Süddeutsche Zeitung

Meisterschaft in der WNBA:Frauen-Basketball macht Las Vegas zur Sportstadt

Die Basketballerinnen der Las Vegas Aces holen die Meisterschaft in der WNBA, mit einer Frau als Head Coach und guten Honoraren. Getrübt wird die Freude vom Schicksal der in Russland inhaftierten Brittney Griner.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Die Las Vegas Aces haben den Titel in der US-Frauen-Basketballliga WNBA gewonnen, und es gäbe nun so viele Geschichten zu erzählen.

Über Riquna Williams, die unauffällige Playoffs erlebte - und nun beim 78:71-Sieg in der vierten Partie der Finalserie gegen die Connecticut Suns mit 17 Zählern über sich hinauswuchs. Über Chelsea Grey, die zur wertvollsten Spielerin der Finalserie gewählt wurde und den Respekt bekam, der ihr bei der Wahl ins All-Star-Team (sie war die einzige Aces-Stammspielerin, die nicht eingeladen wurde) verweigert worden war, während Kelsey Plum, A'ja Wilson, Jackie Young und Dearica Hamby dabei waren. Über Las Vegas, das unbedingt von der sündigen zur sportlichen Stadt werden will mit Teams in den Sportarten Eishockey (Golden Knights), Football (Raiders) und Basketball (Aces), Kampfsport-Events sowie dem Formel-1-Rennen 2023 - und das nun den ersten wichtigen Titel feiern durfte.

Über Trainerin Becky Hammon natürlich, die erste Full-Time-Assistenztrainerin in der Geschichte der Männer-Liga NBA und erste Frau, die eine NBA-Partie als Head Coach absolvierte, als sie wegen der Krankheit von Gregg Popovich im Dezember 2020 die San Antonio Spurs beim Spiel gegen die Los Angeles Lakers betreute. Und über Mark Davis, den Eigentümer der legendären Football-Franchise Raiders, der die Aces im Februar 2021 gekauft und umgekrempelt hat. Er holte Hammon als Cheftrainerin und zahlte ihr als erstem WNBA-Coach der Geschichte ein siebenstelliges Gehalt. Aces-Managerin ist Natalie Williams, die bereits in der Ruhmeshalle dieser Sportart verewigt ist und die sämtliche Verträge der Stammspielerinnen zu ordentlichen Bezügen (alle verdienen sechsstellig) langfristig verlängert hat.

Griner sitzt noch immer in einem russischen Gefängnis. Jede Minute, sagt US-Präsident Biden, sei eine zu viel

Davis hat das Raiders-Mantra seines Vaters Al ("Just win, baby!") verinnerlicht, und das bezieht sich nicht nur aufs Spielfeld. Er hat keine Lust mehr darauf, dass zum Beispiel das erste Spiel der Finalserie gleichzeitig mit dem ersten Spieltag der Football-Liga NFL stattfindet. Das hat diesmal die Einschaltquoten gefährdet - die beim zweiten Match (650 000 Live-Zuschauer) höher waren.

"Ich will hier den Standard für die komplette Liga setzen. Wir können etwas aufbauen, das nachhaltig erfolgreich ist", sagte Davis nach dem Sieg am Sonntag, und er konnte sich einen Seitenhieb auf die anderen Vegas-Teams, darunter seine Raiders (die am Sonntag auch die zweite Partie der Saison verloren) nicht verkneifen: "Die Raiders und die Knights müssen jetzt nachziehen - wir werden für immer die Ersten sein, die für Vegas einen Titel geholt haben."

Das alles wären tolle Geschichten, aber diese WNBA-Saison ist eine, die überschattet wird davon, dass Brittney Griner (Phoenix Mercury) seit sieben Monaten in einem Gefängnis in Russland sitzt. In ihrem Gepäck war am Flughafen von Moskau eine Kartusche mit Haschischöl gefunden worden, im August wurde sie zu neun Jahren Haft in einer Strafkolonie verurteilt. In der vergangenen Woche gab es Berichte, dass es Griner nicht besonders gut gehe und sie das Gefühl habe, bald durchzudrehen.

Die USA und Russland verhandeln über einen Gefangenentausch. Von US-Seite hieß es, dass man im Juli ein "bedeutsames Angebot" gemacht habe, auf das Russland allerdings nicht reagiert habe. John Kirby vom Nationalen Sicherheitsrat sagte am Freitag: "Es gibt keine Antwort. Aber das bedeutet nicht, dass wir nicht mehr verhandeln." Am Freitag traf sich US-Präsident Joe Biden mit Griners Ehefrau Cherelle und versicherte ihr, sämtliche Wege für eine möglichst schnelle Rückkehr Griners auszuloten, jede weitere Minute unter diesen Bedingungen, die die US-Regierung als "inakzeptabel" bezeichnete, sei laut Biden eine zu viel.

Es scheint, als könne die WNBA-Saison erst mit der Rückkehr von Griner zu einem Abschluss kommen, das war auch am Sonntag bei den Feierlichkeiten zu spüren. Es ist deshalb lediglich ein Zwischenstand, wenn man sagt: Die Las Vegas Aces haben den Titel gewonnen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5659727
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/sjo/and
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.