Bayern-Debütant Serdar Tasci:Wackliger als die Zwerge

Bayern München - Darmstadt 98

Noch nicht ganz im Bayern-Rhythmus: Zugang Serdar Tasci.

(Foto: dpa)

Aus dem Stadion von Martin Schneider

Als Serdar Tasci dann alle Fragen nach seinem unglücklichen Verhalten beim Gegentor beantwortet hatte, ging er in Richtung Fahrstuhl. Ein Mitarbeiter des FC Bayern mit grauem Haar und mit einer Sicherheitsdienst-Jacke ging neben ihm und redete väterlich auf ihn ein. Als er dann vorm Fahrstuhl stand rief ihm jemand zu: "In den dritten Stock musst du". Serdar Tasci nickte dankbar. Er ist ja neu in der Arena.

Gegen Darmstadt hat Pep Guardiola Serdar Tasci am Samstag zum ersten Mal eingesetzt, direkt in der Startelf. Er spielte Innenverteidiger neben Joshua Kimmich. Gegen den Aufsteiger ist das gleichzeitig eine dankbare als auch eine undankbare Aufgabe. Dankbar, weil Darmstadt sich in München mit neun Mann vorm eigenen Strafraum verbarrikadierte und sich Tasci auf seine Stärke, den Spielaufbau konzentrieren konnte. Undankbar, weil Darmstadt in den wenigen Situationen vor dem Tor vor allem bei hohen Bällen eine Wucht entwickelte wie wenige andere Bundesligisten. So geschehen bei Sandro Wagners 1:0, bei dem Serdar Tasci nicht glücklich aussah.

"Ich weiß, dass ich die Szene besser verteidigen muss", sagte Tasci nach dem Spiel mit großer Wollmütze auf dem Kopf und mit sehr leiser, tiefer Stimme. "Ja klar, vom Stellungsspiel kann er sich da anders verhalten", sagte Sportdirektor Matthias Sammer. Der aber angesichts des 3:1-Sieges auch nicht allzu kritisch sein wollte: "Er wird sich die Sicherheit noch holen, davon sind wir überzeugt."

Tasci patzt beim Gegentor

Die Szene in der 26. Minute war unstrittig. Von der linken Seite kam eine Flanke in den Münchner Strafraum, die erste dieses Spiels. Sandro Wagner verpasste die Hereingabe und landete auf dem Hosenboden. Dann kam die zweite Flanke von der anderen Seite von Sandro Sirigu auf den kurzen Pfosten. Wagner, der kurz saß, stand wieder auf und köpfte ein. Tasci verletzte in dieser Situation gleich zwei Grundregeln für Innenverteidiger: Immer näher zum Tor stehen als der Gegenspieler, niemals den kurzen Pfosten offen lassen. Ein klarer Bock.

SZ Sport am Wochenende Bild

Kann man ihm den nun zum Vorwurf machen? Kaum. Tasci kann wirklich viele mildernde Umstände für sich in Anspruch nehmen. "Das war mein erstes Pflichtspiel seit zweieinhalb, drei Monaten", erklärte er. "Normalerweise trainiert man vier Wochen mit einer Mannschaft in der Vorbereitung, aber die Lage ist eben so, dass ich diese Zeit nicht habe. Wenn ich spielen muss, dann muss ich spielen." Dem FC Bayern fehlen mit Jérôme Boateng, Holger Badstuber, Medhi Benatia und Javi Martínez alle Stammkräfte in der Innenverteidigung.

"Natürlich bin ich nicht bei 100 Prozent"

Auch Tascis Passspiel, von Sammer gelobt, war nur auf den ersten Blick gut. Zwar kamen 93 Prozent seiner Zuspiele an, aber die spielte er oft nur zu den Außenverteidigern Rafinha und David Alaba. Vor allem der Österreicher übernahm dann den Part der Spieleröffnung. "Natürlich fehlt mir Spielpraxis, natürlich bin ich nicht bei 100 Prozent", sagte Tasci mit entwaffnender Ehrlichkeit. "Ich freue mich auf jede Trainingseinheit. Ich komme ja auch aus einem sechswöchigen Urlaub." Weil die russische Liga, wo Tasci bei Spartak Moskau spielte, eine lange Winterpause hat, kam er mit noch weniger Rhythmus als ein üblicher Wintertransfer nach München.

Gegen Juventus spricht viel für die "Zwergen-Abwehr"

Als er dann in der 53. Minute für Juan Bernat ausgewechselt wurde, stellte Pep Guardiola wieder David Alaba und Joshua Kimmich in die Innenverteidigung und spielte wieder mit der Kette Rafinha - Alaba - Kimmich - Bernat, der sogenannten "Zwergen-Abwehr". Mit der hat es der Bayern-Trainer schon in Augsburg versucht, dort nur mit Philipp Lahm (wurde gegen Darmstadt geschont und war gar nicht im Kader) statt Rafinha.

Gerade spricht viel dafür, dass diese Variante auch in Turin gespielt wird. Joshua Kimmich jedenfalls machte seine Sache erneut souverän. In der Interviewzone hielt er sich zuweilen wie ein Schüler an den Trägern seines Rucksacks fest, sagte aber erwachsene Sachen: "Ich hoffe, dass ich gegen Juventus spielen darf. Kopfzerbrechen macht mir da nichts", meinte der 21-Jährige. Und David Alaba kann man offenbar immer und überall aufstellen. Der Österreicher rotierte gegen Darmstadt teilweise von links hinten nach links vorne um dann wieder Innenverteidiger zu spielen. Er hätte wahrscheinlich auch noch Schiedsrichter gespielt, wenn Michael Weiner nicht mehr gekonnt hätte.

Ob Medhi Benatia wieder zum Kader gehören wird, war am Samstag noch unklar. Gegen Darmstadt stand er noch nicht auf dem Spielberichtsbogen. Pep Guardiola selbst sagte im Hinblick auf die mögliche Abwehr gegen Juventus nur: "Alle, die da sind, sind eine Option."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: