Champions League:Achtelfinale dahoam

Bayern Chelsea 2012

Bangen beim Elfmeterschießen: der FC Bayern im Finale 2012. Von den Spielern auf dem Foto ist nur Jérôme Boateng (stehend, 4.v.r.) weiter dabei.

(Foto: imago sportfotodienst)
  • Die deutschen Klubs erwischen in der Champions League Gegner aus einer mittelschweren Gewichtsklasse.
  • Leipzig spielt im Achtelfinale gegen Tottenham, Bayern gegen Chelsea und der BVB gegen Paris.
  • Die Münchner und Dortmunder treffen alte Bekannte: den Final-Gegner 2012 beziehungsweise den Ex-Trainer Tuchel.

Von Claudio Catuogno

Aus dem aktuellen Kader sind nur Manuel Neuer, Jérôme Boateng, David Alaba und Thomas Müller damals schon dabei gewesen, am 19. Mai 2012, als der FC Chelsea aus London dem FC Bayern sein berühmtes Finale dahoam vermasselte. Der Torwart Neuer traf beim 3:4 i.E. (1:1 n.V., 1:1, 0:0) sogar einen Elfmeter, was an diesem Abend etwas heißen, aber am Ende nichts helfen sollte. Schweinsteiger, Pfosten, Traum vorbei. Man erinnert sich.

Kaum vorstellbar, dass dem Kapitän des FC Bayern diese Bilder am Montagmittag nicht erneut durch den Kopf flackerten, ehe er im Vereinsfernsehen seine amtliche Reaktion auf die Achtelfinal-Auslosung der Champions League in die Kameras sprach. "Wir freuen uns auf London", begann Neuer und sagte dann, was man eben so sagt: "gefährliche Mannschaft" ... "zweimal mit einer hoch konzentrierten Leistung in die Spiele gehen".

Champions-League-Auslosungen folgen Ritualen. Das beginnt mit den Losfeen, die im Auftrag des Verbandes Uefa die Kugeln aus den Schüsseln ziehen - diesmal, passend zum Finale in Istanbul, durfte Hamit Altintop diesen Job übernehmen, der den internationalen Fußball mit der Türkei, dem FC Bayern, Real Madrid und Galatasaray Istanbul erlebt hat (später mit Darmstadt 98 dann nicht mehr).

Die Rituale gehen weiter, wenn in Nyon die Kameras schon wieder aus sind: Dann übermitteln Spieler und Klubvertreter ihre Statements zu Hoffnungen und Erwartungen. Die klingen dann so wie beim Bayern-Trainer Hansi Flick, der kenntnisreich feststellte, im Achtelfinale gebe es eh "keine leichten Gegner" mehr. Ergo: "Klar ist es unser Ziel, dass wir das Viertelfinale erreichen. Wir müssen konzentriert an die Sache herangehen." Und dann dauert es meistens nicht lange, bis die Medien ein Oberthema gefunden haben für die kommende Runde. Auch dieses lag am Montag auf der Hand.

Das kommende Achtelfinale wird für die deutschen Klubs die Runde des Wiedersehens. Mal abgesehen von RB Leipzig, das es mit Tottenham Hotspur zu tun bekommt: Beim Dosenklub ist ein historisch aufgeladenes Wiedersehen ja schon deshalb ausgeschlossen, weil man das erste Mal die Runde der letzten 16 erreicht hat. Aber ansonsten: Lauter alte Bekannte!

Die Bayern treffen auf Chelsea. Das Hinspiel steigt am 25. Februar in London, am 18. März steht für die Münchner in ihrer Arena das Rückspiel um den Einzug ins Viertelfinale an (für Fachleute: Achtelfinale dahoam). Und auch, wenn die Besetzungen längst gewechselt haben, so wird es doch das erste Wiedersehen auf dieser Bühne seit dem Münchner Finale von 2012.

Borussia Dortmund? Die Mannschaft des Trainers Lucien Favre bekommt es am 18. Februar (daheim) und 11. März (auswärts) mit Favres Vor-, Vor-, Vorgänger zu tun: mit Thomas Tuchel und seiner heutigen Elf von Paris Saint-Germain. Auch das wird ein Wiedersehen mit Vorgeschichte. Tuchel hatte mit den Dortmundern 2017, nach zwei Jahren Amtszeit und bereits im fortgeschrittenen Unruhemodus, den DFB-Pokal gewonnen - war dann aber vom Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke unehrenhaft verabschiedet worden, wobei die wechselseitigen Missverständnisse gigantische Ausmaße angenommen hatten. Weder Peter Bosz noch Peter Stöger konnten als Nachfolger überzeugen, zwischen Favre und der aktuellen Elf scheint es nach schwierigen Monaten immerhin ein Erfolg versprechendes Einvernehmen zu geben. Und nun geht es also gegen Tuchel.

"Wir spielen nicht gegen Thomas Tuchel, sondern gegen Paris Saint-Germain"

"Für uns ist das ein richtiges Knallerlos", sagte Sportdirektor Michael Zorc. Aber das bezog er eher auf die prominent besetzte Spitzenelf um den Brasilianer Neymar und den Franzosen Kylian Mbappé. Deren deutscher Trainer? "Wir spielen nicht gegen Thomas Tuchel, sondern gegen Paris Saint-Germain", sagte Zorc, "aber wir werden ihn freundlich begrüßen." Und Watzke versicherte auf die Frage, wie sich die Auslosung für ihn angefühlt habe (eine typische Journalistenfrage nach Wiedersehensauslosungen): "Es fühlte sich normal für mich an." Auch das wäre damit geklärt.

Bei RB Leipzig dominierte derweil ganz generell die Vorfreude auf K.-o.-Spiele in der Champions League. Wie die Bayern müssen auch die Leipziger nach London reisen, am 19. Februar ins neue Stadion von Tottenham, ehe die Entscheidung am 10. März in Leipzig fällt. Sportdirektor Markus Krösche sagte: "Ein attraktiver Gegner, gar keine Frage." Und der junge RB-Trainer Julian Nagelsmann kann sich zudem darauf freuen, in José Mourinho einen Trainer von Weltruf kennenzulernen: "Weltklasse-Trainer, Weltklasse-Team", sagte Nagelsmann, "tolles Los, große Vorfreude." Und wie immer gilt wohl auch für diese Paarung: Wenn die Leipziger so zackig spielen wie Nagelsmann spricht, haben sie eine Chance.

Überhaupt eint alle drei deutschen Starter nach dieser Losrunde: Sie haben Gegner aus der mittleren Gewichtsklasse erwischt. Keinen FC Liverpool wie die Bayern im Vorjahr, als sie im Achtelfinale am späteren Champion scheiterten. Kein Barça, kein Real, kein Juve. Aber auch nicht die vermeintlichen Leichtgewichte im Feld, Bergamo und Valencia.

Tuchels PSG führt klar die französische Liga an, ist international aber bislang jedes Jahr früher gescheitert, als es den mit Milliardensummen unterfütterten Ansprüchen der katarischen Eigner entspricht. Tottenham, immerhin Vorjahresfinalist, hat seine Herbstkrise mit einem neuen Trainer gekontert: Mourinho. Und Chelsea ist in der Premier League solider Vierter - und Frank Lampard, der 2012 ebenfalls einen Elfmeter traf, ist der Trainer. Wie die Zeit vergeht. "Die Jungs auf der Insel wissen, dass wir da sind", formulierte Manuel Neuer am Montag fast schon eine Kampfansage - wenn auch eine mit einer feinen Fußnote: "International" seien die Bayern "in Topform, das haben wir gezeigt". National sind sie derzeit bloß Fünfter. Aber auch das kann im Februar 2020 schon wieder ganz anders sein.

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