FC Bayern im DFB-Pokal:Immer für ein Gegentor zu haben

FC Bayern - Mats Hummels und Robert Lewandowski gegen Hertha BSC im DFB-Pokal

Mats Hummels war erleichtert nach dem Pokalerfolg in Berlin.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Beim FC Bayern interpretiert man das 3:2 gegen Hertha im Pokal überaus positiv.
  • Dabei ist es verwunderlich, wie verwundbar die Münchner immer noch sind.
  • Für das Spiel gegen den FC Liverpool muss vor allem in der Abwehr eine deutliche Steigerung her.

Von Saskia Aleythe, Berlin

Beinahe hätte man sich um Mats Hummels Sorgen machen müssen, als Niko Kovac aus dem Seelenleben eines Fußballers berichtete. Es ging um den verhängnisvollen Fehler, der Hummels unterlaufen war, "da will man sich am liebsten selbst irgendwo einbuddeln", sagte der Trainer also, er nahm seinen Innenverteidiger für seinen schweren Patzer gar in Schutz. Man müsse jetzt nicht alles "über Mats ausschütten", sagte er. Vergraben hat sich Hummels dann ja auch nicht, Minuten nach dem Abpfiff stand er vor den Mikrofonen und gab seinen "großen Fehler" zu. Dann schluckte er noch leise in sich hinein, dass er erleichtert sei. "Ein bisschen."

Ja, der FC Bayern ist ins Viertelfinale des DFB-Pokals eingezogen, mit einem 3:2 nach Verlängerung gegen Hertha BSC. Und doch blieb eben diese eine Szene von Hummels im Gedächtnis: Wie in der 67. Minute aus einer harmlosen Rückgabe an den Torhüter das 2:2 durch Davie Selke wurde. Ein Aussetzer, der den Eindruck verstärkt, der sich schon durch die gesamte Saison zieht: Die Bayern sind aus dem Nichts heraus verwundbar. So ein bisschen gab das dann auch Kovac zu. "Wenn wir etwas erreichen wollen im Pokal, Liga oder Champions League, dürfen wir solche einfachen Tore nicht herschenken", sagte der Trainer zwar.

Und doch sprach aus seinen Sätzen eine Zuversicht, die nach dem dahingezitterten Pokalsieg gegen den Tabellenneunten der Bundesliga dann doch erstaunlich wirkte.

"Wir haben heute ganz ganz wenig zugelassen", befand Hummels, er sah eine Abwehr, die sich im Vergleich zur Partie gegen Leverkusen am Wochenende definitiv gesteigert habe. "Gab es einen Torschuss außer den beiden Toren?", fragte er in die Runde, um zu demonstrieren, wie sehr die Münchner Mauer die Berliner hatte abprallen lassen, "ich würde ganz frech sagen: In 120 Minuten nicht einen einzigen." Tatsächlich waren es insgesamt nur vier Torschüsse, die Hertha in zwei Stunden Fußball gelungen waren - allerdings reichten die eben auch zu zwei Treffern. Allzu sehr zu beunruhigen schien das die Münchner allerdings nicht.

Torwart Sven Ulreich formulierte den schönen Satz: "Ich glaube, es war schon ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn wir zwei Gegentore bekommen haben." Beim 1:0 wähnte man sich ohnehin im Recht: Maximilian Mittelstädt traf in das Netz hinter Ulreich, als sich die Bayern noch über einen nicht gegebenen Elfmeter für Goretzka aufregten. "Da hat es, glaube ich, jeder gesehen, dass es Elfmeter war", sagte Kovac später und wischte die Unaufmerksamkeit der Verteidiger damit weg. Ohnehin war er mit einer kompakten Abwehrleistung zufrieden. Und lobte die Einstellung der Mannschaft, sie habe "zurückgeschlagen, nicht aufgegeben. Ich bin mit dem Weiterkommen sehr zufrieden."

Flügelzange für die Zukunft

Auch Hummels stürzte sich lieber auf die positiven Aspekte, aus seiner Sicht ganz klar der Ballbesitz der Mannschaft. 74 Prozent waren am Ende in der Statistik verzeichnet, auch die Passquote von 91 Prozent sprach für einen konzentrierten Auftritt. "Es geht nicht immer darum, komplett zu glänzen", sagte Hummels, "wir sind unglaublich ballsicher bis in den gegnerischen Sechzehner gekommen. Natürlich hätten noch zwei, drei Torchancen mehr daraus entstehen müssen." 23 Torschüsse hatten die Münchner zwar auf ihrer Seite stehen, aber kaum hochkarätige Chancen. Auch die 14 Ecken brachten nichts ein.

Und dann ist schon die Frage, wie viel Ballbesitz wert ist, wenn man zum einen für Patzer in der Abwehr anfällig ist und zum anderen vorne wenig klare Gelegenheiten zum Toreschießen erarbeitet.

Aber die offensive Baustelle überdeckte gegen Hertha ja auch Serge Gnabry, der nicht nur zwei der drei Treffer erzielte, sondern auch mit einem seltenen Esprit voranging. "Er hat es richtig richtig gut gemacht", lobte Kovac, "er ist technisch so sauber, so stark, links wie rechts." Dass er nach 89 Minuten ausgewechselt wurde, hatte er sich selber erbeten. "Trainer, ich kann nicht mehr, ich bin platt", habe er zu Kovac gesagt und dann war in der Verlängerung halt auf der anderen Seite Kingsley Coman zur Stelle, der das 3:2 in der 98. Minute köpfte. Eine Vorahnung darauf, dass die Münchner eine zukunftsfähige Flügelzange im Kader haben.

Und vermutlich ist das auch der Weg, den sie nun verfolgen beim FC Bayern: Sich auf die positiven Dinge konzentrieren, um die Chance am Leben zu erhalten, doch noch ihre Saisonziele zu erfüllen. "Solche Spiele wie heute sind für das Selbstbewusstsein und den Kopf wichtig", sagte Robert Lewandowski, "dass wir die nächste Runde spielen können, gibt Kraft." Die schien dann auch Kovac zu spüren. Ob er sich für kommende Herausforderungen wie den FC Liverpool in der Champions League mit dieser Mannschaft gewappnet fühle, wurde er noch gefragt. Er beugte sich nach vorne und lächelte, ein bisschen genüsslich. Antwort: "Ja." Kein Grund zur Sorge also.

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