Bayer Leverkusen und Xabi AlonsoBitte endlich Klartext!

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Gibt es eine gemeinsame Zukunft: Xabi Alonso (rechts) und Florian Wirtz nach dem 2:0-Sieg gegen Augsburg.
Gibt es eine gemeinsame Zukunft: Xabi Alonso (rechts) und Florian Wirtz nach dem 2:0-Sieg gegen Augsburg. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Bleibt er oder geht er? Die Spieler von Bayer Leverkusen begreifen die ungeklärte Zukunft von Trainer Xabi Alonso allmählich  als Belastung. Zumal auch die Personalie Florian Wirtz davon abhängen könnte.

Von Javier Cáceres, Leverkusen

Über einen Mangel an Zuneigung kann sich Xabi Alonso in Leverkusen weiterhin nicht beklagen, im Gegenteil. Am Samstag, nach dem ungefährdeten 2:0-Sieg gegen den FC Augsburg, wurde er auf dem Heimweg immer wieder aufgehalten, von Fans, die ihre mutmaßlich letzte Chance ergreifen wollten, gemeinsame Erinnerungsfotos zu schießen. Und dieser Chor erst, der sich formte, als sein Vorname verlesen wurde! Lauter als sonst sei der Name des Double-Siegertrainers gerufen worden, behaupteten Stadiongäste, die nahezu alle Heimspiele der zweieinhalb Jahre unter Alonso gesehen haben. Doch ob das noch etwas ändert?

Nicht, dass es seit dem Wochenende klarere Antworten auf die Fragen zu seiner Zukunft geben würde, „alles zu seiner Zeit“, sagte Xabi Alonso. Klar ist nur dies: Nach dem Spiel vom Samstag ist seine aktuelle Lieblingsausflucht, wonach es in dieser Saison noch immer „um etwas geht“, zumindest faktisch weiterhin gültig.

Sollte der FC Bayern am kommenden Samstag in Leipzig verlieren, würde Leverkusen durch einen Sieg am Folgetag in Freiburg den Rückstand bei dann noch zwei ausstehenden Spielen auf fünf Punkte verkürzen. Aber: In Leverkusen ist nicht nur in Bezug auf den Meisterschaftskampf Realität eingezogen, man spürt sie auch hinsichtlich der Trainerfrage. Bayer sondiert pflichtgemäß den nationalen und internationalen Trainermarkt – mit dem schon vor Wochen erteilten Segen Alonsos. Der Hall der Wände der BayArena kündet davon, dass alle Beteiligten einen erwachsenen Umgang miteinander pflegen.

Dazu passt, dass der Klub drängt, aber dabei nicht in Hysterie verfällt. Zu Wochenbeginn hatte der Vorsitzende der Geschäftsführung, Fernando Carro, ein Gentleman’s-Agreement mit Alonso bestätigt, das bei Angeboten durch die Ex-Klubs des Basken greife. Demnach würden ihm im Falle eines Wechselwunsches nach Madrid keine Steine in den Weg gelegt, bei den anderen Vereinen (Real Sociedad San Sebastián, FC Liverpool, FC Bayern) ist offenbar gerade kein Bedarf an Trainern. „Dass Klarheit für alle gut wäre, ist ja keine Frage“, sagte Sportchef Simon Rolfes. Dessen seien sich allerdings auch „alle bewusst“, und das schließe Alonso ein, fügte Rolfes hinzu.

„Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es uns nicht beeinflusst“, sagt Robert Andrich

Auch aus dem Mannschaftskreis kamen Töne, die sich allmählich doch wie Plädoyers für Klartext anhörten. „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es uns nicht beeinflusst“, sagte etwa Mittelfeldspieler Robert Andrich. Sein Nationalmannschaftskollege Jonas Hofmann sah nach einem 29-Minuten-Einsatz den Moment gekommen, seinen Frust über den persönlichen Verlauf der bisherigen Saison hinauszutrompeten – ohne groß darauf zu achten, ob der Dämpfer im Schallbecher richtig sitzt. Dass er etwas „aufpassen“ müsse, was er sage, das sagte er allerdings doch.

Er hielte es „einfach für sehr schwierig, wenn man in der Vorsaison ein solcher Bestandteil der Mannschaft war in einer so einmaligen Saison“ und „dann so außen vor gelassen wird“. Zumal er nach eigener Überzeugung nach jedem Training die eigenen Leistungen hinterfrage. Alonso sagte in der Pressekonferenz, er versuche mit allen Spielern ehrlich umzugehen; das kontrastierte dann doch mit den Äußerungen von Hofmann.

Er habe nur „sehr wenig“ Hinweise bekommen, warum er im Vergleich zur Vorsaison so wenig spiele, sagte Hofmann weiter. Das Salär ist ihm da keine Entschädigung. „Kein Kind, das Fußball spielt, denkt, ich verdiene irgendwann mein Geld damit, dass ich auf der Bank herumsitze.“ Er trage sich auch deshalb mit dem Gedanken, Leverkusen zu verlassen. Allerdings ist auch diese Entscheidung nicht so einfach zu treffen: „Fakt ist natürlich, dass ich noch zwei Jahre Vertrag habe und auch 33 werde im Sommer. Man muss realistisch bleiben. Aber die Situation ist sehr schwierig – und ich will Fußball spielen.“

Das konnte man am Samstag nicht nur Hofmann ansehen, sondern vor allem auch Florian Wirtz, 21. Die Überlegenheit der Leverkusener in der ersten Halbzeit hatte sehr viel damit zu tun, dass Wirtz einige sehr inspirierende Momente hatte; bei den sehenswerten Treffern des tschechischen Angreifers Patrik Schick (13.) und der argentinischen Offensivkraft Emiliano Buendía (45.+1) wirkte Wirtz als Anbahner.

Auch um Wirtz’ Zukunft gibt es eine Reihe von Gerüchten, die weiter wabern dürften, obschon dessen Vertrag noch bis 2027 läuft. Keiner hat bislang so lautstark um Wirtz gebuhlt wie der FC Bayern. Ob die Münchner in einem mögliche Transferpoker aber wirklich bessere Karten hätten als etwaige Mitbewerber wie Manchester City oder Real Madrid, darf angesichts der angespannten Beziehungen zwischen Vertretern von Bayern und Bayer 04 weiterhin als unklar gelten.

Bei City fahndet Trainer Pep Guardiola nach einem Nachfolger für den früheren Bundesligaspieler Kevin De Bruyne, der vor einigen Wochen seinen Abschied zum Sommer 2025 angekündigt hat. Was Real Madrid betrifft, ist die Frage, ob der Verein es sich leisten kann oder will. In den vergangenen Jahren hat Spaniens Rekordmeister es im Zweifelsfall vermieden, hohe Ablösesummen zu zahlen. Schon gar nicht für Trainer. Gleichwohl kann Leverkusen für Alonso mit einer Entschädigung im höheren, einstelligen Millionen-Euro-Betrag kalkulieren – aber nur, wenn aus der Frage zur Zukunft Alonsos alle Konjunktive verschwunden sind.

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