FC Bayern in Athen:Mit Wut gegen die Selbstzweifel

FC Bayern in Athen: Arjen Robben rannte sich oft fest. An die Wende glaubt er nach dem Spiel in Athen aber trotzdem.

Arjen Robben rannte sich oft fest. An die Wende glaubt er nach dem Spiel in Athen aber trotzdem.

(Foto: AFP)
  • Die Bayern zeigen sich beim 2:0 in Athen in der Champions League nur bedingt erholt von all ihren Problemen.
  • Immerhin gelingt ein Doppelschlag durch Martínez und Lewandowski - und ein Ergebnis, das auf bessere Zeiten hoffen lässt.

Von Claudio Catuogno, Athen

Ein Fußballspiel im Olympiastadion von Athen fühlt sich ein bisschen so an, wie sich früher die Fußballspiele im Olympiastadion von München angefühlt haben: Vor den Zuschauerrängen liegen erst mal, fürsorglich gewalzt, die Weitsprunggruben, dahinter windet sich die Tartanbahn um die Kurve, dann erst kommt das Spielfeld, und über alledem spannt sich eine luftige Dachkonstruktion.

Die Athener von heute allerdings, das unterscheidet sie von den Münchnern von einst, kommen grundsätzlich mit Vespa oder Moped zum Fußball, sie stellen ihre Maschinen in Viererreihen direkt an den Stadionzaun. Der Duft von auf Kohleeimern gegrillten Fleischspießen liegt in der Luft. Ein Fußballspiel im Olympiastadion von Athen ist eine wunderbare Retro-Nummer, ein Fest für Fußballnostalgiker, jedenfalls solange die berüchtigten Fans des AEK Football Club freundlich und friedlich bleiben, so wie am Dienstagabend im Champions-League-Gruppenspiel gegen den FC Bayern.

Die Bayern der Gegenwart durften all dies aber unter keinen Umständen als Ansporn begreifen. Sie sind ja gerade auf einer gegenteiligen Mission, im Grunde sogar auf einer Doppelmission. Erstens müssen sie sich wieder zurückkämpfen an die zur Verfügung stehenden Tabellenspitzen in der Bundesliga und der Champions League. Zweitens müssen sie jetzt auch noch beweisen, dass Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß doch irgendwie Recht hatten, als sie letzten Freitag mit grobem Schrot auf all jene feuerten, Medien wie TV-Gurus, die älter werdenden Spielern wie Jérôme Boateng oder Manuel Neuer zuletzt nachsagten, man sehe ihnen ihr Älterwerden an ("Respektlos!").

Man kann es ja auch so sehen: Die Klubführung hat sich mit ihrer erstaunlichen Pressekonferenz, wie man so sagt, vor die Mannschaft gestellt, und nun muss sich das Team vor die Klubführung stellen. Indem es beweist, dass es tatsächlich weit davon entfernt ist, eine Retro-Elf zu sein. Indem es durch möglichst frische Auftritte die Selbstzweifel vertreibt, und ein bisschen etwas von der Häme gleich mit.

Gelungen ist das am Dienstag in Athen allenfalls dann, wenn man die Erkenntnis des Trainers Niko Kovac zum Maßstab nimmt, wonach "am Ende" immer "nur Siege zählen". 2:0 (0:0) haben die Münchner gewonnen dank eines Doppelpacks von Javi Martínez und Robert Lewandowski in der 61. und 63. Minute. Ein Sieg also dank zweier überzeugender Angriffe binnen zwei Minuten in der zweiten Halbzeit.

Augenblicke, die Niko Kovac nach Abpfiff die Argumente für sein Fazit lieferten: "Ich finde, wir haben heute ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht." Die Meinung hatte der Trainer dann doch weitgehend exklusiv, legte doch alles, was vor und nach dem Doppelschlag geschah, offen, dass die Bayern weiterhin auf der Suche sind: nach der Selbstverständlichkeit in ihren Aktionen, nach der Leichtigkeit, vielleicht auch nach einer überzeugenden Spielidee.

Hummels ist grantig

Auf der Suche nach der Szene, die am meisten über den Abend in Athen erzählt, landet man wiederum bei einem Wutausbruch des Innenverteidigers Mats Hummels. Dieser begann in der 58. Minute, als links neben Hummels der Kollege Rafinha den Ball zwar durchaus lässig, aber ohne jede Absicht, irgendeine Form von Angriff zu initiieren, am Fuß führte.

Er, also der Wutausbruch, setzte sich fort, als sich Martínez kurz darauf mal wieder den Ball abnehmen ließ, und er steigerte sich zu einer Art Rumpelstilzchentanz, als Hummels nach einem viel zu kurzen Querpass von Arjen Robben auf Thiago in ein Foul gezwungen wurde. Hätte irgendwer Hummels in diesem Moment ein Mikrofon hingehalten, bestimmt hätte er eine Mitspielerbeschimpfungskonferenz abgehalten, die man schon unmittelbar nach ihrem Ende als legendär hätte bezeichnen müssen.

Tatsächlich passierte dann allerdings dies: Serge Gnabry legte den Ball im Strafraum auf, ja, Hummels, der bediente Robben, dessen Schuss wurde geblockt, Martínez erzielte per Scherenschlag das 1:0 (61.). Und dann noch dies: Wieder ein schönes Zuspiel von Gnabry, diesmal kam die Hereingabe von Rafinha, und Lewandowski erzielte aus kurzer Distanz das 2:0 (63.). Hummels war nun wieder die Ruhe selbst.

Ähnlich ansehnliche Chancen hatten sich die Münchner zwar auch schon in der ersten Halbzeit herausgespielt, aber entweder verzog Gnabry (5.; 19.), oder ein Kopfball von Hummels (19.) geriet zur Bogenlampe, oder Thiago bediente Lewandowski allzu schlampig (26.). Die Griechen setzten die Münchner mit scharfem Pressing früh unter Druck, Ballverluste schufen Räume, unter anderem für den quirligen Ezequiel Ponce, die Leihgabe von der AS Rom, der nach einem Laufduell gegen Hummels knapp vorbei schoss (20.).

Am Samstag, nach dem 3:1-Sieg beim VfL Wolfsburg, war in der Münchner Delegation noch zu hören gewesen, man habe jetzt "den Bock umgestoßen". Von diesem Abend in Athen bleibt eine etwas andere Erkenntnis: Sie werden sich jetzt in Top-Form spielen und trainieren müssen, die Münchner, sich hilfsweise in Top-Form zu granteln, hat noch selten funktioniert. Aber mit zwei Siegen nach vier sieglosen Duellen haben die Münchner zumindest einen Weg eingeschlagen, der fortan gegangen werden soll, wie Arjen Robben meint: "Wir wollen eine Serie starten und bis zur Winterpause alle Spiele gewinnen, dann schaut die Welt wieder ganz anders aus."

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