Bayer Leverkusen:Launenwechsel in Leverkusen

02.01.2021 Frankfurt am Main, Deutsche Bank Park Fussball, 1. Bundesliga, Saison 2020/2021 Eintracht Frankfurt (SGE) geg

Konsterniert nach der schwächsten Saisonleistung: Leverkusen erlitt die zweite 1:2-Niederlage hintereinander.

(Foto: Peter Hartenfelser/imago)

"Eine Topmannschaft verliert nicht zweimal hintereinander": Der schwache Auftritt beim 1:2 in Frankfurt dämpft die Titelambitionen von Bayer.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Bei einer Pressekonferenz nach einem Fußball-Bundesligaspiel gehört es zum Standardprogramm, dass der Trainer des Verliererklubs ein paar in Fragen verpackte Feststellungen ein bisschen korrigieren möchte. Mal etwas sanfter, mal etwas scharfkantiger gibt er dann zu verstehen, dass die Einschätzung der Fachjournalisten nicht ganz angemessen und die Leistung der eigenen Mannschaft doch so schlecht nicht gewesen sei. Am Samstagabend befand sich nach der verdienten 1:2 (1:1)-Niederlage bei Eintracht Frankfurt nun Leverkusens Coach Peter Bosz in einer Situation, in der er mit der Bewertung des Fragestellers nicht einverstanden war - aber seine Korrektur fiel ungewöhnlich aus.

Warum seine Mannschaft nur in den ersten zehn Minuten überzeugt habe, lautete der Vorhalt. Zehn Minuten, in denen Leverkusen das Geschehen kontrolliert hatte, und die mit einer Kombination dreier feiner Einlagen - Lupferpass von Florian Wirtz, Dreh-Annahme und Hackenball von Nadiem Amiri - in einem kunstvollen Führungstor gemündet waren. Bosz' Bemerkung dazu war: "Meiner Meinung nach waren auch die ersten zehn Minuten nicht sehr gut." Und mit Blick auf das gesamte Spiel schien dem Niederländer kein Urteil zu gnadenlos, um es nicht zu fällen.

"Alles war schlecht", gab Bosz zu Protokoll. So wie in den vergangenen 90 Minuten kenne er seine Mannschaft gar nicht; er habe keine Siegermentalität gesehen. "Kein Spieler hat sein Niveau erreicht, wir als Mannschaft haben unser Niveau nicht erreicht."

Stark angefressen war Leverkusens Trainer nach dieser Niederlage in Frankfurt, und wer konnte es ihm verdenken? Zwölf Spieltage hatte seine Mannschaft recht überzeugende Leistungen geboten und damit zwischenzeitlich sogar die Tabellenspitze übernommen. So gut gefiel die Spielweise allen, das sich Bosz im Dezember sogar erlaubte, auf die Frage nach dem künftigen Meister mit "Bayer Leverkusen" zu antworten. Doch nun hat seine Mannschaft binnen zweier Wochen zwei Niederlagen kassiert: Erst gab es kurz vor Weihnachten ein unglückliches 1:2 im Spitzenspiel gegen den FC Bayern - und nun im wohl schlechtesten Saisonspiel ein 1:2 in Frankfurt.

Eintracht Frankfurt v Bayer 04 Leverkusen - Bundesliga

Da war der Frankfurter Sieg noch nicht absehbar: Nadiem Amiris kunstvoller Führungstreffer für Leverkusen mit der Hacke.

(Foto: Pool/Getty Images)

Die Tabellenführung ist erst einmal dahin, launig vorgetragene Titelambitionen sind es erst recht. Vielmehr sah sich Bosz als Ableitung für den weiteren Titelkampf zu einer allgemeinen Anmerkung veranlasst: "Eine Topmannschaft verliert nicht zweimal hintereinander", sagte er: "Am Ende der Saison wird Bayern wieder die beste Mannschaft sein."

Dabei unterschied sich die Art der beiden Niederlagen durchaus. Gegen München, als erst in der Nachspielzeit der entscheidende Gegentreffer von Robert Lewandowski fiel, war die Leistung ansprechend gewesen. In Frankfurt hingegen präsentierte sich die Elf in der Tat so schwach, wie von Bosz geurteilt. Vorne entwickelte sich außer der sehenswerten Lupfer-Hacken-Coproduktion von Wirtz und Amiri quasi keine gute herausgespielte Szene mehr. Die beste Gelegenheit auf den zweiten Treffer entstand bezeichnenderweise, als Frankfurts Abwehrspieler Martin Hinteregger bei einem Klärungsversuch der Ball über den Fuß rutschte und ans Lattenkreuz flog (81.).

Bosz' Kritikpunkt: Dem Gegner wurden mehr Chancen gestattet als in den 13 Spielen davor

In der eigenen Abwehr wiederum gab es diverse Male eine schlechte Aufteilung der Räume und entsprechende Frankfurter Gelegenheiten. Man habe dem Gegner mehr Großchancen gestattet als in den 13 Spielen davor, monierte Bosz, und es war ein Frankfurter Versäumnis, nicht viel früher noch mehr Tore erzielt haben. So reichte es nur für den Ausgleich von Amin Younes nach 22 Minuten und ein durch Daichi Kamada erzwungenes Eigentor von Leverkusens Innenverteidiger Edmond Tapsoba (54.).

Die mangelnde Chancenverwertung war daher der einzige Kritikpunkt von Frankfurts Trainer Adi Hütter an seiner Mannschaft, die sich nicht nur defensiv kompakt präsentierte, sondern auch nach vorne einige spielerisch ansprechende Momente bot. "Der Sieg ist absolut verdient. Die Art und Weise hat mir imponiert", sagte Hütter. Der Januar könnte durchaus ein Monat werden, in dem seine Mannschaft im Kampf um die Europapokal-Plätze wichtige Punkte aufholt. Zu Frankfurts grundsätzlichen Stärken zählt traditionell auch die Körperlichkeit, und nun stehen binnen vier Wochen gleich sechs Ligaspiele an.

Leverkusen hingegen muss aufpassen, dass es sich seine starke Hinrundenauftritte nicht vermiest - und dass eine Leistung wie gegen Frankfurt die Ausnahme bleibt. Nächste Woche geht es gegen Werder Bremen, in den weiteren Januar-Spielen ausschließlich gegen Mannschaften, die gerade unter den Top Sechs der Liga rangieren. Vielleicht sei es der richtige Zeitpunkt, im neuen Jahr "einen Schuss vor den Bug" bekommen zu haben, mutmaßte Mittelfeldspieler Julian Baumgartlinger am Samstag. Sportchef Rudi Völler gab sich jedenfalls zuversichtlich: "Man hat trotzdem das Gefühl, dass es uns nicht aus der Bahn wirft", sagte er: "Der Unterschied zu Bayer vor zwei, drei Jahren ist: Wir sind moralisch stark."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: