Basketball:Wahnsinnstrips

Alba Berlin startet mit einer kniffligen Auswärtsreise in die Euroleague - ins Lockdown-Land Israel. Das Unterfangen steht beispielhaft für die neue Saison, in der die Corona-Pandemie manche Pläne durcheinanderwirbeln dürfte.

Von Joachim Mölter, Berlin/München

An diesem Donnerstag nimmt die Basketball-Euroleague ihren Betrieb wieder auf, und zum Beginn der neuen Saison bekommt der deutsche Meister Alba Berlin gleich die kniffligste Aufgabe: Er soll bei Maccabi Tel Aviv antreten, also im Lockdown-Land Israel, das seine Grenzen erst kürzlich wegen der Corona-Pandemie dicht gemacht hat. Aber keine Grenze ohne Schlupfloch: Für Maccabi Tel Aviv, Israels Äquivalent zum FC Bayern München, gewährt die Regierung eine Ausnahme und lässt die Gegner ins Land. "Wir müssen einen Flieger chartern, anders kommt man nicht rein", erzählt Alba-Geschäftsführer Marco Baldi, "es ist ein Wahnsinnstrip, der viel Geld kostet in einer Zeit, in der man eigentlich keine Einnahmen hat."

Es ist nicht der einzige Wahnsinnstrip, der gleich am ersten Spieltag die drohenden Schwierigkeiten eines Wettbewerbs mit 18 Teams aus zehn Ländern illustriert: Panathinaikos Athen fliegt zum Spiel bei Khimki Moskau am Freitag über Großbritannien - Reisebeschränkungen und/oder eingestellte Direktverbindungen machen solche Umwege künftig wohl häufig nötig. "Die Reisen werden eine Herausforderung", ahnt Daniele Baiesi, Sportdirektor des FC Bayern, der in den ersten sechs Partien viermal auswärts antritt: "Wenn man da erst noch in einem anderen Land umsteigen muss, verschwendet man einen ganzen Tag." Und bisweilen soll man ja schon am übernächsten irgendwo anders spielen; für Erholung bleibt da keine Zeit.

Trotz aller Beschwernisse waren sich Liga und Klubs einig, wieder mit dem Spielen anzufangen, mancherorts mit Zuschauern, mancherorts eben ohne. "Wir müssen schauen, dass wir das Boot irgendwie über Wasser halten", sagt Baldi, zumindest bis die See wieder ruhiger wird. Die Euroleague hat ihre Spielregeln den außerordentlichen Umständen angepasst, "das System basiert auf Ausnahmegenehmigungen", so formuliert es Baldi. Dazu gehört, dass trotz des ohnehin eng getakteten Terminplans mit 34 Spieltagen und anschließenden Playoffs ausnahmsweise Partien verlegt werden dürfen, wenn es die Corona-Situation erfordert, bis zu dreimal sogar, zeitlich wie örtlich. Heißt: Um eine Partie nicht verloren zu geben, muss ein Klub für ein nominelles Heimspiel vielleicht auch mal ins Ausland ausweichen, wenn dort das Infektionsgeschehen günstiger ist. Euroleague-Chef Jordi Bertomeu versichert, für alle Fälle einen Plan B zu haben. Notfalls würden die Partien in abgeschirmten Blasen fortgesetzt, wie es die Bundesliga im Juni vorgemacht hat und es die amerikanische Profiliga NBA derzeit gerade nachmacht. Wie sich das alles auf die Termine der nationalen Ligen auswirken würde, ist nicht Bertomeus Problem.

Auch die Rückreise aus Risikogebieten ist erst einmal Sache der jeweiligen Klubs. Wenn der Alba-Tross am Freitag aus Israel zurückkehrt, werden Profis, Trainer und Betreuer nach der Landung umgehend auf das Coronavirus getestet. Ansonsten müssten sie zwei Wochen in Quarantäne, und unter solchen Bedingungen könnte sich der Klub auch gleich wieder vom Spielbetrieb abmelden.

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