Süddeutsche Zeitung

Basketball:Verblasste Träume

Wasserburgs Basketballerinnen sind mit Titelambitionen in die Erstligasaison gestartet - doch davon ist nicht mehr viel übrig. Nach nur einem Sieg aus fünf Spielen muss der Rekordmeister um die Playoff-Teilnahme bangen.

Von Mathias von Lieben

Es ist gerade mal einen Monat her, dass sie beim TSV Wasserburg von der Meisterschaft zu träumen begannen. Paula Zaschka, die Abteilungsleiterin beim deutschen Frauen-Basketball-Rekordmeister, hatte sich kurz vor Saisonbeginn zuversichtlich gezeigt, den Titel zum zwölften Mal an den Inn holen zu können. Der neu verpflichtete Trainer Rüdiger Wichote hatte zumindest das Ziel Halbfinale ausgegeben. Ein Hauch von Euphorie deutete sich an - erstmals wieder nach der kräftezehrenden vergangenen Corona-Saison, wo bereits im Viertelfinale Schluss war. Die Qualifikation für die Playoffs in dieser Saison - sie wirkte in den Aussagen der Wasserburg-Verantwortlichen wie ein Selbstläufer.

Mittlerweile haben die Ambitionen einen herben Dämpfer erhalten. Von den ersten fünf Spielen konnten die Innstädterinnen nur eins gewinnen. Und selbst der 83:71-Auswärtssieg gegen Saarlouis vor rund zwei Wochen gelang nur nach erheblichen Startschwierigkeiten. Zuvor hatte es jeweils knappe Niederlagen bei Meister Keltern und zwei Mal in der heimischen Badria-Halle gegen Aufsteiger und Tabellenführer Rheinland Lions und den Meisterschaftszweiten der vergangenen Saison, Osnabrück, gegeben. Das Auswärtsspiel in Herne am vergangenen Wochenende (55:67) weckte auch nicht gerade Hoffnung auf bessere Zeiten. Mit nur zwei Punkten steht der TSV Wasserburg auf dem elften Platz. Nur Saarlouis, Halle und Heidelberg sind schlechter in die Saison gestartet. "Der Saisonstart war auf jeden Fall sehr ernüchternd", sagt Trainer Wichote. "Der Kampf um die Playoffs hat daher schon jetzt für uns richtig begonnen."

Die jüngste Niederlage im rund 700 Kilometer entfernten Herne in Nordrhein-Westfalen war sinnbildlich für den bisherigen Saisonverlauf. Erneut konnte Wichotes Team nur wenig von dem umsetzen, was es sich vorgenommen hatte. "Defensiv bin ich mit der Arbeit ja durchaus zufrieden. Im Spielaufbau haben wir aber noch viel zu viele Probleme und verlieren zu schnell und zu leichtsinnig den Ball", sagte Wasserburgs Trainer. Tatsächlich wirkten die TSV-Spielerinnen angesichts der aggressiven Verteidigung von Herne gerade in den letzten beiden Vierteln mehrfach überfordert.

Von der neu verpflichteten US-Amerikanerin Aliyah Mazcyk hat sich der Verein klammheimlich schon wieder getrennt

Was laut Wichote im Spiel seines Teams offensichtlich fehlt: ein überragender Point- und Shooting-Guard - eine Akteurin auf dieser Position, die enge Spiele durch ihr individuelles Talent auch mal alleine entscheiden kann. In der vergangenen Saison fiel diese Rolle Kelly Moten zu, die danach allerdings der früheren Wasserburg-Trainerin Sidney Parsons zum derzeitigen Tabellenzweiten Hannover gefolgt ist. Zwar haben Laura Hebecker und Levke Brodersen bereits angedeutet, dass sie Moten phasenweise ersetzen können. Nicht umsonst stehen beide erneut im Nationalteam-Kader für die EM-Qualifikationsspiele Mitte November gegen Nordmazedonien und Belgien. "Einen wirklich gleichwertigen Ersatz konnten wir etatbedingt aber nicht verpflichten", sagt Wichote.

Die großen Hoffnungen, die Wichote auf die neu verpflichtete US-Amerikanerin Aliyah Mazcyk gesetzt hatte, wurden jedenfalls nicht erfüllt. Der Verein hat sich klammheimlich bereits wieder von ihr getrennt. "Wir hatten uns von ihr etwas anderes erwartet und sie hat von ihrem Spielertyp her doch nicht in das Mannschaftsgefüge gepasst", begründet Wichote die Entscheidung. Zwar ist er mit den drei Zugängen auf der Forward-Positon, Haliegh Reinoehl, Mikayla Williams und Sarah Sofie Mortensen, durchaus zufrieden. Dennoch will er nach der Nationalmannschaftspause noch eine neue Spielerin präsentieren. Bis dahin wird das Programm in der Liga nicht einfacher.

Kommenden Sonntag empfängt Wasserburg die Eigner Angels aus Nördlingen zum bayerischen Derby. "Ein Sieg ist da im Endeffekt schon fast Pflicht", sagt Wichote. "Nördlingen ist ein Team auf Augenhöhe, und solche Spiele müssen wir gerade in eigener Halle gewinnen." Zwar haben die Nördlingerinnen nur zwei Punkte mehr auf dem Konto als Wasserburg und die jüngsten drei Spiele allesamt verloren. Allerdings haben sie mit dem Auswärtssieg am ersten Spieltag in Herne bereits angedeutet, dass sie durchaus in der Lage sind, auch stärkere Teams der Liga zu schlagen.

Nach dem Derby folgen für Wasserburg dann zwei Auswärtsspiele beim Aufsteiger Düsseldorf und beim derzeitigen Dritten Freiburg. Ebenfalls kein leichtes Programm, zumal Wichote stets betont, dass sich viele der jungen Spielerinnen erst noch an die Liga gewöhnen müssten. Trotzdem erwartet er zwei Siege aus den nächsten drei Spielen. Allzu viel Zeit zur Stabilisierung bleibt dem Rekordmeister jedenfalls nicht mehr. Für Wasserburg hat die heiße Phase der Saison längst begonnen.

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