Deutsche Pleite bei der Basketball-WM:Zu viel Respekt vor dem Riesen

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Dennis Schröder versuchte viel, er schaffte 23 Punkte, aber Frankreichs Rudy Gobert stand oft im Weg. (Foto: Getty Images)
  • Deutschlands Basketballer verlieren den WM-Auftakt gegen Frankreich und dürfen sich in China jetzt keinen Ausrutscher mehr leisten.
  • Zu Beginn des ersten Spiels gelingt fast gar nichts - dafür zeigen die Deutschen große Moral.

Von Joachim Mölter

Die deutschen Basketballer haben bei der Weltmeisterschaft in China ein seltenes Kunststück geschafft, nämlich gleichzeitig verheerend und vielversprechend in das Turnier zu starten. Verheerend, weil sie im ersten Vorrundenspiel gegen Frankreich am Sonntag minutenlang überhaupt nichts trafen und beinahe schon hoffnungslos zurückfielen, mit 24 Punkten Abstand. Vielversprechend, weil es ihnen gelang, die Partie noch spannend zu machen und fast zu kippen. Am Ende verloren sie 74:78 (20:36). "Wenn wir noch ein paar Minuten länger gespielt hätten, hätten wir gewonnen", sagte Bundestrainer Henrik Rödl bei der Internet-Plattform Magenta Sport.

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So wird es schwer in China: Die deutschen Basketballer erleben gegen Frankreich einen fehlerhaften Auftakt in die WM - vor allem die erste Hälfte geht daneben.

Nun ist es keine Schande, gegen Frankreich zu verlieren; nur Titelverteidiger USA hat in seinen Reihen mehr Profis aus der NBA, der stärksten Liga der Welt. Der Weltverband Fiba notiert die Franzosen auf Rang drei der globalen Rangliste, hinter den USA und Spanien, aber noch vor Serbien. "Wir kriegen am Anfang gleich einen der größten Gegner des Turniers", fand Rödl. Der 50-Jährige glaubt allerdings auch, "es gab noch nie eine WM, die so extrem ausgeglichen ist. Ich könnte zehn, elf Mannschaften nennen, die eine Medaillenchance haben". Sein Team zählt Rödl zweifellos dazu; auch sein französischer Kollege Vincent Collet hat seinen Respekt bekundet: "Sie ist gefährlich."

Zu Beginn der Partie war die Auswahl des Deutschen Basketball Bundes (DBB) aber erschreckend harmlos: Es dauerte siebeneinhalb Minuten, ehe Maodo Lo für die ersten Punkte sorgte - zum 3:14. Bis dahin hatten seine Teamkollegen zwar prima verteidigt, aber nichts getroffen: Sie vergaben in Korbnähe, verfehlten aus der Mitteldistanz, aus der Ferne. Nach zehn Minuten stand es 4:16, in der Historie der Basketball-WM hat selten ein Team weniger Punkte in einem Viertel erzielt, ein deutsches sogar noch nie. "In der ersten Halbzeit haben wir das Spiel verloren. Jeder hat freie Würfe bekommen, aber wir haben sie nicht genutzt", sagte Spielmacher Dennis Schröder. Center Johannes Voigtmann sprach von einem "katastrophalen" Start: "Das darf gegen so eine Mannschaft nicht passieren. Das ist bitter, weil es so unnötig ist." Rödl stimmte zu: "Wenn wir die Großen schlagen wollen, was wir können, darf man so eine Phase nicht haben."

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Gleich fünf NBA-Profis, Talent wie nie zuvor und ein Würzburger von den Dallas Mavericks, der nicht Nowitzki heißt - aus diesem Kader muss der Bundestrainer zur WM noch vier Basketballer streichen.

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Erst nachdem der Rückstand auf 4:21 angewachsen war (12.), kam das DBB-Team allmählich ins Spiel. Vor allem dank Voigtmann, mit 25 Punkten am Ende bester Werfer, verkürzte es auf 17:21 (15.). Bis zur Pause fielen die Deutschen aber in den alten Trott und danach sogar noch weiter zurück - bis zum Tiefpunkt beim 28:52 (25.).

Bis dahin war die Ehrfurcht anzumerken vor Frankreichs Center Rudy Gobert. Der 2,16-Meter-Mann von Utah Jazz ist zweimal nacheinander als bester Verteidiger der NBA geehrt worden. Warum, demonstrierte er am Sonntag in Shenzhen mit fünf abgeblockten Würfen. Gobert veränderte allein aufgrund seiner Präsenz die Herangehensweise der deutschen Spieler an den französischen Korb.

Es dauerte, bis sie den Respekt vor dem Riesen ablegten. Dann aber federten sie wie beim Bungee-Jumping, dem Sprung in die Tiefe an einem Gummiseil, zurück, noch vor dem letzten Seitenwechsel keimte wieder Hoffnung auf: 46:54 (29.). Erneut war es der im Sommer zum Euroleague-Champion ZSKA Moskau gewechselte Voigtmann, der für Punkte sorgte, auch aus der Distanz. Dass der 2,11-Meter-Mann fünf Dreier verwandeln könnte, hatten die Franzosen offensichtlich nicht erwartet, denn sie ließen ihn immer wieder gewähren bei seinen Würfen. Mit zunehmender Spieldauer traf dann auch Schröder (23 Punkte) - beispielsweise zum 68:71, mit dem die Partie zwei Minuten vor Schluss plötzlich wieder offen war. Doch die Franzosen brachten ihrer Vorsprung über die Zeit, anders als vor zwei Jahren, als sie im EM-Achtelfinale den Deutschen in der Schlussphase 81:84 unterlagen. "Dafür würden wir gern Revanche nehmen", hatte ihr Trainer Collet vor der Partie angekündigt.

Die Franzosen bescherten dem deutschen Team zwar nicht das Turnier-Aus, das sie seinerzeit erlitten, aber angesichts der Umstände eine ärgerliche Niederlage. Da die nächsten Gruppengegner, die Dominikanische Republik (Dienstag) und Jordanien (Donnerstag), als Außenseiter gelten, ging es gegen Frankreich schon um die beste Ausgangslage für den weiteren WM-Verlauf. Die ersten Zwei nehmen ihre Vorrundenergebnisse mit in die Zwischenrunde, und weil dort Duelle mit den Medaillenanwärtern Australien und Litauen drohen, tut jede Niederlage weh: Aus der Zwischenrunde kommen auch nur zwei Teams ins Viertelfinale. "Man sollte schon als Erster in die zweite Gruppenphase gehen, sonst wird es schwierig", hatte Kapitän Robin Benzing gewarnt. Nun dürfen sich die Deutschen keinen Ausrutscher mehr leisten.

© SZ vom 02.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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