Bastian Schweinsteiger:Neuer Boss beim "Weltmeischter"

Germany - Training & Press Conference

Bastian Schweinsteiger trägt jetzt die Binde beim DFB - er geht das Amt mit Freude an.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Die DFB-Elf geht mit neuem Kapitän ins Länderspieljahr 2015: Gegen Australien trägt Bastian Schweinsteiger die Binde.
  • Bundestrainer Löw freut sich über den Test gegen den Asienmeister und kündigt an, dass Manuel Neuer fehlen wird.
  • Lukas Podolski erhält Lob von vielen Seiten.

Von Jonas Beckenkamp

Auftaktspiele in ein Fußballjahr sind der deutschen Nationalelf bereits gehörig missraten, das weiß auch der Bundestrainer. Aus den vergangenen zehn Jahren ist etwa ein 0:1 gegen Norwegen dokumentiert (2009). Unvergessen auch das 1:4 gegen Italien Anfang 2006 in Florenz, das die WM-Mission unter Jürgen Klinsmann frühzeitig zu verhageln drohte - ehe das DFB-Team dann doch eine freudvolle Weltmeisterschaft im eigenen Land hinlegte.

Vor diesem Hintergrund ist auch jetzt "höggschde Seriösität" gefragt, wenn die DFB-Elf am Mittwoch in Kaiserslautern auf Australien trifft. Als Auftaktgegner für das Post-WM-Jahr 2015 hat sich der Verband den Asienmeister aus "Down Under" ausgesucht. Eine Mannschaft, die im Grunde alle Qualitäten eines Auftaktgegners hat: nicht zu stark, nicht zu schwach, gerade richtig fordernd - ein schönes Spiel zum Warmwerden. Wenn man es genau nimmt, sind die Australier aber nur der Appetizer für das weitaus wichtigere Bankett: Das EM-Qualifikationsspiel gegen Georgien, das die Nationalelf am Sonntag in Tiflis bestreitet.

Joachim Löw nutzte deshalb seine erste sportliche Presseansprache in diesem Länderspieljahr für ein paar erklärende Worte. "Australien ist ein Gegner, der für uns natürlich interessant ist. Es spielt der Asienmeister gegen den Weltmeister", sagte der Bundestrainer, was bei ihm so klang: "Weltmeischter". An Australien "schätzen wir vor allem die Mentalität. Sie geben nie auf und sind von der Spielweise her ähnlich wie Irland und Schottland."

Die beiden Teams von der Insel müssen Löws Männer in der Qualifikation besiegen, da kommen die "Aussies" gerade recht - derzeit belegt die DFB-Elf bekanntlich nur Platz drei in der Gruppe, weil es im Herbst zu Betriebsunfällen gekommen war. Dem Bundestrainer steht ein komplizierter Spagat bevor: Einerseits muss er die Mannschaft nach dem Titelgewinn 2014 weiterentwickeln - anderseits, so erklärt Löw, "müssen natürlich auch die Ergebnisse kommen."

Oberste Priorität hätten daher nicht die tapferen Australier, sondern die Spiele in der EM-Qualifikation. Ein paar Neuerungen gibt es trotz der überaus konservativen Kadernominierung ohne frische Gesichter schon. Bastian Schweinsteiger ist gegen Australien erstmals als offizieller DFB-Kapitän vorgesehen, das sei "ein wichtiges Zeichen an die Mannschaft", meinte der Bundestrainer, schließlich weiß ja jeder, "was Bastian bei der WM für uns geleistet hat." Schweinsteiger selbst gab sich zurückhaltend, auch wenn ihm der Stolz durchaus auf den glänzenden Wangen anzusehen war.

Mehr Titel auf der Autogrammkarte

"Natürlich freue ich mich sehr, dass ich seit dem WM-Finale erstmals wieder dabei bin", sagte er. "Und dann auch noch als Kapitän, das ist etwas ganz Besonderes und auch eine Verpflichtung." Unvergessen sind die Bilder vom Endspiel in Rio, wo der schwer gezeichnete Münchner und sein Trainer Löw sich in den Armen lagen. Danach fehlte Schweinsteiger eine ganze Weile, die WM hatte seinen Körper an Grenzen gebracht, er war verletzt.

Nach dem Rücktritt von Philipp Lahm ist er nun der offizielle Boss auf dem Feld - aber eigentlich war er das auch schon ohne Binde. Als Weltmeister jetzt die DFB-Elf anzuführen, diese Aufgabe nimmt Schweinsteiger gerne an. "Auf der Autogrammkarte steht halt jetzt ein Titel mehr. Die WM hat sehr viel Kraft gekostet, aber das hat sich rentiert", erklärte er und gab Einblick in sein Hierarchie-Verständnis: "Eigentlich ändert sich nicht viel. Ich finde, es müsste elf Kapitäne geben auf dem Feld, dann hat man Erfolg."

Solche Aussagen geben auch den Kulturwandel der Nationalelf wieder, wo vor einigen Jahren noch sogenannte Leitwölfe ordentlich auf den Tisch schlugen. Schweinsteiger ist anders: Er sieht sich als Teamplayer, als leisen Anführer, als Integrator. So fand er selbst für den derzeit glücklosen Lukas Podolski lobende Worte. "Lukas ist immer gut drauf, er ist mit seiner Erfahrung sehr wichtig, auch für den Teamspirit," sagte der neue Capitano, "früher oder später wird er in Mailand auch zur ersten Mannschaft gehören."

Dass Podolski nach etlichen torlosen Monaten in Italien überhaupt wieder dabei ist, hatte Beobachter überrascht. Der Bundestrainer zeigt sich jedoch loyal gegenüber einem seiner dienstältesten Mitstreiter. "Er hat Anlaufschwierigkeiten in Italien, aber ich weiß, er hat eine große Qualität," sagte Löw. Auf einen Mann mit mindestens ebenso großer Qualität muss die Mannschaft gegen Australien indessen verzichten: Torhüter Manuel Neuer werde wegen einer Schleimbeutelentzündung am Knie zwei Tage pausieren, so der Bundestrainer - für das wichtigere Aufeinandertreffen mit Georgien soll er aber fit werden.

Wer stattdessen im Tor steht, ließ Löw offen. Er dürfte aber keine Befürchtungen haben, dass es gegen Australien mit den Ersatzleuten Ron-Robert Zieler oder Roman Weidenfeller schief geht. Der Auftakt ins Fußballjahr 2015 ließ den Bundestrainer zum Schluss sogar locker grinsen.

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