Bayern-Basketballer im Pokal:"Wir haben das Spiel eigentlich zweimal verloren"

ratiopharm Ulm - FC Bayern München

Andrea Trinchieri haderte mit dem Spiel seiner Bayern - am Ende stand ein glücklicher Sieg gegen Ulm.

(Foto: Tobias Hase/dpa)

Zwei Verlängerungen und ein abgewiesener Protest: Das Halbfinale des FC Bayern gegen Ulm wird zum großen Drama - die Münchner zittern sich ins Endspiel, doch dort wartet an diesem Sonntag eine enorme Aufgabe.

Von Ralf Tögel

ratiopharm Ulm - FC Bayern München

Paul Zipser traf am Ende wichtige Würfe, jetzt geht es für die Bayern ins Pokal

(Foto: Tobias Hase/dpa)

Paul Zipser und Jalen Reynolds hatten es versprochen: Dieses Spiel gegen Ratiopharm Ulm werde ein ganz anderes werden als jenes der klaren 64:98-Niederlage zuletzt in der Basketball-Bundesliga (BBL). Was sich aus Sicht der beiden Spieler des FC Bayern München nicht darauf bezog, dass sie in besagter Partie gar nicht mitgewirkt hatten.

Es sollte vielmehr bedeuten, dass die Münchner Mannschaft ein anderes, ein besseres Gesicht zeigen werde, der Gegner solle sich mal lieber warm anziehen. Sie sollten Recht behalten: Das Pokal-Halbfinale war äußerst spannend und eng, verlief aber trotz des hauchdünnen 104:102-Erfolgs nach zweimaliger Verlängerung sicher nicht so, wie es sich Zipser und Reynolds vorgestellt hatten.

Die Bayern stehen nach dem Zittersieg gegen die erneut starken Ulmer im Finale des Top-Four-Pokalturniers und treffen am Sonntag (15 Uhr) auf Titelverteidiger Alba Berlin. Der deutsche Meister hatte beim 112:96-Sieg in seinem Halbfinale gegen die BG Göttingen weitaus weniger Probleme und muss allein wegen der gebotenen Leistung als Favorit gelten. Die Berliner, bei denen Johannes Thiemann (24), Payton Siva (18) und Luke Sikma (16) zweistellig trafen, dürften zudem weniger Kraft gelassen haben.

In der zweiten Halbzeit schwinden bei den Münchnern die Kräfte, dank Lucic zittern sie sich zweimal in die Verlängerung

Als Favorit hatten auch die Münchner das Spielfeld betreten, nachdem sie wie Kontrahent Ulm beim ersten anberaumten Pokal-Wochenende Mitte April unverrichteter Dinge wieder abreisen mussten. Weil es bei Göttingen positive Corona-Fälle gegeben hatte, war das Turnier kurzfristig verschoben worden. Im zweiten Anlauf zeigten die Bayern in eigener Halle schnell, dass sie die Kräfteverhältnisse gerade rücken wollten, nach einem anfänglichen Abtasten bestimmte der Favorit zusehends das Geschehen.

Die Bayern haben sich ihre Favoritenrolle mit einer herausragenden Euroleague-Saison hart erarbeitet, im bedeutendsten europäischen Wettbewerb hatten sie nur hauchdünn das Final-Four-Turnier verpasst. Die beiden letzten Niederlagen in der BBL - neben Ulm hatten die Münchner auch 77:91 in Ludwigsburg verloren - wurden von Trainer Andrea Trinchieri als Rehabilitationsmaßnahme verbucht, er hatte zahlreiche Schlüsselspielern geschont.

Diese waren nun wieder mit von der Partie, was sich aber nur in der ersten Halbzeit niederschlug. Zur Pause war der Vorsprung zweistellig (49:36 ), vor allem Vladimir Lucic, der auch mit 24 Punkten Topscorer war, Wade Baldwin (20) und Jalen Reynolds (15) hatten geliefert, was von ihnen erwartet worden war.

Genie und Wahnsinn: Wade Baldwin bringt mit einem Offensivfoul den Sieg in den Schlusssekunden noch in Gefahr

Nach dem Wechsel aber zeigte sich, warum die Schwaben zurecht als unangenehmer und starker Kontrahent eingestuft worden waren. Ulm war mit der Empfehlung von neun Siegen in Folge angereist, erhöhte die Intensität in der Defensive und arbeitete sich langsam heran.

"Das ist eine sehr gute Mannschaft, die muss man erst mal schlagen", sagte Bayern-Trainer Andrea Trinchieri und zeigte Nachsicht mit seinem Personal. Denn das ließ nach der Pause bedenklich nach: Mit dem ersten Wurf des starken Ulmer Spielmachers Troy Caupain (24 Punkte) im letzten Viertel gingen die Ulmer tatsächlich 71:69 in Führung. Fortan hechelten die Bayern einem Rückstand hinterher, den sie dank Lucic, der als Einziger stets die Übersicht behielt, auf 84:84 egalisierten.

"Wir haben das Spiel eigentlich zweimal verloren", gab Trinchieri hernach zu, denn erneut war es Lucic, der sein Team mit drei verwandelten Freiwürfen zum 91:91 in die zweite Overtime rettete. "Das war der Knackpunkt", befand der Bayern-Coach in seiner Analyse, in der er seine Mannschaft angesichts der so unterschiedlichen Leistungen in den beiden Halbzeiten mit Dr. Jekyll und Mister Hyde verglich.

In der zweiten Verlängerung verließen schließlich die Ulmer die Kräfte, der bis dahin so famos aufspielende Nationalspieler Andreas Obst (23) verfehlte zusehends sein Ziel, die Münchner zitterten den hauchdünnen Erfolg ins Ziel. In der Schlussphase zeigte sich einmal mehr, wie nahe sich beim Münchner Spielmacher Wade Baldwin Genie und Wahnsinn sind.

Der war neben seiner zweistelligen Punktausbeute mit schlimmen Fehlpässen und eigensinnigen Aktionen aufgefallen und brachte mit einem überflüssigen Offensivfoul in den Schlusssekunden den Erfolg nochmals in Gefahr - doch der letzte Wurf von Ulms John Petrucelli ging daneben. Weil das Kampfgericht es versäumte, Baldwin sofort vom Feld zu verbannen, legte Ulm Protest ein, der aber spätabends abgewiesen wurde.

So stehen die Münchner, die in ihrem 77. Pflichtspiel in den drei Wettbewerben neben dem Gegner auch mit ihren Kräften kämpften, am Sonntag im Finale. Die wichtigste Erkenntnis für Trinchieri klang daher so: "Es ist egal, ob wir müde sind. Wir haben eine sehr gute erste Halbzeit gespielt und in der zweiten unser schlechtes Gesicht gezeigt. Aber ich gehe mit dem Gefühl nach Hause, dass meine Mannschaft wieder einen Weg gefunden hat, nicht zu verlieren."

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