Basketball:Stille nach dem Wurf

Basketball: Für die Bayern und ihren Kapitän Nihad Djedovic kaum aufzuhalten: Bonns Parker Jackson-Cartwright.

Für die Bayern und ihren Kapitän Nihad Djedovic kaum aufzuhalten: Bonns Parker Jackson-Cartwright.

(Foto: Ulrich Gamel/kolbert-press/Imago)

Bonns Basketballer gewinnen auch das vierte Playoff-Halbfinalspiel gegen Bayern München und haben am Mittwoch im entscheidenden Duell nun Heimvorteil. Am Ende trifft wieder der kleinste Akteur auf dem Feld.

Von Sebastian Winter, München

Wenn sich ein Basketball-Spiel zweier nahezu ebenbürtiger Mannschaften auf die Schlusssirene zubewegt, sich alles verdichtet, dann ist der Moment gekommen für große Einzelaktionen. Und dieser Moment gehörte am Pfingstmontag Parker Jackson-Cartwright. Der 1,80 Meter kleine, gewitzte, so cool und abgebrüht wirkende Spielmacher der Telekom Baskets Bonn schnappte sich knapp zwei Minuten vor dem Spielende den Ball und verwandelte den Dreier: 83:77 gegen Bayern München in deren Heimstätte, dem Audi Dome, vor 5757 Zuschauern.

Das Publikum verstummte, bis auf die 200 in Teilen ziemlich heißblütigen Bonner Fans, alle wussten, dass das die Vorentscheidung war. Den Bayern ging ja kurz danach auch noch ihr Defensivspezialist Nick Weiler-Babb verloren nach seinem fünften Foul, sie kamen trotzdem noch einmal heran auf 80:83, Bonn tat ihnen sogar den Gefallen, den letzten Angriff zu vertändeln. Sechs Sekunden blieben den Münchnern nun noch für ihren allerletzten Angriff. Wieder so ein Moment für große Einzelaktionen, ein Dreier musste her, um sich in die Verlängerung zu retten. Ognjen Jaramaz schnappte sich den Ball, rannte in Richtung gegnerischer Korb, doch dann gehorchte ihm der Ball nicht mehr, noch bevor er zum Wurf ansetzen konnte. Jaramaz verlor ihn - und die Bayern das Spiel.

"Die Bayern haben allen Druck der Welt, es ist eine wunderschöne Situation für uns."

Anstatt nun endlich Alba Berlin, das Ludwigsburg locker mit 3:0-Siegen bezwang, ins Playoff-Finale zu folgen, müssen die Münchner nun um selbiges fürchten. Am Mittwoch bereits haben sie in Bonn ihr entscheidendes Tod-oder-Gladiolen-Spiel, wie Louis van Gaal sagen würde, und Bonns Trainer Tuomas Iisalo frohlockte schon kurz nach dem Sieg: "Die Bayern haben allen Druck der Welt, es ist eine wunderschöne Situation für uns."

Am Samstag schon hatte Bonn den Münchnern vor 6007 Zuschauern im Audi Dome den Erfolg in einer noch etwas dramatischeren Partie 20 Sekunden vor der Schlusssirene aus den Händen gerissen, Javontae Hawkins hatte per Freiwurf zum 85:84 getroffen, der letzte Konter der Münchner misslang auch da. Dabei hatten die FCB-Verantwortlichen schon vor den beiden Heimpartien noch gebetsmühlenartig vor der Gefahr einer Niederlage gewarnt.

Die Starting Five der Bayern, die aus Nick Weiler-Babb, Augustine Rubit, Leon Radosevic, Nihad Djedovic und Vladimir Lucic bestand, war also gewarnt, doch die erste Begeisterung, jedenfalls bei Bonns Anhängern, entfachte Baskets-Shooting-Guard Jeremy Morgan mit zwei Dreiern. Die Bayern konterten den 2:8-Rückstand, Othello Hunter war es dann, der die Münchner Fans von den Sitzen riss - indem er den Offensiv-Rebound holte und beim erfolgreichen Korbleger gefoult wurde.

Schon in diesen ersten Minuten entwickelte sich die erwartet intensive Partie, wie in den beiden Spielen zuvor, es ging ja auch um viel: den Finaleinzug für Trinchieris Mannschaft oder ein entscheidendes fünftes Playoff-Halbfinalduell in Bonn, was die Münchner ja unbedingt vermeiden wollten. Und dieser Kampf auf Augenhöhe fand im zweiten Viertel seine Fortsetzung. Die Münchner waren gegen die aus der Ferne sehr treffsicheren Baskets immer ein, zwei Punkte hinten, glichen wieder aus, in Führung kamen sie kaum einmal. Absetzen konnte sich aber auch Bonn nicht wirklich - Vladimir Lucic wehrte sich einmal mit einem Dreier, den er im Rückwärtsfallen traf.

Es war ein Abend, an dem sich niemand sicher sein konnte, wie diese Partie enden wird. Auch nicht NBA-Spieler Maxi Kleber, der im Publikum saß. Als Bayern-Trainer Andrea Trinchieri seine Mannschaft in der Pause dann längst zu sich gebeten hatte, um die taktische Marschroute für die nächsten beiden Viertel zu besprechen, warfen die Bonner noch ihre Probewürfe, Parker-Cartwright traf fast jeden in den Korb.

So ging es ins dritte Viertel, das gut begann aus Sicht der Gastgeber: Erst gelang Weiler-Babb ein Dreier kurz vor Ablauf der 24 Sekunden, dann wuchtete Lucic nach einem Ballverlust von Jackson-Cartwright einen Dunking in den Korb. Fünf Punkte betrug nun der Vorsprung für die Bayern, doch sie vergaben ihn durch Ballverluste und Nachlässigkeiten in der Defense leichtfertig. Schlimmer noch für sie: Bonn führte plötzlich 66:60. Nach einem Ballverlust der Münchner stopfte Bonns Javontae Hawkins auch noch einen Alley oop in den Korb, 78:70. Kurze Zeit später nahm sich Parker-Cartwright den Ball. Und es wurde still in der Halle.

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