5:0 gegen Berlin:Der FC Bayern spielt sich fröhlich ein

FC Bayern München v Hertha BSC - Bundesliga

Robert Lewandowski erzielt drei Tore gegen Hertha BSC - hier kommt er ziemlich frei zum Kopfball.

(Foto: Matthias Hangst/Getty Images)

Ein Kantersieg der lockereren Art: Die Münchner haben gegen Hertha BSC keine Probleme und auch Leroy Sané wird wieder herzlich empfangen. Der Wechsel von Marcel Sabitzer deutet sich derweil immer konkreter an.

Aus dem Stadion von Philipp Schneider

Leroy Sané machte sich an der Außenlinie bereit. Er blickte auf den Rasen, musste jetzt raus aufs Feld. Wie würden die Fans ihn wohl diesmal empfangen? Die Partie war längst entschieden, es stand 3:0 gegen die Hertha, noch 29 Minuten zu spielen. Sané stand dort jetzt - und wartete. Die Zuschauer in der Arena im Münchner Norden, immerhin 25 000, sie machten schon wieder Lärm. Sie erhoben sich von ihren Sitzen und klatschten Beifall, wie ihn Sané in seinen 13 Monaten als Spieler des FC Bayern noch nie zu hören bekommen hatte. Wegen der Pandemie waren die Sitze erst all die Zeit unbesetzt, nun aber klatschten die Menschen für Jamal Musiala, den 18-Jährigen, dem schon wieder eine vortreffliche Darbietung gelungen war und der nun ausgewechselt wurde für Sané. Doch als der sieben Jahre ältere Sané dann auf den Platz stürmte, da blieb die Menschen in der Arena stumm. Sie pfiffen ihn nicht aus, wie zuletzt beim 3:2 gegen den 1. FC Köln.

Am Samstagabend war also der Moment gekommen, seit dem sie sich alle wieder fürchterlich lieb haben in der großen Familie des FC Bayern.

Die Fans wurden mit dem ersten standesgemäßen 5:0 in der Bundesliga belohnt; und auch Sané konnte ein wenig Werbung für sich machen. Wenige Minuten nach seiner Einwechslung setzte er sich zuerst robust gegen zwei Berliner durch, dann spielte er einen filigranen Doppelpass mit Thomas Müller, der wiederum Robert Lewandowski das 4:0 auflegte. Nun begannen die Fans zu singen in der Arena. Oh ja, sie feierten Sané. Und als der dann in den Armen von Lewandowski lag, da vergaß auch der Stadionsprecher nicht, seine "fantastische Vorarbeit" zu erwähnen. Drei Tore schoss der Pole am Ende.

"Ich bin heute sehr zufrieden. Wir haben heute unser bestes Saisonspiel gemacht, auch die Einwechselspieler haben viel Energie reingebracht", bilanzierte Julian Nagelsmann. Das komplette Kontrastprogramm war sein Gegenüber Pal Dardai. "Ich habe nicht gedacht, dass wir hierher kommen und dann so schockierend spielen. Wir hatten heute keine Chance. Die Körpersprache, die Unsicherheit - das ist nicht schön", sagte er nach dem Spiel.

Zwei Themen hatten dieses Spiel begleitet: Würde Sané wieder akustisch verschmäht werden? Und: Wie offensichtlich würde zutage treten, dass der vergleichsweise dünne Kader des FC Bayern noch verstärkt werden muss? Daran anschließend die Frage: Wie verrückt will der Klub noch zuschlagen auf dem Transfermarkt?

"Wir machen unseren Job. Und wenn wir ihn gut gemacht haben, dann verkünden wir etwas", hatte Nagelsmann gesagt, als er unter der Woche nach möglichen neuen Spielern gefragt worden war: "Und wenn nicht, dann haben wir ihn auch gut gemacht, aber auf eine andere Art und Weise." Mit dieser anderen Weise meinte er womöglich, nicht in die Falle getappt zu sein, mal wieder viel zu viel Geld für viel zu durchschnittliche Spieler bezahlt zu haben. Und als in dieser Woche vor dem Fenster die ersten Böen des Herbsts in die Bäume fuhren, da wirkte es eine Weile so, als zögen die Vereinsverantwortlichen an der Säbener Straße vor dem Kaminfeuer die Bettdecke über den Kopf und hofften, dass all die schrecklichen Meldungen über wechselnde Messis, Ronaldos und Mbappés nicht mehr allzu lang im Internet und aus dem Fax-Gerät am Tegernsee laufen.

Salihamidzic bestätigt, dass man sich mit Sabitzer beschäftigt

Ehe sich am Samstagabend doch noch andeutete, dass sich einer der ältesten Klassiker dieser Transferperiode noch vom Gerücht zur Realität wandeln könnte. Vor dem Anpfiff bestätigte Salihamidzic, man habe sich mit Leipzigs Marcel Sabitzer beschäftigt. Sabitzer "könnte ein Thema werden", sagte der Sportvorstand. Nach SZ-Informationen ist der Mittelfeldmann, den Nagelsmann sehr gut von seiner letzten Dienststelle kennt, an diesem Sonntag nicht Teil von Leipzigs Aufgebot gegen Wolfsburg. Er fehlt wegen Adduktorenproblemen. Und Adduktorenprobleme sind bekanntlich gegen Ende der Transferperiode öfter mal besonders heftige Wehwehchen. Man wird sehen.

Gegen die Hertha nahm Nagelsmann gleich von Beginn an jene Korrektur an der Aufstellung vor, die er gegen Köln erst in der Halbzeit verfügt hatte: Anstelle von Sané spielte Musiala auf dem linken Flügel; Josip Stanisic kam als Rechtsverteidiger zum Einsatz. Vor allem aber vertraute er gleich von Beginn an einer Viererkette und experimentierte nicht wieder mit drei Innenverteidigern.

Weil manchem Anfang oft auch eine kleine Aufgeregtheit innewohnt, spielte Leon Goretzka nach zwei Minuten zunächst mal einen ordentlichen Pass auf den Berliner Davie Selke. Der freute sich nur kurz über die überraschende Aufmerksamkeit und zog sogleich ab. Neuer fing den Ball lässig aus der Luft. Und draußen in der Fröttmaninger Heide entfuhr der Arena ein Seufzer des Kollektivs.

l-r: Leroy Sane 10 (FC Bayern Muenchen) bekommt noch Anweisungen von Chef-Trainer Julian Nagelsmann (FC Bayern Muenchen)

Nagelsmann gibt Sané Instruktionen während der Partie.

(Foto: kolbert-press/Christian Kolbert via www.imago-images.de/imago images/kolbert-press)

Die Münchner spielten weiter, als sei nichts gewesen (viel war ja auch nicht). Und sie legten sogleich einen Treffer vor, an dem fast die halbe Mannschaft beteiligt war. Nach einer Balleroberung von Serge Gnabry leitete der emsige Musiala den Ball mit außerordentlich langem Bein weiter auf Alphonso Davies. Dessen Hereingabe ließ Robert Lewandowski sehr uneitel passieren. Weil er völlig korrekt richtig ahnte, dass Thomas Müller noch besser positioniert war: das 1:0 (6.). "Dafür kriegt man ja auf dem Papier überhaupt nichts", witzelte Müller später über Lewandowskis Selbstlosigkeit: "Wir haben uns darauf geeinigt, dass er auf dem nächsten Level ist."

Danach verflachte die Spannung eines Spiels, das feurig begonnen hatte, nach dem Muster all jener Partien, in denen die zurückliegende Mannschaft sehr früh den Glauben an eine Wende missen lässt. Die Münchner auf der anderen Seite ließen es zunehmend verspielt angehen. Sie kombinierten zweitweise mit einer Liebe durch das Mittelfeld, als gelte es schon am vierten Spieltag eine Elf einspielen zu lassen, die den Klub durch eine Saison tragen soll, die ja zumindest in der Champions League mit einem Abstecher nach Barcelona keine einfache werden wird. Die größte Gefahr entstand dennoch zunächst nach einem Standard: Goretzka köpfelte einen Eckball knapp neben das Tor.

Musiala glänzt erneut

Doch Nagelsmanns Bayern, erstmals in dieser Bundesliga-Saison beseelt vom eigenen Können, kombinierten unermüdlich weiter. Zehn Minuten vor der Pause drückte Lewandowski eine Flanke von Gnabry zunächst gegen die Latte, dann wuchtete er sie im Nachsetzen ins Tor. Dass Goretzka zwar im Abseits gestanden, jedoch nicht eingegriffen hatte, diesen Beweis erbrachte erst der Video-Schiedsrichter. In der Arena erhoben sich die Bayern-Fans und begleiteten die Spieler mit Applaus in die Kabine.

Angesichts der ungefährdeten Führung brachte Nagelsmann Nianzou für Upamecano, offensichtlich ist er gewillt, den 19-Jährigen weiter zur kommenden Stammkraft heranzuziehen. Warum auch nicht? Beim ein Jahr jüngeren Musiala geht dieselbe Taktik gerade vortrefflich auf. Mit Schwung war Musiala in die Partie gegen Köln gekommen, drei Tore hatte er zum 12:0 beim Bremer SV im Pokal beigesteuert - und nun traf er auch in der Liga. Und wie. Nachdem ihn Müller im Strafraum freigespielt hatte, setzte er einen satten Schuss ins lange Eck (49.).

Die Berliner waren nun erledigt. Und auch wenn es Lewandowski war, der noch zweimal traf, so war es doch die Versöhnung zwischen Leroy Sané und dem Münchner Publikum, die an diesem Abend die stärkste Botschaft sendete.

Zur SZ-Startseite

Bundesliga
:Spektakel in Stuttgart - Augsburg schlägt sich selbst

Der SC Freiburg gewinnt ein turbulentes Spiel beim VfB, der FCA erzielt zwei formschöne Eigentore. In Köln erkennt man einen Ansatz von Euphorie, bei der Eintracht zieht der Blues ein. Das Wichtigste zum Spieltag.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: