Süddeutsche Zeitung

Basketball:Regenerieren auf Reisen

Alba Berlin besteht den ersten Härtetest dieser Saison zumindest halbwegs - 40 Stunden nach einem bemerkenswerten Spiel in der Euroleague beim FC Barcelona.

Von Joachim Mölter

Am Ende war die ganze Aufregung umsonst, die sich um die Frage entwickelt hatte, ob es die Basketballer von Alba Berlin rechtzeitig vom Euroleague-Gastspiel beim FC Barcelona am Freitagabend zum Bundesligaspiel bei s.Oliver Würzburg am Sonntagnachmittag schaffen würden. Am Freitag hatte ein Generalstreik Barcelona lahmgelegt - Flüge waren gestrichen, Straßen blockiert, Zugverbindungen gekappt worden. Es gab die Sorge, dass sich der Alba-Tross am Samstag nicht in Bewegung setzen könnte, aber die erwies sich als unbegründet. Die Berliner traten pünktlich in Würzburg an, das Chaos in Katalonien hatte sie auch nicht gestresst: Sie gewannen 110:82 (60:38) und bleiben damit in der Basketball-Bundesliga (BBL)

auch nach dem vierten Spieltag unbesiegt. Nur 40 Stunden hatten die Alba-Profis Zeit gehabt zum Reisen und Regenerieren zwischen den Partien. "Das ist körperlich sehr anstrengend, aber mental auch", hatte ihr Trainer Alejandro "Aito" Garcia Reneses am Sonntag auf der Internet-Plattform Magenta Sport betont. Kapitän Nils Giffey, mit 21 Punkten Berlins Bester am Sonntag, sagte ebendort: "Es war zu erwarten, dass es ein paar Ups und Downs gibt beim Energielevel, aber wir haben uns da immer ganz gut rausgezogen."

Ein richtiger Durchhänger war freilich nicht zu erkennen. Die Berliner nehmen die Anstrengungen bewusst in Kauf, um nach fünf Jahren Absenz wieder in der Euroleague mitzumachen. Die Champions League des Basketballs ist grundlegend reformiert worden während Albas Abwesenheit: Sie wird nicht mehr im Gruppenformat organisiert, sondern als Liga mit 18 Teams, was bis zu den Playoffs 34 Spiele nach sich zieht - parallel zum üblichen BBL-Betrieb. Der deutsche Meister Bayern München kennt die Strapazen vom vorigen Jahr, für den Meisterschaftszweiten Alba Berlin sind sie neu. "Wir sind in erster Linie hier, um zu lernen und uns zu verbessern", hatte Aito am Freitag in Barcelona gesagt: "Wir wissen, dass das manchmal schwierig wird." Wie schwierig es werden kann, hatten die Berliner zuvor zu spüren bekommen. Trotz eines guten Beginns unterlagen sie dem FC Barcelona noch deutlich, 84:103 (44:46). Bei der Partie war es zu einem bemerkenswerten Treffen gekommen: Die Trainer Aito und Svetislav Pesic sind mit 72 bzw. 70 Jahren die ältesten Übungsleiter in der Euroleague - und genießen zudem beim jeweiligen Gegner Legendenstatus. Aito hat die Basketballer des FC Barcelona erst groß gemacht und mit ihnen bis 2002 alles gewonnen bis auf den Euroleague-Titel; den holte sein Nachfolger Pesic ein Jahr später erstmals nach Katalonien. Pesic wiederum hat Alba in den Neunzigerjahren zur Nummer eins des deutschen Basketballs geformt. Nach diversen Zwischenstationen trafen die Altmeister nun zum ersten Mal in der Euroleague aufeinander. Dass Pesics Mannschaft den Vergleich gewann, ist nicht verwunderlich: Der FC Barcelona hat seiner Basketball-Abteilung einen Etat von rund 42 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um nach einem Jahrzehnt wieder mal die europäische Trophäe zu gewinnen. Dafür hat sie beispielsweise Nikola Mirotic, 28, und Malcolm Delaney, 30, aus der NBA geholt, der stärksten Liga der Welt. Die Berliner müssen mit weniger als einem Drittel dieses Etats zurechtkommen; sie hielten am Freitag unter anderem mit ihren Nachwuchsspielern Jonas Mattisseck, 19, und Malte Delow, 18, dagegen.

Die erste Reifeprüfung dieser Saison haben Berlins Basketballer trotzdem halbwegs bestanden am Wochenende. Der nächste Härtetest steht ihnen schon in zwei Wochen bevor: Da müssen sie am Freitagabend bei Real Madrid antreten und am Sonntag gegen Ratiopharm Ulm. Und das wird nicht ihr letzter aufregender Ausflug in dieser Saison.

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SZ vom 21.10.2019
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