Bayer 04 Leverkusen:Schmidt: Ein schweres, aber kein unverzeihliches Vergehen

Bayer Leverkusen - Borussia Dortmund

Die Strafe für Roger Schmidt, die der DFB verhängt hat, hätte noch höher ausfallen können.

(Foto: dpa)
  • Roger Schmidt wurde vom DFB-Sportgericht infolge der Vorkomnisse beim Spiel gegen Borrusia Dortmund am Sonntag für drei Spiele gesperrt.
  • Dazu muss Schmidt eine Geldstrafe zahlen, genauso wie Bayer-Sportdirektor Rudi Völler.
  • Die beiden akzeptieren das Urteil sofort - auch, um härtere Strafen zu vermeiden.

Von Philipp Selldorf, Leverkusen

Vor knapp zwei Wochen erhielten die Hörer des ARD-Rundfunks einen anschaulichen Eindruck von der Arbeit, die Roger Schmidt während der Halbzeit eines Bundesligaspiels leistet. Detailgetreu berichtete der Radioreporter aus dem Stadion am Böllenfalltor in Darmstadt, was der Trainer von Bayer 04 Leverkusen seinen Spielern zu sagen hatte - die Nähe des Presseraums zur Gästekabine und die gehobene Lautstärke von Schmidts Ansprache hatten ihn zum Zeugen einer Schimpftirade werden lassen: "So könnt ihr hier nicht spielen", zitierte er den zornigen Coach. Prompt erhöhte die Leverkusener Elf in der zweiten Hälfte den kämpferischen Einsatz und gewann das Spiel nach 0:1-Pausenrückstand noch 2:1.

Auf diese Art der Nachhilfe ihres Trainers werden die Leverkusener in den nächsten drei Bundesligapartien verzichten müssen. Erwartungsgemäß sprach das DFB-Sportgericht infolge der Vorkommnisse beim Spiel gegen Borussia Dortmund (0:1) eine Strafe gegen den 47 Jahre alten Fußball-Lehrer aus. Schmidt erhielt "wegen fortgesetzten unsportlichen Verhaltens" für die Dauer von fünf Bundesligaspielen ein sogenanntes Innenraum-Verbot, zwei dieser Spiele werden bis zum Ende der kommenden Saison (30. Juni 2017) zur Bewährung ausgesetzt. Hinzu kommt eine Geldbuße von 20 000 Euro.

Die Sanktionen hätten auch härter ausfallen könnnen

Auch der Leverkusener Sportchef Rudi Völler muss 10 000 Euro Strafe zahlen, weil er in Interviews nach der Partie verschwörerische Bemerkungen über Schiedsrichter Felix Zwayer gemacht hatte ("aber er hat sich ja revanchiert, deshalb hat er auch den Handelfmeter für uns nicht gepfiffen"). Schmidt fehlt seinem Team nun bei den Partien in Mainz, gegen Bremen und in Augsburg. Beim Europa-League-Spiel gegen Sporting Lissabon am Donnerstag darf er seiner Arbeit nachgehen.

Das Strafmaß dokumentiert, dass die DFB-Instanzen - der Kontrollausschuss, der die Anklage erhoben hatte, und das Sportgericht - im Verhalten der beiden Leverkusener Verantwortlichen ein schweres, aber kein unverzeihliches Vergehen sahen. Die Sanktionen hätten auch härter ausfallen können. Schmidt, Völler und Bayer 04 akzeptierten den Urteilsspruch umgehend.

Ob die rasche Bereitschaft zur Annahme der Strafen auf der späten Bildung von Schuldbewusstsein beruht, oder ob die Beteiligten die womöglich peinlichen Umstände meiden möchten, die ein Einspruch zur Folge hätte haben können, das haben sie einstweilen für sich behalten.

Schmidt nimmt auch etwas positives aus der Affäre mit

Ein Einspruch der Leverkusener hätte zu einem öffentlichen Verfahren vor dem Sportgericht geführt. Dabei hätten sich Schmidt und Völler mächtig anstrengen müssen, um ihren Protest überzeugend zu verteidigen. Etwas Positives immerhin nimmt Schmidt mit aus der Affäre: Dass er bei seinem Vorgesetzten Völler starken Rückhalt besitzt, muss jetzt nicht mehr bewiesen werden. In Anbetracht einer bisher sehr wechselhaften Saison und typischer Stresserscheinungen im Team ist das keine unwichtige Erkenntnis.

Vor dem Training am Mittwochnachmittag erläuterte Schmidt, dass er die Strafe nicht nur für hart hält, sondern für "die härtest-mögliche". Er gelobte zwar Besserung und Wohlverhalten auch jenseits der Bewährungsfrist, hinterließ aber nicht den Eindruck, als ob ihn wegen seines Benehmens Gewissensbisse plagten. Im Hinblick auf das DFB-Verfahren hatte der Bayer-Trainer bereits am Montag in einem gezielt platzierten Fernsehinterview Einsicht vorgebracht.

Der Trainer trauert immer noch dem nicht gegebenen Elfmeter hinterher

Er habe sich, so sagte er, "falsch verhalten" und werde die Strafe, "wenn sie im Maß ist", akzeptieren. Auf ein bisschen Rechthaberei wollte der für seine festen Überzeugungen bekannte Sauerländer trotzdem nicht verzichten: "Aber es gab auch Fehler auf dem Platz, die am Ende entschieden haben, wer drei Punkte kriegt." Gemeint war ein vom Schiedsrichter übersehener Handelfmeter für Bayer.

Das Verbot untersagt Schmidt den unmittelbaren Zugang zu seiner Mannschaft, es beginnt eine halbe Stunde vor dem Anpfiff und endet eine halbe Stunde nach Spielschluss. Der Trainer darf sich in dieser Zeit weder im Innenraum des Stadions aufhalten noch in den Umkleidekabinen. Spielertunnel und Kabinengang sind ebenfalls tabu. Im gesamten Zeitraum darf er mit seiner Mannschaft keine Verbindung aufnehmen, auch nicht durch Boten oder Botschaften.

Als Stellvertreter des Chef-Trainers wird dessen Assistent Markus Krösche fungieren. Krösche, 35, ehedem langjähriger Zweitligaspieler, gehört nicht nur der von den Fans gewählten Jahrhundertelf des SC Paderborn an, er war auch Schmidts ehemaliger Schüler in Paderborn. Er gilt als enger Vertrauter. Seine Standpaukenqualitäten müssen sich noch erweisen.

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