Wurf-Show des Bayern-Basketballers:Elf Dreier im Obst-Garden

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Bravo FC Bayern, bravo Andreas Obst: Die Münchner besiegen den großen FC Barcelona im heimischen SAP Garden klar und stehen nun in der europäischen Eliteliga auf Rang drei. (Foto: Sportworld/Imago)

Der FC Bayern schlägt den großen FC Barcelona auf spektakuläre Weise, bleibt in der neuen Arena ungeschlagen und etabliert sich zusehends als europäische Größe. Auch dank Weltmeister Andreas Obst, der einen sensationellen Dreier-Rekord aufstellt.

Von Christoph Leischwitz

Unter dem Hallendach des SAP Garden hängen neben den Meisterschaften der Bayern-Basketballer auch zwei Trikots:  die Nummer 24 von Demond Greene und die Nummer 6 von Steffen Hamann. Ursprünglich wurden sie 2015 in jener Halle, die heute BMW Park heißt, verewigt. Das war ein Jahr nach der ersten deutschen Meisterschaft in diesem Jahrhundert. Und nun, zehn Jahre später, spielt in München wieder eine Mannschaft, die drauf und dran ist, den Verein auf die nächste Stufe zu hieven: auf die einer europäischen Spitzenmannschaft. Und wenn es eines Tages darum geht, diesen Weg dorthin zu dokumentieren, wird der vergangene Freitagabend eine wichtige Rolle spielen.

Es ist auch stark davon auszugehen, dass ein Trikot mit der Nummer 13 irgendwann dort oben hängen wird. Der Träger dieser Nummer ist schon Weltmeister, und nun ist ihm noch ein großer, individueller Rekord gelungen. „Hut ab, dass die Jungs das auf dem Schirm hatten“, sagte Andreas Obst über die Minuten vor seinem Rekord. Einige Mitspieler hatten mitbekommen, dass ihm nur noch ein verwandelter Drei-Punkte-Wurf zu einem neuen Euroleague-Rekord fehlt, also wollten sie für ihn noch einen Wurf kreieren.

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Obst narrt noch einmal seinen bemitleidenswerten Gegenspieler Dario Brizuela, 37 Sekunden vor dem Spielende springt er ein letztes Mal ab, der Ball ist noch einmal 1,3 Sekunden lang unterwegs, es ist Obsts sechzehnter Dreier-Wurf an diesem Abend gegen den FC Barcelona, und der elfte, der sitzt. Tosender Jubel in der erneut ausverkauften Halle. Dieser Rekord hat aus Bayern-Sicht neben dem Stolz den netten Nebeneffekt, dass der alte jetzt getilgt ist. Denn einer von jenen drei Spielern, denen zehn Dreier gelungen waren, Shane Larkin, hatte das 2019 gegen die Bayern geschafft.

Verständlich, dass dieser individuelle Rekord so gefeiert wurde, das Schöne an US-amerikanischen Sportarten ist ja immer, dass man eine Überlegenheit ganz simpel auf einzelne Zahlen herunterbrechen kann. Doch dieser Rekord ist zugleich Ausdruck von viel mehr. 100:78, den großen FC Barcelona deklassiert – jetzt gibt es kein Zurück mehr. Die Bayern werden fortan von Europas Elite ernst genommen. Und wenn sie so weiterspielen, in diesen Kreis aufgenommen.

Trainer Gordon Herbert gibt den Bayern-Spielern Freiraum, den sie dankbar zu Spitzenleistungen nutzen

Gordon Herbert nimmt im Presseraum Platz und macht sich erst einmal eine Cola auf. Der 65-jährige Cheftrainer reibt sich immer wieder die Augen, er sieht müde aus, fast so, als ob er mitgespielt hätte. Er war die Woche zuvor krank gewesen, aber vielleicht ist es auch einfach ein anstrengender Job, den er da hat. Was man im Basketball-Alltag mit seinem vollgestopften Terminkalender gar nicht immer so mitbekommt. Vor allem dann nicht, wenn das Spiel scheinbar mühelos daherkommt. Klar, da sei noch Raum für Verbesserungen, sagt Herbert, aber „die Mannschaft entwickelt jetzt eine Identität“, vor drei, vier Wochen habe sie einen Sprung gemacht.

Noch später, kurz vor Mitternacht, kommt Obst noch einmal aus dem VIP-Bereich, wo er natürlich auch gefeiert wird. „Definitiv“, beantwortet er die Frage nach der Team-Identität. „Die letzten Spiele, wie wir da den Ball bewegt haben, das ist schon sehr, sehr cool“, so der 28-Jährige. Es komme vieles zusammen. Der neue SAP Garden, den einige am Freitagabend schon Obst-Garden nannten, entwickelt dank der Ungeschlagen-Serie in der Euroleague einen Nimbus. Der Kader der Bayern bringt sehr viel „shooting power“ mit, wie Obst sagt, es ist unheimlich schwer, alle Distanzschützen der Bayern in den Griff zu bekommen. Obst findet, gerade wenn er und Carsen Edwards gemeinsam auf dem Feld stehen, „da öffnen sich Räume“. Die beiden kamen zusammen auf 59 Punkte, Obst auf 34, Edwards auf 25.

Der Trainer spreche natürlich Fehler an, aber Obst redet über Gordon Herbert so, wie erfahrene Fußballer über Carlo Ancelotti oder Ottmar Hitzfeld sprechen: „Er lässt jedem auch ein bisschen die Freiheit, sich selbst zu entwickeln“, niemand soll „zu sehr in Taktik verharren“. Kurz: Die Bayern sind auf einem guten Weg, ihre Stärken regelmäßig aufs Feld zu bekommen.

Ironischerweise ereignete sich dieser Rekord an einem Abend, an dem Herberts Nachfolger als Bundestrainer einen schweren Stand hatte. Alex Mumbru verlor sein Debüt gegen Schweden mit 72:73 Punkten, und das, obwohl in David Krämer einer sogar noch mehr Punkte erzielte als Obst in München, 43 nämlich. Es wird die ewige, kaum zu lösende Debatte über den vollen Terminkalender der Basketballprofis weiter befeuern, dass Spieler wie Obst nicht dabei sein konnten. Er wird höchstwahrscheinlich auch am Montag nicht dabei sein, wenn die Nationalmannschaft die Schweden zum zweiten Spiel in Heidelberg empfängt, das nur gut 300 Kilometer entfernt liegt.

„Das habe ich jetzt nicht auf dem Schirm, das war auch im Vorhinein nicht so kommuniziert“, sagte Obst am Freitag über ein mögliches Mitwirken – also auch nicht im Falle einer Auftakt-Niederlage. „Ich gehe davon aus, dass ich mal ein, zwei Tage den Kopf freischalten kann.“ Was wiederum den Gegnern Kopfzerbrechen bereiten dürfte.

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