Süddeutsche Zeitung

Basketball:Schwarz statt Rot

Lesezeit: 3 min

Gegen Tel Aviv will der FC Bayern seine Chance auf den Einzug in die Meisterrunde der Euroleague wahren. Dabei hofft der Gastgeber auf einen Trick.

Von Matthias Schmid

Scottie Jordan Wilbekin aus Gainesville, Florida, ist in seiner Heimat bisher eine Partie als Berufsbasketballer verwehrt geblieben. Fünf Vorbereitungsspiele für den NBA-Klub Philadelphia 76ers stehen als einziger Ertrag nach der College-Zeit in seiner Vita. Vielleicht sollten sie sich in den Staaten mehr Basketballspiele in Europa ansehen, dann wüssten sie, dass dieser Wilbekin eine ziemlich große Nummer geworden ist. So groß sogar, dass der FC Bayern seinetwegen die Korbanlage ausgetauscht hat. Kein Witz. "Das ist wirklich so", bestätigte am Dienstag Marko Pesic. "Vorher war sie rot, jetzt ist sie schwarz", erläuterte Münchens Geschäftsführer und fügte hinzu: "Jetzt müssen wir schauen, ob er bei dieser Optik auch so gut trifft."

Für den FC Bayern wäre die Teilnahme an der Meisterrunde der Euroleague der größte Erfolg

Wilbekin hat in München bleibenden Eindruck hinterlassen, er ist sogar als Albtraum in den Köpfen der Münchner Profis erschienen, als er in der vergangenen Saison im Halbfinale des Eurocups die Münchner fast im Alleingang bezwungen hat. 41 Punkte sammelte er im Rückspiel für Darussafaka Istanbul - er verwandelte die irrwitzigsten Versuche, vor allem von jenseits der 6,75 Meter entfernten Dreierlinie. Am Ende kam er auf zehn erfolgreiche Distanzwürfe, nachdem er im Hinspiel schon 24 Punkte geholt hatte.

Man darf gespannt sein, ob dem 25-Jährigen bei seiner Rückkehr in den Audi Dome auffallen wird, dass die Polster der Körbe nun einen anderen Farbton tragen. An diesem Donnerstag (20.30 Uhr) steht sein erster Auftritt nach seiner famosen Darbietung an, diesmal schaut er aber in der Euroleague mit seinem neuen Klub Maccabi Tel Aviv vorbei. Und auch wenn es diesmal nicht um den Finaleinzug gehe, ist es ein "großes Spiel", wie Pesic findet. Es geht im höchsten europäischen Klubwettbewerb um den Einzug in die Meisterrunde der besten Acht, die bisher noch keiner deutschen Mannschaft vergönnt war. Der FC Bayern liegt momentan mit 12:12 Siegen auf Rang neun, ein Sieg fehlt ihm zu Platz sechs, aber auch Tel Aviv als Zehnter (11:13 Siege) hat sechs Spieltage vor Ende der Hauptrunde noch alle Chancen, die Versetzung in die Playoffs zu schaffen.

Der Blick auf die Tabelle ringt Pesic ein Lächeln ab. "Ein bisschen unwirklich", sagt der Geschäftsführer, fühle es sich an, dass die Bayern in dieser illustren Gesellschaft mitmischen. Vor und hinter ihnen finden sich in Olympiakos Piräus und Panathinaikos Athen Mannschaften wieder, die mehrmals schon die Euroleague gewinnen konnte. Auch Tel Aviv gehört dazu. Dreimal hat Maccabi den Titel in diesem Wettbewerb errungen, dazu zweimal den Europapokal der Landesmeister.

Tel Aviv gehört zu den feinsten Adressen im europäischen Basketball. Während für die Münchner die Teilnahme an der Meisterrunde der größte Erfolg wäre, ist diese beim israelischen Vertreter das Mindestziel. Der letzte Triumph in der nach der NBA angesehensten Basketballliga der Welt liegt allerdings schon fünf Jahre zurück. 2014 besiegte der Verein im Finale Real Madrid, Tel Avivs beste Werfer hießen damals Tyrese Rice (26 Punkte) und Ricky Hickman (18), die mittlerweile beide das Trikot von Brose Bamberg tragen. Maccabi hat vor dieser Spielzeit Wilbekin auch deshalb geholt, weil der Klub liebend gerne die früheren Erfolge wiederholen würde. Die israelische Liga ist dem 52-maligen Meister längst zu klein geworden. Doch zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffte eine riesige Lücke, als sie nur einen Sieg aus den ersten acht Spielen in der Euroleague holten. Erst der neue Trainer Ioannis Sfairopoulos hat das wahre Potenzial entfalten können, es deutete sich schon beim 95:71 über die Bayern im Hinspiel an, dass das Team stark genug für die Playoffs ist.

Anspruch und Wirklichkeit passen bei Maccabi mit Trainer Ioannis Sfairopoulos wieder

Vor allem unter den Brettern können sie mit Spielern wie Johnny O'Bryant und Tarik Black kräftig zupacken und ihre Körper gewinnbringend einsetzen. Das mussten die Bayern im Hinspiel leidvoll erfahren, als sie beim Rebound so unterlegen waren, als wären die Münchner mit ihrer U-14 angetreten und nicht mit ihren Profis. Vor allem greifen Maccabis Spieler sich fast fünf Offensivabpraller pro Partie mehr als die Münchner, was insofern wichtig ist, als sich daraus zweite Wurfchancen ergeben.

Als Hinweis für den Ausgang der Partie taugt diese Niederlage allerdings nicht, das Hier und Jetzt im schnelllebigen Profisport ist entscheidend und nicht das, was gewesen ist. Die Bayern haben sich weiterentwickelt - auf allen Ebenen. "Keiner hat vor der Saison an uns geglaubt", hebt Flügelspieler Derrick Williams hervor, "doch wir haben bewiesen, dass wir ein wirklich gutes Team sind und jetzt noch alles möglich ist." Mit 14 Punkten im Schnitt ist der frühere NBA-Profi Münchens bester Werfer. Sein Gegenüber Wilbekin kommt auf 12,9 Punkte. Er bekommt zu spüren, dass die Gegenspieler in der Euroleague sehr viel lästiger verteidigen als noch im Eurocup. Seine Wurfquote von außen ist von fast 50 Prozent auf 34 Prozent gefallen. Doch zuletzt bewies er ansteigende Form, rechtzeitig vor dem Spiel in München, das die Euroleague zum Game of the week ausgerufen hat, die Partie wird so weltweit in mehr als 100 Ländern übertragen. Auch in die Vereinigten Staaten.

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Quelle:
SZ vom 07.03.2019
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