Basketballer LaMelo Ball im NBA-Draft:Harlem Globetrotters mit Zahnspange

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Amerikas verrücktester Basketball-Vater LaVar Ball will mit seinen Söhnen reich werden. Sein Jüngster, LaMelo, geht am Mittwoch in die NBA - und alle fragen sich, ob er überhaupt gut genug ist.

Von Jonas Beckenkamp

Natürlich ist das Getöse wieder riesig, es geht schließlich um Amerikas größte Sport-Schaumschlägerei überhaupt. So ist es eigentlich immer, wenn LaVar Ball mit seinen Söhnen auf den Plan tritt. Diesmal steht sein Jüngster im Fokus: LaMelo. Mit seinen 19 Jahren könnte der Lockenkopf aus dem Süden Kaliforniens Mittwochnacht der Erst-Auserwählte im NBA-Draft werden - jener Talentshow des US-Basketballs, bei der Klubs Nachwuchshoffnungen verpflichten.

Dabei ist nicht klar, ob LaMelo Ball überhaupt der beste Spieler seiner Altersklasse ist. Er ist aber der prominenteste und das könnte diesmal mehr wert sein als Highlights auf dem Parkett. In den USA erwarten nicht wenige, dass Ball das nächste große Ding wird. Dabei wirkte er als Basketballer bis kurzem noch wie eine Computerfigur, ein Streetballer mit reichlich Flausen im Kopf. Er war 16 und von der NBA Galaxien entfernt.

Damals lancierte sein Vater, den man zweifelsfrei als durchgeknallt bezeichnen darf, seinen Wechsel von der Highschool ins Nirgendwo nach Litauen. LaVar wollte, dass sein Filius unter Männern spielt und dass auch Europa ihn zaubern sieht. Das Experiment eines Aufenthalts bei BC Prienai scheiterte aus sportlicher Sicht, denn LaMelos "Zaubereien" führten gegen die litauischen Vollprofis nur zu einer Vielzahl an Ballverlusten. Aber die Aufmerksamkeit hatten die Balls sicher. Zumal LaVar schließlich zur Promotion seiner eigenen Schuhfirma eine Jugendliga gründete, in der LaMelo gegen Litauens Nachwuchs glänzte.

Vater Ball ging es ohnehin nie um den reinen Sport, er will Geld verdienen mit seinen Kids - das sagt er ganz unverblümt. "Mit Millionen gebe ich mich erst gar nicht ab, ich rede nur über Milliarden", ist ein Zitat von ihm, das seine Ambitionen beschreibt. LaVar Ball meint das ernst, sein Reservoir an dummen Sprüchen ist beachtlich. Seine Frau, damals an der Uni eine "große und hübsche Stute", wie er in Interviews erzählt, habe er sich gesucht, weil sie "eine talentierte Basketballerin war" und das die Aussichten auf Basketballnachwuchs erhöhte. Es klappte.

LaMelo misst 2,01 Meter, seine älteren Brüder LiAngelo, 21, 1,96 Meter und Lonzo, 23, 1,98 Meter. LiAngelo verdingt sich in einer US-Nachwuchsliga, Lonzo hat es als Regisseur immerhin erst zu den Lakers und dann zu den New Orleans Pelicans gebracht. Aber LaMelo? Er ist zur Hälfte immer noch ein reines Medienphänomen und, leider, eine Marionette seines Vaters.

Auf Instagram interessieren sich 5,6 Millionen Menschen für sein Leben, das er zwischen Trainingshalle und BlingBling verbringt. Das sind ähnlich viele Follower wie etwa bei Leroy Sané - nur dass der schon seit vier Jahren Nationalspieler ist. Aus LaMelos Zeit in Litauen gibt es zahlreiche Berichte und Videos, einige davon ziemlich haarsträubend. LaMelo trug eine wilde Wuschelfrisur, sein Spiel korrespondierte mit seinen Haaren - irgendwann hielten es die Coaches nicht mehr mit ihm aus.

Vieles sah damals nicht nach echtem Basketball aus, sondern eher nach Harlem Globetrotters, nach Showbasketball mit Zahnspange. Nach dem Abenteuer in Osteuropa ging es für LaMelo nach Australien, wo er beim Erstligaklub Illawara Hawks erstmals unter Profis mithielt. Seine Bilanz in Down Under: 17 Punkte im Schnitt und die Auszeichnung als "Rookie des Jahres". Aber reicht es für die NBA, verrückte Pässe zu spielen und den "Alleinikow" zu geben?

Das muss LaMelo nun zeigen, nachdem er im Sommer bei mehreren Workouts in der Liga vorgespielt hat. Als aussichtsreicher Kandidat gelten die Minnesota Timberwolves, die ihn sogar zu einem Kennenlernen einluden und bei denen er Entwicklungsspielraum bekäme. Die Wolves besitzen das Erstwahlrecht beim Draft - trauen sie sich das Großprojekt LaMelo zu?

Oder landet der immer noch ungeschliffene Aufbauspieler bei den Golden State Warriors, die als zweites dran sind? Wäre er bereit, sich hinter Steph Curry einzureihen? Das bezweifelt auch Daddy Ball höchstselbst. Als drittes sind die Charlotte Hornets dran, dahinter darf Chicago ran.

Zugute kommt ihm, dass der Draftjahrgang nicht als der allerstärkste gilt, so könnte er aus Mangel an Alternativen durchaus der Top-Pick werden. Fest steht: Er wird ein unfertiger Hoffnungsträger sein. Wer ihn coacht, muss ihm die wilden Würfe und den defensiven Schlendrian austreiben. Und er muss damit klarkommen, eine Medienfigur in sein Team zu holen, die vieles überstrahlt. Die Familie Ball war schließlich lange in einer Reality-TV-Show zu sehen. Und LaVar wird weiter das "Big Business" wittern. "Von dem Moment an, da er geboren wurde, hatten wir einen Plan und haben ihn verfolgt", sagte er vor kurzem über seinen Jüngsten. Er kann eben nur laut und obszön.

LaMelo selbst hat sich in der Wahrnehmung einiger durch die Zeit in Sydney vom Vater emanzipiert. Kürzlich unterschrieb er einen Vertrag mit dem Schuhfabrikanten Puma und ließ damit die Firma seines Vaters als Ausstatter hinter sich. LaVar gefiel das gar nicht, aber seinem Sohn war es egal: "Ich bin mein eigener Herr, er ist sein eigener Herr. Also hat er seine Meinung und ich meine", fand er. Durch dieses Getöse muss Amerika jetzt durch.

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