Süddeutsche Zeitung

Bayern-DJ und das "Ladioo"-Lied:Zehntausende singen ein Schimpfwort

Seit geraumer Zeit wird das Ballermann-Lied "Ladioo" dazu benutzt, Borussia Dortmund eine üble Beleidigung hinterherzusingen. Als es der DJ in der Münchner Arena nach dem Pokalsieg auflegt, singt das halbe Stadion mit. Dem FC Bayern kann das nicht gefallen.

Ein Kommentar von Jürgen Schmieder

Wenn die Fans eines Fußballklubs den Gegner beleidigen wollen, dann tun sie das meist mit plumpen Sätzen, die nur beim ersten Mal nicht schrecklich unlustig sind. Sie merken etwa an, dass man die Einwohner Bayerns ihrer traditionellen Hosen entledigen sollte oder dass Werder Bremen den Geruch von Wassertieren habe. Mitunter wird eine Fäkalie in den Vereinsnamen eingearbeitet, so dass aus dem Verein aus Gelsenkirchen "Scheiße 04" wird.

Die Fans des FC Bayern und Borussia Dortmund hielten es am Mittwochabend die meiste Zeit für unnötig, sich gegenseitig zu beschimpfen - sie waren vielmehr in einen Wettstreit getreten, ihre eigenen Mannschaften anzufeuern und ihre Begeisterung über das packende und intensive Pokalspiel kund zu tun.

Die Münchner Anhänger hatten bereits vor dem Spiel eine pfiffige Choreographie präsentiert, als sie mit Plakaten eine schwarz-gelbe Wand in der Südkurve aufgebaut hatten. Nanu, fragte sich so mancher, was ist denn da los? Der Witz versteckte sich zunächst auf dem Plakat unter der Wand, auf dem stand: "Die Farben der geilsten Stadt". Schwarz und Gelb sind die Farben von München. Die Pointe der Inszenierung zeigte sich, als aus der schwarz-gelben Wand eine rot-weiße wurde mit der Unterschrift: "Die Farben des besten Vereins".

Auch die Verantwortlichen der Vereine gingen besonnen um mit diesem Spiel. Jürgen Klopp nickte beim Führungstreffer durch Arjen Robben anerkennend und gratulierte danach den Münchnern ebenso fair wie Klubchef Hans-Joachim Watzke. Bayern-Präsident Uli Hoeneß betonte mehrfach, "überhaupt nichts gegen Borussia Dortmund" zu haben: "Für uns war es gut, dass so ein Verein gekommen ist, er hat uns auf ein anderes Level geführt."

Es gab nur einen unschönen Moment an diesem Abend, die Münchner Spieler hatten gerade mit den Fans in der Südkurve gefeiert, während das Vereinslied "Stern des Südens" aus den Boxen dröhnte. Danach jedoch legte der Stadion-DJ das Ballermannlied "Ladioo" von Peter Wackel auf, das seit einiger Zeit dazu benutzt wird, um im Refrain "BVB, Hurensöhne" anzustimmen.

Es war also vollkommen klar, was passieren würde, sobald dieses Lied gespielt wurde: Es löste beim Münchner Publikum einen Pawlowschen Reflex aus - und plötzlich schallten statt fröhlicher Jubelgesänge von Zehntausenden schlimme Beleidigungen durch die Arena.

Vor 14 Monaten gab es wegen dieses Liedes bereits einen Eklat, weil es die Spieler von Holstein Kiel gesungen hatten, nachdem ihnen Borussia Dortmund als Viertelfinal-Gegner zugelost worden war und die ARD just in diesem Moment live in das Vereinsheim der Kieler schaltete. Der Verein wurde damals mit einer Geldstrafe von 14.000 Euro belegt.

Es war eine unnötige und degoutante Einlage des Münchner DJs, die die Verantwortlichen keineswegs gutheißen dürften - weil dieser eine Moment den Eindruck erwecken könnte, dass es sich da doch um schlechte Gewinner handeln könnte. Und das würde nicht zu diesem mitreißenden, die meiste Zeit fairen Pokalabend passen.

Die Verantwortlichen werden den Discjockey sicherlich rügen - und vielleicht weisen sie ihn darauf hin, was Freiburgs Trainer Christian Streich nach dem Sieg gegen Mainz gemacht hat: Er tröstete den Mainzer Spieler Radoslav Zabavnik, der in der Nachspielzeit einen Strafstoß verursacht hatte. Und vielleicht spielen sie ihm auch die Worte von Streich vor: "Für den Sieger ist es immer einfach."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1612317
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/hum/rus
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.