Bastian Schweinsteiger:Ein versöhnlicher Abend

FBL - GER - BAYERN MUNICH - FAREWELL - SCHWEINSTEIGER

Genoss seinen Abschiedsabend in der Münchner Arena sichtlich: Bastian Schweinsteiger.

(Foto: AFP)

Aus dem Stadion von Benedikt Warmbrunn

Dann stimmten die Fans noch ein Lied an. Steht auf, sangen sie, steht auf für den Fußballgott. Und sie standen auf. Und sie sangen. Bastian Schweinsteiger winkte ins Publikum, er klopfte sich auf die Brust, dorthin, wo das Logo des FC Bayern klebt, dorthin, wo sein Herz schlägt. Wenig später zog der Fußballgott das Trikot des FC Bayern aus, für alle Ewigkeiten.

Als Schweinsteiger noch das Trikot anhatte an seinem Abschiedsabend am Dienstag, stand er zum Schluss in der Mitte des Rasens, die Arena war völlig dunkel, nur um ihn herum strahlte es. "Ich bin einer von euch, und ich werde es immer bleiben", sagte er. Und: "Meine Vergangenheit ist nur der FC Bayern, und sonst keiner." Ein letztes Winken, eine letzte Ehrenrunde, dann hatte sich Schweinsteiger verabschiedet.

Überall Schweinsteigers, junge, alte, dicke, dünne

Schon am Mittag herrschte in München eine schweinsteigersche Atmosphäre; am Odeonsplatz, auf dem Viktualienmarkt und natürlich auch in Schweinsteigers alter Heimat, dem Glockenbachviertel, waren Menschen unterwegs in Trikots verschiedenster Jahrgänge und Farben, aber alles waren Trikots des FC Bayern, mit der "31" und dem Namen des Hauptdarstellers des Abends. So war das auch in der Arena, überall Schweinsteigers, junge, alte, dicke, dünne. Dazwischen ein paar Müllers und Alabas und Kimmichs.

Es war ein emotionaler Abend. Die Menschen waren gekommen, weil sie mit diesem Mann aus Oberaudorf, der als 13-Jähriger zu ihnen gekommen waren, etwas verbinden, was sie mit, zum Beispiel, Robert Lewandowski, nicht verbinden: Gefühle. Mit Schweinsteiger haben die Fans gejubelt, über Meisterschaften, über den Titel in der Champions League 2013. Aber sie haben mit ihm auch gelitten, 2012, als er im Finale Dahoam im Elfmeterschießen den Pfosten traf. Schweinsteiger war nicht der talentierteste Fußballer in der Geschichte des FC Bayern, aber er hat sich für diesen Verein zerrissen wie wenige andere. In seinen letzten Jahren in München riefen sie Schweinsteiger: Fußballgott.

Dieser Abend führte also die Fans und ihren Liebling wieder zusammen, und auch den Liebling und den Verein, der sich ja unemotional von ihm getrennt hatte. 2015 verkündete Klubboss Karl-Heinz Rummenigge bei der Saisoneröffnung, dass Schweinsteiger zu Manchester United wechseln werde; Schweinsteiger radelte zu diesem Zeitpunkt mit Ana Ivanovic, seiner heutigen Frau, durch die Innenstadt.

Vor seinem Abschied hatte Schweinsteiger zwei Tage in München verbracht, zum Training kamen 2000 Fans, er wurde geehrt von Ministerpräsident Markus Söder. Auch in der Arena bot der Verein, der ihn einst kühl hat gehen lassen, alles an Pomp, was er zu bieten hatte. Es gab eine Lichter-Show, von Rummenigge und Präsident Uli Hoeneß Geschenke. Einmarschieren durfte Schweinsteiger wie ein Triumphator, ihn erwarteten die früheren Mitspieler. Am meisten freute sich Franck Ribéry.

Und dann schießt Schweinsteiger sein Tor

Mit Niko Kovac hatte Schweinsteiger in seiner ersten Profisaison, 2002/03, zusammengespielt, aber der Trainer des FC Bayern verteilte keine Geschenke. Aus der Startelf vom 3:1 gegen Hoffenheim begann zwar nur Joshua Kimmich (Kapitän war zunächst Mats Hummels), doch der FC Bayern spielte von Beginn an so, wie Kovac die meiste Zeit am Spielfeldrand stand: ziemlich straff. In der ersten Halbzeit, im Trikot seiner aktuellen Mannschaft, von Chicago Fire, hatte Schweinsteiger fast kaum eine Szene. Seine auffälligste hatte er, als er dem über den Rasen sprintenden Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt mit erhobenen Armen applaudierte. (Allerdings musste Leon Goretzka danach ausgewechselt werden.) Es trafen Serge Gnabry und Sandro Wagner.

In der zweiten Halbzeit trug Schweinsteiger noch einmal das Trikot des FC Bayern, mit einer 31. Und ihm zu Ehren trugen all seine Mitspieler auch die 31, inklusive Torwart Sven Ulreich und dem später eingewechselten Robert Lewandowski. Zu erkennen war Schweinsteiger am würdevoll angegrauten Haar, an der Kapitänsbinde und am Applaus, den er für jeden Ballkontakt bekam. Nach einer Stunde wechselte Kovac die alten Helden ein, es spielte nun eine Triple-Gedächtniself, mit Neuer, Müller, Robben, Ribéry, Alaba.

Es gab dann noch einen Treffer vom Spieler mit der 31, Arjen Robben, dazu allerlei Schnickschnack. Schweinsteiger jonglierte, er kniete sich nach einem Pass von Robben nieder. Als Chicagos Torwart Ricard Sánchez vor ihm eine Flanke abfing, wurde er ausgepfiffen. Und wieder, als er einen Schuss parierte. Überhaupt gab sich Chicagos Defensive auffällig viel Mühe, ein Tor ihres Mitspielers zu verhindern.

Seinen Treffer musste sich der Mann des Abends erarbeiten, es dauerte bis zur 83. Minute. Flanke von Alaba, Schweinsteiger springt ein, der Ball fliegt ins Tor zum 4:0-Endstand. Dann warfen all die anderen 31er Schweinsteiger in die Höhe.

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