Basketball:Sanfte Riesen

Derrick Williams 23 FC Bayern Basketball springt zum Korb Maccabi Fox Tel Aviv vs FC Bayern Bas

Eine Ahnung davon, was in diesem Spiel möglich gewesen wäre, bekamen die Zuschauer nur im dritten Viertel: Derrick Williams (hier im Flug zum Korb) vom FC Bayern tat sich mit 15 Punkten als bester Werfer hervor.

(Foto: Matthias Stickel/imago)

Die Basketballer des FC Bayern geben beim 71:95 gegen den israelischen Rekordmeister Maccabi Tel Aviv mit ihrem zaghaften Defensivspiel Rätsel auf.

Von Matthias Schmid

Ein körperloses Spiel, wie es im Volksmund heißt, war Basketball noch nie. Vor allem unter den Körben reiben die großen, schweren Jungs ihre athletischen Körper aneinander, schieben und schubsen, auch unter Mithilfe der Ellbogen. Nicht umsonst nennen die Trainer es ausboxen, wenn es darum geht, sich die beste Position zu verschaffen, um die Abpraller vom Brett oder Ring zu greifen. In dieser Disziplin war der FC Bayern am Donnerstagabend bei seinem Gastspiel in der Euroleague bei Israels Rekordmeister Maccabi Tel Aviv auf groteske Art und Weise unterlegen. Die Münchner fingen 21 Rebounds weniger. Ein Klassenunterschied.

Auch Bayern-Trainer Dejan Radonjic haderte nach der 71:95-Niederlage mit der mangelnden Zupackermentalität im Nahkampf seiner Spieler, "wir erlaubten ihnen 20 Offensivrebounds, es war ein Problem, das sich durchs ganze Spiel gezogen hat." Wie unterlegen sie in dieser Hinsicht waren, verdeutlicht der Blick auf den Statistikzettel, Maccabis Tarik Black sammelte mit fünf Offensivrebounds fast so viele wie die gesamte Bayern-Mannschaft, die nur acht Abpraller im Angriff sicher in ihren Händen greifen konnte. Der Vorteil, der sich aus diesen Bällen ergibt, sind die zweiten oder gar dritten Wurfoptionen. Radonjic musste verzweifelnd mitansehen, wie seine Mannschaft diese Bälle nicht zu fassen bekam. "Ich kann mit unserer Leistung überhaupt nicht zufrieden sein", urteilte der Montenegriner danach.

"Zu soft" seien seine großen Spieler, sagt Trainer Radonjic

Dass seine Mannschaft Schwierigkeiten hat, den eigenen Luftraum zu kontrollieren, begleitet die Münchner schon länger durch die Saison. Auch bei der Niederlage in Barcelona war es so. Aber der Auftritt in Tel Aviv verblüffte dann doch, weil Black, 2,06 Meter groß, oder Johnny O'Bryant, ebenfalls 2,06 Meter, die Bayern-Spieler Devin Booker, 2,05 Meter, und Danilo Barthel, 2,07 Meter, nicht überragten. "Zu soft", seien seine großen Spieler, hat Radonjic schon mehrmals nach Spielen moniert. Vor allem für Kapitän Barthel und Booker gilt das; strotzen sie in Bundesliga noch so vor Kraft, verwandeln sie sich, sobald die Hymne der Euroleague erklingt, in harmlose Chorknaben, die sich nicht richtig trauen, ihre Körper unter den Körben einzusetzen. Seltsam schüchtern treten sie dann auf, fast ängstlich. Woran das liegt, kann niemand schlüssig erklären. Booker ist ein Modellathlet, mit viel Sprungkraft und Wucht gesegnet, auch Barthel ist groß und kräftig genug gebaut, um sich die Bälle greifen zu können. Aber gegen Maccabi schnappten sie sich jeweils nur zwei Rebounds - viel zu wenig auf diesem Niveau. Und auch ihr Vertreter Leon Radosevic sucht im Bayern-Trikot noch immer seine Form, er wirkt noch fremd.

In Tel Aviv musste die Gäste gegen einen wie aufgedreht spielenden Gegner sogar bis zur 17. Minute warten, ehe sie in der Defensive den ersten Rebound durch Vladimir Lucic holten, der Serbe war auch derjenige Bayern-Spieler, der am Ende die meisten Rebounds seiner Mannschaft sammelte: sieben.

Eine Ahnung davon, was in diesem Spiel dennoch möglich gewesen wäre, hatten die Zuschauer im dritten Viertel bekommen, da verteidigten die Münchner, bei denen sich Derrick Williams mit 15 Punkten als bester Werfer hervortat, plötzlich lästiger, agierten selbstbewusst und furchtlos und entschieden das Viertel mit 26:20 für sich, auch weil sie den Ball auf einmal von Mann zu Mann rasant zirkulieren ließen. "Da spielten wir endlich unser Spiel", bekannte Lucic, um dann aber resigniert hinzuzufügen: "Aber nur zehn Minuten gut zu spielen, ist gegen jedes Team in der Euroleague einfach zu wenig."

Durch die Länderspielpause haben die Münchner nun die Möglichkeit, an ihren Schwächen zu arbeiten, die Bundesliga setzt am Wochenende aus, und das nächste Spiel in der Euroleague steht erst am nächsten Donnerstag gegen Khimki Moskau an. Radonjic sind Trainingseinheiten sehr wichtig, er verlangt da von seinen Spielern die gleiche Hingabe und Begeisterung wie in den Spielen. Und es benötigt nicht viel Fantasie dafür, was er nun vor allem üben lassen wird: die Rebounds, das Ausboxen. Er will nicht mehr von seinen Spielern sehen, dass sie körperlos Basketball spielen.

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