FC Bayern in der Bundesliga:"Das waren fast wieder die alten Bayern"

Bundesliga - Werder Bremen v Bayern Munich

Arjen Robben verlässt die Bayern im Sommer - so sagt er es selbst.

(Foto: REUTERS)
  • Der FC Bayern zieht aus dem 2:1 in Bremen viel Kraft - vieles am Spiel der Münchner sieht wieder überlegen aus wie früher.
  • Die Debatten um Trainer Kovac und Sportdirektor Salihamidzic sind vorerst etwas beruhigt.
  • Arjen Robben wird die Münchner im kommenden Sommer verlassen.

Von Ralf Wiegand, Bremen

"Absolut locker" sei er, sagte Hasan Salihamidzic, während er von einem Fuß auf den anderen trippelte wie ein Musikstudent beim Vorspielen. Salihamidzic, der Sportdirektor des FC Bayern, stand nach dem 2:1 (1:1)-Sieg der Münchner im Erdgeschoss des Bremer Weserstadions, und irgendwo in dieser ungastlichen Kulisse aus Beton und Kunstlicht stand auch Oliver Kahn. Also nicht, dass sich der Titan hinter einer der Säulen versteckt hätte - dafür wäre die markenrechtlich geschützte Torwartlegende eindeutig zu groß. Er stand eher: im Raum.

Gegner, die man nicht sehen kann, sind allerdings die schlimmsten, und so entschied sich Salihamidzic also einfach mal dafür, "absolut locker" zu sein. Nützt ja nix. Der Sportdirektor der Bayern, über den die Chefs Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge am Abend zuvor bei der Jahreshauptversammlung gesprochen hatten wie über einen Auszubildenden im ersten Lehrjahr ("geht durch ein Stahlbad", "wird daraus lernen", "wird daran wachsen", etc. pp.), er sollte erklären, was das Erscheinen eines möglichen Vorstandschefs Oliver Kahn am Horizont seines Vereins wohl für ihn zu bedeuten hätte.

"Das ist nicht mein Thema", sagte Salihamidzic, total locker, er mache seinen Job "wie immer", das mit Kahn sei eine "Idee vom Vorstand", er aber, der Brazzo, habe einen "sehr guten Draht zu Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß, wir funktionieren richtig gut zusammen". Außerdem werde er weiter "engagiert arbeiten", und Kahn, ja mei, der käme ja eh erst, wenn Rummenigge aufhört.

Hasan Salihamidzic klang in diesem Moment tatsächlich so locker wie der Trainer eines Abstiegskandidaten, dessen möglicher Nachfolger gerade auf der Tribüne gesichtet worden ist - und letztlich beschreibt das die Situation dieses FC Bayern im Herbst 2018 ja auch ganz gut. "Für die Tabellensituation, für uns, für das Gefühl ganz wichtig" sei das verdiente 2:1 in Bremen gewesen (nach dem schönen 5:1 gegen Benfica Lissabon), sagte Thomas Müller. Die Münchner haben damit gerade so noch einmal die Kurve gekriegt, bevor alles infrage gestellt worden wäre.

Besser: bevor alles sofort infrage gestellt worden wäre.

Denn dass beim FC Bayern kein Stein auf dem anderen bleiben wird, das hat Uli Hoeneß, der noch immer amtierende Präsident und Vorsitzende des Aufsichtsrats, während der Jahreshauptversammlung noch einmal wiederholt: Investitionen "im großen Stil" hat er angekündigt, als würde das Christkind die Geschenke diesmal zwar erst im kommenden Sommer bringen, dafür dann aber gleich lastwagenweise. Nur, was macht man, wenn der Advent plötzlich sieben Monate dauert?

Den Bayern ist jetzt so oft eingeredet worden, dass sie eine Mannschaft, womöglich sogar ein Verein im Umbruch seien, dass es fast schon komisch wirkte, was Florian Kohfeldt über die Münchner zu sagen hatte. Kohfeldt ist Trainer von Werder, das gerade zum 16. Mal in Serie gegen die Münchner ohne Punkt geblieben ist. Das ist eine dermaßen einmalig unterirdische Bilanz, dass es dafür nicht mal eine der beliebten Tasmania-Berlin-Kategorien gibt. "Das waren fast wieder die alten Bayern", sagte Kohfeldt, sie hätten "richtig gut gespielt heute", "sie haben wieder durchs Zentrum kombiniert, was man lange nicht gesehen hat", und sie hätten "bessere Bewegungen in den Achter-Räumen" gehabt.

Bayern ganz schön clever

Gut, Letzteres kam als ein etwas akademisch-laptoptrainerhaftes Lob für Leon Goretzka daher, aber insgesamt hatte Kohlfeldt schon recht. Für eine Dead-Men-Walking-Elf, der wöchentlich angekündigt wird, in dieser Form nächstes Jahr größtenteils nicht mehr zu existieren, waren die Bayern ganz lebendig - und hinten raus ganz schön clever. Sie spielten ab der 55. Minute sehr klassisch auf Zeit, inklusive auf die Tribüne gekloppter Bälle, dreimaliger Positionswechsel beim Einwurf (Positionswechsel: der Einwerfende) und eines dermaßen elend langsamen Auswechseltempos von Serge Gnabry, dass man ihm gerne einen Rollator auf den Platz geschoben hätte.

Gnabry, der Ex-Bremer, hatte beide Tore (20./50.) gegen den Ex-Klub erzielt (Gegentor: Osako/33.). Er war kurzfristig für den angeschlagenen Arjen Robben in die Startelf gerutscht und wird den Umbruch im Team sicher überleben, ebenso wie Kingsley Coman, der nach einer halben Stunde den leicht lädierten Franck Ribéry ersetzte, ein Comeback nach vielen Monaten. Robben, Gnabry, Coman, Ribéry: Vergangenheit und Zukunft in einem Satz.

Am Sonntag wurde die Vergangenheit dann schon offiziell: "Das ist mein letztes Jahr bei Bayern", verkündete der 2009 aus Madrid geholte Robben, 34, auf dem Weihnachtstreffen eines Fanklubs, "es waren zehn wundervolle Jahre, und dann ist es auch gut." Präsident Hoeneß bekräftigte auf einem anderen Fanklub-Podium, dass wohl beide Flügelartisten aufhören: "Ribéry und Robben machen sehr wahrscheinlich ihre letzte Saison beim FC Bayern."

Irgendwo dazwischen steht der gegenwärtige Trainer Niko Kovac, der jetzt nicht mehr das Etikett "auf Abruf" trägt, sondern "Übergang", Bayerns aktuelle Zeitzone. Er muss sieben Monate lang die Kerzen auf dem Adventskranz anzünden, bis im nächsten Sommer große Bescherung ist und ein Sack voll neuer Spieler an der Säbener Straße abgegeben wird. Über Kovac haben die Chefs am Abend zuvor, als er selbst "entspannt Golf geschaut" haben will im Teamhotel in Bremen, geredet wie über einen Auszubildenden im ersten Lehrjahr ("eine Chance geben", "braucht unsere Unterstützung", "gibt sein Bestes", "hat Dinge verändert"). Aber immerhin ist es ihm gelungen, seiner zuletzt so gerne fahrlässigen Elf viel Kovac-Fußball einzubimsen.

In so einer Phase, sagte Thomas Müller, gehöre es eben dazu "um den Sieg zu kämpfen" und "auf das schöne Spiel zu verzichten". Wie Kovac das gemacht habe? Die Gespräche seien "extra intern" geführt worden, sagte Thomas Müller, "sonst könnten wir ja gleich eine Pressekonferenz geben".

Gott bewahre!

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