Bayern und Dortmund:Trainerwechsel vs. Systemwechsel

Sport Bilder des Tages Lucien FAVRE (Trainer Borussia Dortmund), gratuliert Hans Dieter Flick (Hansi ,Trainer Bayern Mue; Flick Favre

Hansi Flick und Lucien Favre nach dem Spiel in München.

(Foto: imago images/Sven Simon)

Die beiden großen deutschen Klubs haben in der Trainerfrage unterschiedliche Lösungen gewählt - und mittlerweile zeigt sich, dass offenbar beide richtig entschieden haben.

Kommentar von Sebastian Fischer

Als José Mourinho jüngst in München war, hat er über sein Studium der deutschen Sprache gesprochen. Es sei noch nicht so weit fortgeschritten, dass er auf Deutsch antworten könne, sagte er. Und außerdem erklärte er, dass er nur aus reiner Neugier eine weitere Sprache habe lernen wollen - nicht etwa für einen möglichen Job in der Bundesliga. Mourinho, der Fuchs, konnte dies natürlich reinen Gewissens sagen: Er war ja deshalb in Deutschland, weil er längst wieder einen Job gefunden hat, als Coach von Tottenham Hotspur. Und in der Bundesliga wird ja eh nichts frei.

Der Name Mourinho war in den vergangenen Monaten, bevor der Portugiese Ende November bei den Spurs begann, vor allem in Gesprächen über den FC Bayern (weniger ernst) und Borussia Dortmund (möglicherweise ein bisschen ernster) gefallen. Mourinho lernt Deutsch? Die beiden großen deutschen Klubs zweifeln an ihren Trainern? Das war bestes Kantinen-Gespräch-Material.

Nun allerdings, zwei Spiele vor Ende der Hinrunde, scheint es sich bewährt zu haben, wie beide Vereine in der Sache gehandelt haben: Beim 6:1 der Bayern gegen Bremen warb die Mannschaft wieder offensiv für einen Verbleib des Interimstrainers Hansi Flick bis Sommer. Der BVB gewann mit dem 4:0 beim FSV Mainz 05 das dritte Ligaspiel in Serie.

Flick hat mit dem Sieg gegen Bremen seine erste kleine Niederlagen-Serie in der Bundesliga (1:2 gegen Leverkusen und Mönchengladbach) trotz 0:1-Rückstand recht eindrucksvoll beendet. Dass den Spielern Flicks taktische Ideen - frühes Stören und spielerische Dominanz - wohl mehr zusagen als jene des Anfang November beurlaubten Niko Kovac, war schon seit Wochen recht eindeutig. Bereits nach dem 3:1 gegen Tottenham unter der Woche hatten sich die Bayern-Profis im Schwärmen für Flick geradezu überboten, am Samstag fügte David Alaba hinzu: "Man kann seine Philosophie in unserem Spiel sehr gut erkennen." Und es sprach auch für die Moderationsfähigkeiten des Trainers, dass in Philipe Coutinho jener Spieler drei Tore schoss und zwei vorbereitete, den er zu Beginn seiner Zeit als Cheftrainer zunächst auf die Bank gesetzt hatte.

Favre hat den Weg zurück zum Erfolg vorerst mit einem für ihn untypischen, mutigen Taktik-Wechsel erreicht, mit Dreierkette, hoch stehenden Außenverteidigern und nur noch einem defensiven Sechser. So wie die Profis in München auffällig ihren Trainer loben, so loben sie in Dortmund auffällig diese Systemänderung, allen voran Abwehrchef Mats Hummels. Sollte es wirklich gelungen sein, auf Favre entsprechend einzuwirken, wäre das zweifellos die bessere Lösung als ein Trainerwechsel. An der Fußballexpertise des Schweizers kann auch in Zeiten schwächerer Ergebnisse niemand ernsthaft zweifeln, dem es selbst nicht an eben jener mangelt. Es ist eher Favres Sturheit, die das Arbeiten mit ihm bisweilen kompliziert macht.

Ob er sich wirklich geändert hat, könnten auch zwei bevorstehende Duelle mit RB Leipzig zeigen: Erstens das in der Bundesliga am Dienstag, gegen die wohl derzeit stärkste deutsche Mannschaft; zweitens das Ringen um den begehrten Salzburger Stürmer Erling Haaland, der in dieser Woche zunächst in Dortmund und dann in Leipzig vorsprach. Ein wuchtiger Mittelstürmer ist zwar im klassischen Favre-Fußball nicht unbedingt vorgesehen, für den BVB aber dringend notwendig.

Dass die Trainer in München und Dortmund gerade viele Fürsprecher haben, weist übrigens auch auf eine interessante Momentaufnahme hin. Gerade gibt es wohl keinen Bundesligastandort, der ernsthaft über einen Trainerwechsel in der Winterpause nachdenkt. Der Tabellenletzte SC Paderborn wird kaum Steffen Baumgart in Frage stellen, genauso wenig wie der Drittletzte Fortuna Düsseldorf den bei Fans und Spielern beliebten Friedhelm Funkel. Auch in Bremen wird trotz einer schwierigen Saison niemand auf die Idee kommen, Florian Kohfeldt das Vertrauen abzusprechen (Das wäre jedenfalls ein großer Fehler). Und zwei bislang erfolglose neue Trainer, Jürgen Klinsmann und Markus Gidol, haben am Samstag mit Berlin und Köln jeweils zum ersten Mal gewonnen.

José Mourinho kann sich also mit dem Deutschlernen definitiv weiter Zeit lassen. Er hat unter der Woche sogar offengelassen, ob er überhaupt eines Tages zum FC Bayern wollen würde. Er denke überhaupt nicht an den Tag, an dem er Tottenham wieder verlassen muss.

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