Basketballer Kobe Bryant:Er will doch nur wie Michael sein

Los Angeles Lakers v New Orleans Hornets

Kobe Bryant: einer der talentiertesten Basketballer der Geschichte

(Foto: AFP)

NBA-Profi Kobe Bryant schafft den 30.000. Punkt seiner Karriere, doch er kann immer noch nicht zufrieden sein: Seit mehr als 16 Jahren wird er verglichen mit einem, der als talentiertester Mensch gilt, der jemals einen Basketball berührt hat. Mit Michael Jordan.

Von Jürgen Schmieder

Nein, einen Anruf von Michael Jordan erwartet Kobe Bryant nun wirklich nicht. "So wie ich ihn kenne, meldet er sich wahrscheinlich nicht. Ich würde ihn auch nicht anrufen", sagte der Aufbauspieler der Los Angeles Lakers nach dem 103:87-Erfolg bei den New Orleans Hornets. Er wirkte dabei nicht enttäuscht oder ernüchtert, sondern eher erleichtert, wäre dieses Telefonat wohl nur eine weitere Demütigung für ihn.

Natürlich würde Jordan gratulieren, dass Bryant als fünfter Profi in der Geschichte der National Basketball Association (NBA) mehr als 30 000 Punkte erzielt hat und dass er mit 34 Jahren und 104 Tagen der jüngste Spieler ist, dem das gelungen ist. Doch würde Jordan das Gespräch wohl beenden mit dem Satz: "Ich selbst habe meine Karriere übrigens bei 32 292 Punkten beendet."

Seit mehr als 16 Jahren spielt Bryant nun in der NBA, er ist einer der talentiertesten Menschen, die jemals einen Basketball berührt haben. Er hat fünf NBA-Titel und zwei olympische Goldmedaillen gewonnen, ist 14 Mal zum All-Star-Spiel eingeladen worden. Doch wird er seit mehr als 16 Jahren verglichen mit einem, den fast alle als den talentiertesten Menschen bezeichnen, der jemals einen Basketball berührt hat. Michael Jordan, 49, und Kobe Bryant pflegen diese Rivalität genüsslich, in schöner Regelmäßigkeit locken sie den anderen durch spitze Bemerkungen aus der Reserve.

Vor den Olympischen Spielen 2012 in London etwa sagte Bryant, dass die aktuelle Mannschaft durchaus das Team von 1992 besiegen könnte. Jordans Replik folgte sogleich: "Diese beiden Teams zu vergleichen, war sicherlich nicht eines der klügsten Dinge, die er machen konnte." Die Amerikaner gewannen in London zwar die Goldmedaille, doch würde niemand diese Mannschaft als Dream Team bezeichnen. "Die haben von uns gelernt, nicht wir von ihnen", sagte Jordan.

So geht das seit 1996, als Bryant als 18-Jähriger zu den Lakers kam. Nicht wenige fühlten sich bei den ersten Partien an den jungen Michael Jordan erinnert: die geschmeidigen Bewegungen, die Haltung des Handgelenks beim Wurf, der arrogante Blick nach einem erfolgreichen Versuch. Jordan verbot sich damals einen Vergleich - und verglich bei seinem Vergleichs-Verbot die Zahl der gewonnenen Meisterschaften und die erzielten Punkte.

Er braucht noch einen Titel

Die Nachricht an Bryant: Es geht in dieser von Egomanen überfluteten Liga am Ende darum, wer die meisten Titel gewinnt und die meisten Punkte erzielt. In der Statistik meiste Punkte in einem Spiel liegt Bryant schon vorne, ihm gelangen 2006 gegen Toronto 81 Zähler. Jordans Bestmarke liegt bei 69.

"Ganz ehrlich: Ich weiß auch nicht, warum ich im 17. Jahr meiner Karriere immer noch so hart arbeite", sagte Bryant nach dem Spiel in New Orleans. Dabei ist die Erklärung recht simpel: Es geht diesem formidablen Basketballer um Anerkennung. Er ahnt, dass er Jordan in den beiden prägenden Statistiken überholen muss, um ähnlich respektiert zu werden wie Jordan und womöglich doch als bester Spieler der Geschichte zu gelten. Die noch fehlenden 2276 Punkte sollte er in den kommenden beiden Spielzeiten schaffen - schwieriger indes dürfte es werden, seinen sechsten NBA-Titel zu gewinnen.

Der Klub hat im Sommer Center Dwight Howard von den Orlando Magic und Aufbauspieler Steve Nash von den Phoenix Suns verpflichtet, der Kader der Lakers gehört mit Akteuren wie Bryant, Pau Gasol und Metta World Peace zu den erlesensten in der NBA.

Die Saison indes verläuft eher holprig, von 19 Spielen hat Los Angeles gerade einmal neun gewonnen, nach nur fünf Partien wurde Trainer Mike Brown durch Mike D'Antoni ersetzt. Von Bryant sind nun jene Qualitäten gefordert, die sich nicht in Statistiken messen lassen. Kareem Abdul-Jabbar sagte bei seiner Gratulation zu Bryant: "Punkte erzielen ist eine Sache. Was die Lakers brauchen, ist Zusammenhalt und eine anständige Defensive. Wir alle wissen: Die Defensive gewinnt die Meisterschaften."

Abdul-Jabbar weiß, wovon er spricht: Er liegt mit 38 387 Punkten nicht nur auf Platz eins der ewigen Scorerliste. Er hat wie Michael Jordan auch sechs Meisterschaften gewonnen. Bryant will diesen sechsten Titel unbedingt - und würde sich dann auch über einen Anruf von Jordan freuen.

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