Verpatzte WM:Deutschlands Basketballer haben viel Vorfreude verspielt

Germany v Jordan: Group G - FIBA World Cup 2019

Gegen Jordanien hat es dann wieder geklappt: Danilo Barthel.

(Foto: Getty Images)

Nun müssen sie die richtigen Lehren aus der verbockten WM ziehen - denn bei der Heim-EM 2021 soll es eine Medaille geben. Orientieren können sie sich an den Hand- und Fußballern.

Kommentar von Joachim Mölter

Es gibt erstaunliche Parallelen zwischen den drei großen Ballsportarten hierzulande. Die Handballer, als Titelverteidiger angereist, haben die Europameisterschaft 2018 spektakulär in den Sand gesetzt und die K.-o.-Runde verpasst. Die Fußballer, ebenfalls als Titelverteidiger angereist, schieden bei der WM 2018 schon nach der Vorrunde krachend aus. Jetzt haben auch die Basketballer ihre WM verbockt. Sie waren zwar nicht als Titelverteidiger nach China geflogen, aber doch auch mit sehr hohen Erwartungen.

Die aktuelle Auswahl war als talentierteste Generation in der Geschichte des Deutschen Basketball Bundes (DBB) beworben worden - entsprechend groß waren die Hoffnungen gewesen, die sie bei dem Turnier nun enttäuscht hat. Dieses läuft zwar noch, aber die K.-o.-Runde ist nicht mehr zu erreichen, bestenfalls die Qualifikation für die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio, was noch komplizierter ist, als es sich liest.

Mit der Teilnahme an der Trostrunde um die Plätze 17 bis 32 haben die deutschen Basketballer jedenfalls eine ihrer seltenen Chancen vergeben, größere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, gerade von außerhalb ihrer Nische, ihrer Blase. Sie haben zudem schon viel Vorfreude verspielt auf die Heim-EM 2021. In zwei Jahren, so der Plan der DBB-Funktionäre, soll die Mannschaft auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung und Schaffenskraft sein - und eine Medaille gewinnen.

Aber was jetzt?

Vielleicht sollten sich die Basketballer auch bei der Aufarbeitung ihres Debakels an Hand- und Fußballern orientieren. Die haben in den aufbrausenden Debatten Ruhe bewahrt und sachlich Fehler analysiert. Und sie haben an ihren ebenso reflexartig wie gerechtfertigt in die Kritik geratenen Bundestrainern festgehalten, an Christian Prokop und Joachim Löw.

Der Handball-Coach Prokop hat dann mit der gleichen Mannschaft weitergemacht, aber sein Spielsystem drastisch vereinfacht und bei der WM im Januar vor heimischem Publikum mit der Halbfinalteilnahme und Platz vier vieles wieder gutgemacht. Der Fußballtrainer Löw hat derweil nicht nur seine Spielweise modifiziert, sondern auch seinen Kader verjüngt. Ob und was an Zählbarem dabei herauskommt, wird man letztlich erst bei der EM 2020 sehen. Die ist für die deutsche Elf ja zumindest in der Vorrunde auch eine Heim-Veranstaltung.

Dem Basketball-Bundestrainer Henrik Rödl ist ebenfalls zuzutrauen, dass er die richtigen Lehren aus der WM zieht. Er wird es nicht dabei belassen, dass seine junge Mannschaft bei der verhängnisvollen 68:70-Niederlage gegen den Außenseiter Dominikanische Republik halt einen schlechten Tag hatte in einem Modus, der keinen schlechten Tag verzeiht. Wie sein Handballkollege Prokop kann auch Rödl im Grunde mit dem gleichen Kader weitermachen, er muss sich aber für alle Fälle spielerisch und taktisch eher etwas mehr einfallen lassen.

Freilich müssen auch seine Spieler aus dem Rückschlag lernen; sie haben das Malheur nämlich mitverursacht. Das gilt nicht nur, aber eben auch für den Spielgestalter Dennis Schröder, der sich auch selbst als Anführer der Mannschaft sieht. Der 25-Jährige ist zweifellos der beste Basketballer, den Deutschland hat nach dem Rücktritt von Dirk Nowitzki; er ist willens und in der Lage, ein Spiel allein zu entscheiden. Aber allein wird er kein Turnier gewinnen, keine Medaille.

Wenn die deutschen Basketballer Erfolg haben wollen, wird auch Schröder seine Spielweise anpassen und sich einfügen müssen. Nach dem 96:62 jüngst gegen Jordanien sagte er freilich trotzig: "Entweder spiele ich mein Spiel, oder ich spiele gar nicht." Wenn das so ist: dann vielleicht lieber gar nicht.

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