Basketball:Sogar der Gegner applaudiert Kobe Bryant

Kobe Bryant

Kobe Bryant: Immer noch am Ball bei den Lakers

(Foto: AP)

NBA-Basketballer Kobe Bryant steht am Ende seiner großen Karriere. Oder etwa doch nicht?

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Kobe Bryant lächelte, als ihm die Zuschauer am Mittwochabend zujubelten, so wie er auch am Sonntag und Dienstag gelächelt hatte, als ihn die Besucher gefeiert hatten. Applaus ist nicht ungewöhnlich für einen Sportler. Aber Bryant agiert seit Beginn seiner Profikarriere für die Los Angeles Lakers. Die Spiele jedoch fanden in New York statt, in Miami und in Orlando. Und bei den letzten beiden Partien stand Bryant noch nicht einmal auf dem Parkett, sondern wegen Rückenschmerzen nur im feinen Zwirn an der Seitenlinie. "Das sind schöne Momente", sagte er über den freundlichen Empfang. Bryant lächelte, trotz all der Niederlagen - 95:99 gegen die Knicks, 88:101 gegen die Heat und 99:101 in Orlando.

Die Menschen in den Basketball-Arenen an der Ostküste jubeln derzeit einem zu, den sie jahrelang ausgepfiffen, ausgebuht und bisweilen beleidigt hatten. Auch am Freitag bei den Dallas Mavericks von Dirk Nowitzki dürfte Bryant wohlwollend empfangen werden. Das liegt daran, dass die Zuschauer ahnen, dass diese Auftritte Bryants die letzten bei ihnen sein könnten, dass der 37-Jährige seine Karriere am Ende der Saison beenden dürfte.

Verhindert er den nötigen Umbau seines Herzens-Teams?

Die Worte "könnten" und "dürfte" spielen dabei eine bedeutende Rolle: Bryants Vertrag endet im Juni. Und er redet so, als würde er nicht mehr zurückkehren. In New York sagte er: "Ich hoffe, dass mich die Menschen als jemanden in Erinnerung behalten, der mit ein klein wenig Talent und sehr viel Ehrgeiz gesegnet ist." Andererseits verweigert er bis auf ein Bekenntnis zum Verein ("Ich werde nur für die Lakers spielen.") und dem Wunsch, bei Olympia 2016 noch einmal für das US-Nationalteam antreten zu wollen, beharrlich eine klare Auskunft zu seiner Zukunft, im Gegenteil: "Wenn ich will, dann spiele ich weiter", gibt er an.

Sollte Bryant seine Karriere fortsetzen, dann würde er die dringend notwendige und im kommenden Sommer auch realisierbare Umstrukturierung des Kaders verhindern. Die Lakers hatten ihm vor zwei Jahren einen mit 48,5 Millionen Dollar dotierten Zwei-Jahres-Vertrag gegeben. Das war keine Investition in die Zukunft, sondern das Honorieren vergangener Leistungen mit insgesamt fünf Titeln in der nordamerikanischen Basketball-Liga NBA. Der Vertrag endet wie der von Roy Hibbert (15 Millionen Dollar), dazu dürfte die Gehaltsobergrenze aufgrund des von der kommenden Saison an gültigen TV-Vertrages (2,6 Milliarden Dollar pro Saison) von bisher 70 auf dann 89 Millionen Dollar pro Team angehoben werden.

Trefferquote lediglich von 32 Prozent

Die Lakers hätten genügend Spielraum, um zwei oder drei prägende Spieler nach Los Angeles zu locken. Aber eben nicht viel mehr. Aus dem Umfeld des Vereins ist zu hören, dass sie gerne Kevin Durant (derzeit Oklahoma City) verpflichten würden, den wertvollsten Spieler in der Saison 2013/14. Ebenfalls auf dem Markt und einem Wechsel nicht abgeneigt sind Center Andre Drummond (Detroit Pistons), Forward Al Horford (Atlanta Hawks) und Aufbauspieler Bradley Beal (Washington Wizards). Dazu würden die Lakers bei der Wahl der Nachwuchsspieler gerne den Australier Ben Simmons holen, der kürzlich über den Kurznachrichtendienst Twitter verkündete: "Im nächsten Jahr könnt ihr mich bei den Lakers sehen."

Damit das passiert, müsste der Verein im kommenden Sommer möglichst bald wählen dürfen. Die Lakers müssen jedoch ihren sogenannten Draft Pick an die Philadelphia 76ers abtreten, sofern es nicht einer der ersten drei ist. Die Talente-Wahl wird eine Alles-oder-nichts-Situation für die Lakers - und die Chancen stehen aufgrund des NBA-Reglements umso besser, je schlechter der Verein in der aktuellen Saison agiert. Das führt zurück zur aktuellen Form von Bryant und seinen Lakers.

"Ich bin derzeit die Nummer 200 in dieser Liga, ich spiele total schrecklich", sagte Bryant kürzlich - und Statistiken belegen, dass er mit dieser Einschätzung gar nicht mal so falsch liegt. Aus dem Feld kommt er lediglich auf eine Trefferquote von 32 Prozent. Die Lakers haben erst eines von acht Spielen gewonnen.

Natürlich träumen Sportler davon, auf dem Höhepunkt ihrer Karriere abzutreten oder gar nach dem Gewinn der Meisterschaft - so wie es Michael Jordan zumindest bei den ersten beiden seiner insgesamt drei Rücktritte gelungen ist. Das wird Kobe Bryant nach dieser Saison sicher nicht glücken.

Es gibt deshalb noch ein weiteres Szenario: Er hängt eine Spielzeit an, verdient jedoch nur das Minimalgehalt von 1,5 Millionen Dollar und ermöglicht dem Verein damit die Verpflichtung talentierter Mitspieler. Bryant ist zwar mit allerhand Talent und Ehrgeiz gesegnet, Bescheidenheit und Zurückhaltung gehören indes nicht zu seinen Tugenden - weshalb diese Möglichkeit als unwahrscheinlich gilt. Allerdings: Wer hätte gedacht, dass die Menschen in New York, Miami und Orlando einmal Kobe Bryant zujubeln?

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