten Akteure keine Zeit für Geistesblitze hatten, weil sie viel zu sehr damit beschäftigt waren, möglichst keine Fehler zu machen. So sah Bayerns U23-Trainer Erik ten Hag am Schluss zwar sehr stolz aus, als er seinen Siegtorschützen mit ein paar Schulterklopfern in die Kabine drückte; er war insgesamt auch zufrieden, denn immerhin habe es der FC Bayern nun geschafft, zum ersten Mal seit Bestehen der Regionalliga Bayern beide Derbys in einer Spielzeit zu gewinnen.

Doch der Holländer merkte hernach auch an, dass vieles nicht so gelaufen war wie geplant. "Ich denke schon, dass die Atmosphäre die Spieler beeinflusst hat. Wir haben vor allem in Ballbesitz nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen. Wir hätten das vor allem in der ersten Halbzeit besser machen können."

Trotz des Wetters - Schneetreiben mit längeren Auflockerungen - war die Atmosphäre mal wieder beeindruckend im mit 12 500 Zuschauern ausverkauften Grünwalder Stadion. In den vergangenen Jahren war das Derby zum Münchner Hotspot des ungepflegten Miteinanders verkommen, verglichen damit ging es am Ostermontag fast schon politisch korrekt zu. Neben Pyrotechnik waren diesmal auch feindselige Spruchbänder verboten worden. Das böseste, was es zu lesen gab, hielten Mitte der ersten Halbzeit Bayern-Fans auf der Gegengerade hoch: "Welcher Mythos? Willkommen in der Realität", war dort für die Sechzig-Fans in der Westkurve zu lesen. Vergleichsweise harmlos.

Bayern hat die besseren Szenen

Das Geschehen auf dem Platz ließ die Gemüter lange Zeit auch nicht weiter in Wallung geraten. "Wenn zwei Mannschaften das Ziel haben, aggressiv zu sein und keine Fehler zu machen, dann kann dabei erst mal kein schönes Spiel herauskommen", analysierte Görtler. Sechzigs Vladimir Kovac gab nach einer knappen Viertelstunde den ersten Torschuss ab, der zwei Meter am Kasten vorbei flog. Kovac leitete dann aber mit einem Fehler die erste richtig gute Möglichkeit des Spiels ein: Steeven Ribéry kam im gegnerischen Strafraum frei zum Abschluss, traf jedoch nur Torwart Michael Netolitzky (15.).

Die jungen Bayern hatten die besseren Strafraumszenen, doch die Sechziger, die in diesem Kalenderjahr noch kein Tor geschossen haben, hielten spielerisch und kämpferisch gut mit, wie auch schon vor gut einer Woche gegen Spitzenreiter Würzburg. "Es ist wie so oft in letzter Zeit, ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen", sagte der sichtlich geknickte Sechzig-Trainer Daniel Bierofka nach dem Spiel. Nur den, dass sie keine Tore mache.

Ehe Schiedsrichter Günter Perl die zweite Halbzeit anpfeifen konnte, gab es von der Tribüne doch noch einen negativen Funkenflug: Bayern-Fans zündeten mehrere Böller und einige Rauchbomben, Perl schickte die Spieler kurz an die Seitenlinie vor der Haupttribüne. Nach einigen Minuten Verzögerung fanden erneut die Sechziger etwas besser ins Spiel. Christian Köppel verzog einen Fernschuss nur knapp (60.), ein Torschuss von Kasim Rabihic aus zwölf Metern wurde geblockt, er hatte den Ball nicht richtig getroffen (61.).

"Mitten in unsere Drangphase hinein haben die Bayern dann das Tor erzielt", fand Bierofka. Echten Druck bauten seine Spieler allerdings erst nach dem Rückstand auf. Vor allem Rabihic und Peter Kurzweg auf der linken Angriffsseite drückten die Bayern tief in deren Hälfte, Rabihic gelangen noch zwei gute Torschüsse, die Keeper Leopold Zingerle allerdings parierte. In der Nachspielzeit wurde deutlich, was den Sechzigern seit der Beförderung von Korbinian Vollmann zu den Profis vor allem fehlt: ein technisch versierter Knipser.

Auf dem Weg in die Kabine stießen mehrere Bayern-Spieler laute Freudenschreie aus. Auch wenn Spitzenreiter Würzburger Kickers immer noch acht Punkte entfernt ist, so war ihnen leicht anzumerken, wie wichtig das Derby war. "Wir haben die Verhältnisse gerade gerückt jetzt", sagte Görtler. Und ten Hag hoffte, "noch einmal ein bisschen Druck auszuüben auf Würzburg". Gereicht hatte dafür ein einziger Geistesblitz, eine entschlossene Aktion. Ab sofort herrscht wieder Alltag: Die Bayern reisen am Wochenende zum Viertletzten Bamberg, die Sechziger richten am Sonntag ein viel kleineres Derby aus - gegen den SV Heimstetten.

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