Basketball:Der FC Bayern erlebt das maximale Drama

19.06.2020 Basketball easyCredit Final-Turnier Basketball München 19.06.2020 Saison 2019 / 2020 easyCredit BBL Final-Tu

„Bay-Sammen“ lautete das Turniermotto der FC-Bayern-Basketballer: Spielmacher Maodo Lo versucht vergeblich, seine Kollegen wie Danilo Barthel (rechts) und Mathias Lessort zusammenzubringen.

(Foto: imago images)

Der hohe Favorit und Titelverteidiger aus München scheitert beim BBL-Finalturnier an Ludwigsburg - Trainer Kostic muss jetzt erklären, warum der teuerste Kader der Liga in seine Einzelteile zerfällt.

Aus der Halle von Joachim Mölter

An Selbstbewusstsein hat es John Patrick nicht gemangelt vor dem Viertelfinal-Rückspiel seiner MHP Riesen Ludwigsburg gegen den FC Bayern München am Freitagabend: "Ich glaube, wir sind besser als Bayern, wir haben eine bessere Moral", sagte der Coach forsch ins Mikrofon von Magentasport. Völlig unbegründet war die Behauptung nicht, wenn man die vorherigen Auftritte der Klubs beim Finalturnier um die deutsche Basketball-Meisterschaft vergleicht: Da gefielen die Ludwigsburger mit Team- und mit Kampfgeist, während die Münchner Zerfallserscheinungen zeigten, sobald sie unter Druck gerieten. Dann waren sie nur noch zwölf Spieler und keine Mannschaft mehr.

John Patricks Team hatte das bereits im Hinspiel am Mittwoch genutzt und einen zweistelligen Rückstand in einen 87:83-Erfolg verwandelt. Am Freitagabend verspielten die Münchner erneut eine hohe Führung, sie gewannen zwar noch, 74:73, aber nicht hoch genug. In der Addition der Punkte hatten die Riesen drei mehr auf dem Konto. Damit ist der Titelverteidiger FC Bayern ausgeschieden, erstmals seit 2012 bereits in der Runde der letzten Acht; Ludwigsburg trifft nun im Halbfinale am Sonntag (15 Uhr) und Dienstag (20.30) auf Ulm, das bereits mit einem 40-Punkte-Polster ins Rückspiel gegen Frankfurt ging.

Die Ulmer hatten bereits beim 95:85 am ersten Vorrundenspieltag die Schwächen des FC Bayern nach der Corona-Pause aufgedeckt. Da hatten die Münchner Mühe, die gegnerischen Guards zu verteidigen - die flinken, wendigen Akteure zogen immer wieder in die Zone unter dem Korb und punkteten aus nächster Nähe. Hinzu kamen viele Ballverluste und eine unerwartete Reboundschwäche, was sich bei den weiteren Niederlagen in der Vorrunde gegen Oldenburg (81:89) und im Viertelfinal-Hinspiel gegen Ludwigsburg fortsetzte.

Da waren die Fehler besonders verhängnisvoll: Die Ludwigsburger trafen am Mittwoch gar nicht gut, bekamen aber ständig neue Wurfchancen. "Wir haben über die ganzen Jahre immer wieder von Offensiv-Rebounds und erzwungenen Ballverlusten profitiert", erklärte ihr Coach, "das ist unser Spielstil." Das hätten die Münchner wissen können; warum sie's nicht verhindern konnten, muss sich jetzt Münchens Trainer Oliver Kostic fragen lassen.

Der muss auch erklären, wie man mit dem teuersten Kader der Liga so schwach auftreten und so früh scheitern kann. In Nihad Djedovic (verletzt) und Greg Monroe (in den USA geblieben) fehlten zwar wichtige Spieler, aber Ulm und Ludwigsburg mussten sogar jeweils drei Profis ersetzen, die ihr Team vor der Corona-Pause gestützt hatten. Kostic fand zwar, "wir haben ein sehr gutes Spiel gemacht", räumte aber auch ein: "Im dritten Viertel haben wir keine guten Entscheidungen mehr getroffen." Kapitän Danilo Barthel sagte: "Man muss den Ludwigsburgern auch Kredit geben. Über 80 Minuten haben sie den kühleren Kopf bewahrt." Der Flügelspieler, dessen Vertrag beim FC Bayern Ende Juni ausläuft, versprach noch: "Wir werden das aufarbeiten, was wir verbessern müssen."

Die Münchner schafften es jedenfalls wieder nicht, ihre Größenvorteile und individuellen Stärken auszunutzen. Die Nationalspieler Paul Zipser (16 Punkte, neun Rebounds), Barthel (14 und sieben) und Maodo Lo (sechs und sechs, dazu sieben Assists) hatten zwar solide Statistiken, aber insgesamt kamen speziell von den Guard-Positionen zu wenig Punkte. Im Gegensatz zu Ludwigsburg, wo Marcos Knight (20) und Jaleen Smith (18) die Partie fast alleine drehten. Ihre Kollegen trafen nämlich wieder nur unterdurchschnittlich.

Am Ende spitzte sich die Partie, die der FC Bayern längst im Griff hätte haben müssen, zu einem maximalen Drama zu. Die Münchner hatten beim Stand von 74:71 mehrmals die Möglichkeit, einen Korb zum Weiterkommen oder wenigstens für eine Verlängerung zu erzielen. Aber Mathias Lessort vergab einen Freiwurf, Petteri Koponen spielte den Ball in die Hände von Knight, Vladimir Lucic setzte einen Dreier daneben. "Es war auch etwas Glück dabei", gab John Patrick zu, "aber ich könnte nicht stolzer sein auf meine Mannschaft."

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