Basketball:Zweiklassengesellschaft

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Dem FC Bayern gelingt mit einem 111:55 gegen Aufsteiger Hamburg ein furios klingender Bundesliga-Start. Die Saison geht für ihn im Grunde aber erst am Donnerstag los.

Von Joachim Mölter

Das erste Pflichtspiel der FC-Bayern-Basketballer in dieser Saison war tatsächlich nicht viel mehr als eine Pflichtaufgabe. Vor offiziell 5704 Zuschauern gewann der deutsche Meister am Montagabend sein Heimspiel gegen den Bundesliga-Aufsteiger Hamburg Towers ebenso erwartungs- wie standesgemäß 111:55 (58:17). Münchens Rekordspieler Nihad Djedovic erzielte 20 Punkte, Zugang Greg Monroe steuerte 18 Punkte, zehn Rebounds und fünf Vorlagen bei, Rückkehrer Paul Zipser war mit 17 Punkten und sieben Rebounds beteiligt, Kapitän Danilo Barthel mit 16 und sechs. Und alle zusammen stimmten sich mit dem Erfolg am ersten Bundesliga-Spieltag auf das nächste Pflichtspiel ein, das dann keine so leichte Pflichtaufgabe mehr werden dürfte: Am Donnerstag (20.30 Uhr) empfangen die Münchner zum Auftakt der Euroleague Armani Olimpia Mailand.

In der vorigen Saison hat der FC Bayern beide Duelle gegen die Italiener knapp gewonnen, 80:78 auswärts und 93:87 daheim, aber Mailand hat sich im Vergleich dazu vielleicht noch mehr verstärkt als München. Olimpia lockte den Coach Ettore Messina, 60, aus der NBA zurück; der viermalige Euroleague-Gewinner assistierte dort bei den San Antonio Spurs fünf Jahre lang der Trainer-Legende Gregg Popovich. Ebenfalls aus den USA kam der Point Guard Shelvin Mack, zuletzt bei den Charlotte Hornets, und vom aktuellen Euroleague-Champion ZSKA Moskau warb Mailand den Spielmacher Sergio Rodriguez, 33, ab. Vor ein paar Tagen stieß schließlich noch der argentinische Flügelspieler Luis Scola, 39, dazu, der seine Nationalmannschaft gerade erst bei der WM in China ins Finale geführt hat.

Am Boden: Die Hamburg Towers (im Bild Marshawn Powell unter Münchens Maodo Lo) machten ihrem Namen bei ihrer Premiere in der Basketball-Bundesliga keine Ehre. (Foto: Jan Huebner/imago)

Mit solch international illustren Namen konnten die Hamburg Towers nicht dienen bei ihrem Gastspiel, aber immerhin zwei ihrer Profis kennt man auch in München: Den Flügelspieler Marvin Ogunsipe hat der FC Bayern ja selbst ausgebildet und nun an die Hanseaten ausgeliehen; und Heiko Schaffartzik war 2014 der Lenker der ersten Münchner Meistermannschaft seit dem Wiederaufstieg. Der mittlerweile 35 Jahre alte Spielmacher hat das vergangene Jahr wegen einer Knieverletzung ausgesetzt und sich zu Beginn der Saisonvorbereitung bei den Münchnern fit gehalten, ehe er schließlich das Vertragsangebot der Towers bekam.

Bei ihrer Rückkehr in den Audi Dome wurden Schaffartzik und Ogunsipe vom Publikum mit freundlichem Beifall begrüßt; Schaffartzik erhielt von FC-Bayern-Geschäftsführer Marko Pesic sogar noch ein gerahmtes Bild als Dankeschön für sein Engagement im Münchner Trikot. Aber das war es dann mit den Geschenken für die Gäste. Nach dem Sprungball kannte der Meister keine Gnade mehr mit dem bemitleidenswerten Aufsteiger. Die Gastgeber stellten schnell einen zweistelligen Vorsprung her (14:4/7. Minute), über 32:12 (13.), 42:12 (16.) und 54:14 (19.) ging es in die Pause. Kurz danach betrug der Abstand dann 50 Punkte (71:20/23.), spannend wurde es nicht mehr.

Das lag auch daran, dass die hypernervösen Hamburger selbst die einfachsten Würfe nicht trafen. Bis weit in die zweite Halbzeit hinein war die Trefferquote der Münchner aus der Dreierdistanz höher als die der Hamburger von der Freiwurflinie. Zur Pause waren die Towers bloß bei fünf von 30 Versuchen aus dem Feld erfolgreich; erst als sowieso nichts mehr zu retten war, beruhigten sie ihre Nerven.

Angesichts der geringen Gegenwehr konnte es sich Münchens Trainer Dejan Radonjic leisten, bereits im ersten Viertel zehn Profis seines Zwölf-Mann-Kaders Spielpraxis zu gewähren. Der wegen seines WM-Engagements zuletzt zum FC-Bayern-Kader gestoßene Center Mathias Lessort vom Bronzegewinner Frankreich kam noch vor der Pause aufs Feld, der italienische Zugang Diego Flaccadori erst im letzten Abschnitt. Als Lessort zwei Minuten vor dem Schluss zwei Freiwürfe verwandelte, hatte schließlich auch der letzte Münchner gepunktet.

Abgesehen davon dosierte der Coach die Einsätze so gleichmäßig, dass jeder genug Zeit bekam, um sich mit den neuen Kollegen einzuspielen, aber nicht so viele Minuten abreißen musste, um am Donnerstag erschöpft zu sein. Dann geht die Saison erst richtig los für die Münchner, der Bundesliga-Auftakt gegen die Hamburg Towers war im Grunde bloß ein Trainingsspielchen unter Wettkampf-Bedingungen.

© SZ vom 01.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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