Süddeutsche Zeitung

Leverkusen in der Champions League:Brandt besorgt das ultimative Schmankerl

  • Bayer Leverkusen schafft es mit einem 5:1 zum Saisonabschluss gegen Hertha BSC in die Champions League.
  • Die Mannschaft wirkt unter Trainer Peter Bosz gefestigt.
  • Im Verein glaubt man nun sogar daran, Spieler wie Julian Brandt halten zu können.

Von Javier Cáceres, Berlin

Lukas Hradecky, der Torwart von Bayer Leverkusen, ist Finne, aber der deutschen Sprache auch in kleineren Details mächtig. "Das war eine geile Rückrunde", sagte er, nach dem seine Mannschaft in Berlin nicht nur mit 5:1 gesiegt, sondern mit einem grandiosen Schlussspurt unter dem zur Jahreswende installierten Trainer Peter Bosz auch den Weg in die Champions League gefunden hatte. Am letzten Spieltag schob sich Leverkusen erstmals in dieser Saison auf den vierten Platz - und fing damit Borussia Mönchengladbach ab. "Wenn ich ehrlich bin, war das vor vier fünf Wochen nicht abzusehen, dass wir so stark zurückkommen", sagte Leverkusens Manager Rudi Völler. "Aber das haben wir uns erarbeitet in den letzten Spielen. Wir sind total glücklich". Trainer Bosz äußerte sich ähnlich: Er sei "total stolz" auf seine Jungs.

Das Spiel in Berlin taugte dazu, zu verstehen, wie Leverkusen sich unter die vier besten Teams der Bundesliga gemischt hat: Die Rheinländer dominierten die Partie mit einem ausgesucht eleganten, fein abgestimmten Kurzpassspiel - ganz nach Bosz' Gusto, der die Leverkusener zum Jahreswechsel mit 24 Punkten und auf dem neunten Tabellenplatz übernommen hatte. Mit dem Österreicher Julian Baumgartlinger, dem Chilenen Charles Aránguiz und vor allem Nationalspieler Julian Brandt beherrschte Leverkusen das Mittelfeld nach Belieben.

Zu Torgelegenheiten kam Leverkusen zwar zunächst nur durch Distanzschüsse. Erst scheiterte der brasilianische Linksverteidiger Wendell mit einem Volleyschuss aus mehr als 20 Metern an Torwart Thomas Kraft, der den verletzten Stammkeeper Rune Jarstein vertrat. Auch Kai Havertz verzog (21.). Nachdem Sven Bender (26.) auch per Kopf nach einer Ecke scheiterte, versuchte es Leverkusen dann mit Pässen in die Tiefe - und stieß dabei auf Öl.

Beim 1:0 bediente Innenverteidiger Jonathan Tah den Stürmer Kai Harvertz, der den Ball volley mit dem Außenrist ins Tor schoss (28.). Nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich durch Valentino Lazaro (34.) war es dann mit Wendell ein weiterer Abwehrspieler, der mit einem Pass in die Tiefe ein Tor vorbereitete. Der Brasilianer bediente den argentinischen Mittelstürmer Lucas Alario, der den Ball im Fallen an Kraft vorbeispitzelte und wieder eine Führung herstellte (38.).

Das ultimative Schmankerl besorgte dann Brandt. Kurz nach der Pause entdeckte Aránguiz auf der rechten Angriffsseite ein gigantisches Loch der Berliner Abwehr, passte den Ball zurück auf Brandt - und der zirkelte den Ball direkt von der Strafraumgrenze in den Winkel. Alario machte dann seinen ersten Bundesliga-Hattrick und den Leverkusener Sieg endgültig perfekt (72./88.).

"Ich war da schon immer optimistisch", sagt Völler

Mit der Champions-League-Qualifikation hoffen die Leverkusener, bessere Perspektiven im Vertragspoker um Figuren wie Havertz oder Brandt zu haben. "Ich war da schon immer optimistisch", sagte Völler in Bezug auf Brandt, die Offensivkraft fühle sich sehr wohl in Leverkusen und wisse, was er an seinen Mitspielern und einem Trainer habe. Brandt werde sich in den nächsten acht, neun Tagen entscheiden. "Ich hoffe, dass sie bleiben", sagte auch Trainer Bosz. Nur das Offensiv-Duo äußerte sich nicht: Havertz musste zur Dopingprobe, Brandt mochte nicht mit den Medien sprechen.

Das tat hingegen Herthas Trainer Pal Dardai, der am Samstag unter großer Anteilnahme der Fans verabschiedet wurde. Der Ungar, der Hertha vor viereinhalb Jahren als Abstiegskandidaten übernommen und dann immerhin stabilisiert hatte, will vorerst eine Pause einlegen. Danach wird er bei Hertha ins zweite Glied zurückkehren - zumindest theoretisch. Dardai hat in der Vergangenheit häufiger gesagt, dass er nicht zwingend in der Bundesliga bleiben will, sondern möglicherweise wieder unterklassig bei Hertha arbeiten will. Sein Vertrag bei den Berlinern ist unbefristet. Vor der Partie hatte Dardai erklärt, dass er bereits diverse Angebote erhalten hat - und in den kommenden Wochen prüfen will, ob es ihn nicht doch noch reizt, im Profifußball zu bleiben.

Sein großes Manko war in seiner Zeit als Hertha-Trainer immer die Rückrunde. In der zweiten Saisonhälfte fiel Hertha stets ab, um am letzten Spieltag wiederholt Demontagen zu erleben: Nach zwei 2:6-Pleiten gegen Leverkusen und RB Leipzig folgten nun dieses 1:5, dass dem Rückrundenexperten Bosz mit Humor anfüllte. Mit welchen Erwartungen er im kommenden Jahr in die Champions League gehe, wurde er gefragt: "Wir wollen die gewinnen!", sagte er - im Scherz.

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Quelle:
SZ vom 19.05.2019/jbe
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