Basketball-Playoffs:Und jetzt: der deutsche Klassiker

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Am Limit: Mit letzten Kräften schleppt sich Alba Berlin um Kapitän Johannes Thiemann zum Sieg gegen Chemnitz – jetzt warten ausgeruhte Bayern. (Foto: Uwe Koch/HMB-Media/Imago)

Nach einem Kraftakt gegen Chemnitz treffen die Basketballer von Alba Berlin in den BBL-Finals nun auf die starken Bayern. Der Hauptstadtklub geht als Außenseiter in dieses ewige Duell – und sorgt sich wegen Verletzungen wichtiger Akteure.

Von Ralf Tögel

Natürlich war es Johannes Thiemann in diesem Moment einerlei, dass man im Finale auf den FC Bayern München trifft. Das sei ihm egal, sagte der Berliner Kapitän mit Schweißperlen auf der Stirn ins Mikrofon des Streamingdienstes Dyn. Dann sollte er noch einen kleinen Einblick in seine Zukunft geben, sein Vertrag läuft bekanntermaßen aus. Die wenig überraschende Antwort: Auch damit habe er sich gerade nicht befasst.

Vielmehr sah man Thiemann an, dass nach dem bravourösen 97:84-Erfolg von Alba Berlin gegen die Niners Chemnitz – in der fünften Partie der Best-of-five-Halbfinalserie – Schmerzen in seinem Kopf hämmerten. Der Center hatte sich trotz anhaltender Probleme an der Patellasehne über das Spielfeld geschleppt, war mit 14 Punkten einer der Garanten des Sieges. Bei Alba ist der Weltmeister der Führungsspieler, er stellt sich bedingungslos in den Dienst der Mannschaft, geht immer voran, ist unersetzlich. Die große Frage also ist: Wie will Berlin seinen Kapitän bis Samstagabend wieder fit bekommen?

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Dann wartet in München die Übermannschaft der Saison: Der FC Bayern hat sich in seiner Halbfinalserie mit einem Sweep (3:0 Siege) gegen starke Würzburger durchgesetzt. Eine spielfreie Woche war der Lohn – und Vorfreude auf das Finale: „Es ist immer wieder schön, den sogenannten deutschen Klassiker im Finale zu sehen“, sagte Bayerns Weltmeister Andreas Obst.

Matt Thomas ist gegen Chemnitz heiß gelaufen, Bayern-Trainer Pablo Laso hat das genau registriert

Zumal der FC Bayern mit zwei Partien in eigener Halle beginnen (Samstag und Montag, jeweils 20.30 Uhr) darf – neben dem besser besetzten Kader ein weiterer Vorteil. Aber eine solche Serie wie die der Berliner gegen Chemnitz kann Kräfte freisetzen, ein Team in einen Flow bringen. Ihre beeindruckende Mentalität haben die Hauptstädter mehrmals unter Beweis gestellt, schon im vierten Halbfinale drohte das vorzeitige Aus, aber Alba gewann in Chemnitz 96:85 und glich zum 2:2 aus. Auch das Spiel am Donnerstagabend war offen, wieder duellierten sich zwei abwehrstarke Teams mit enormer Intensität. Lange gaben die physisch starken Chemnitzer den Ton an, waren zweistellig enteilt, führten zur Halbzeit (53:48) und lagen auch fünf Minuten vor dem Ende vorn (80:78).

Vor allem Jeff Garrett und Kevin Yebo, die beide 16 Punkte erzielten, überzeugten. Den Sachsen bleibt nach dem Halbfinal-Aus immerhin der Titel im Fiba Europe Cup, der größte Erfolg in der Vereinshistorie. Der gleichzeitig die Gefahr birgt, dass die besten Spieler abgeworben werden, was im Übrigen dem zweiten Überraschungshalbfinalisten Würzburg bereits passiert ist: In Otis Livingston II wird sich der wertvollste Spieler der Saison verabschieden, auch Collin Welp wird die Unterfranken verlassen.

Die Berliner trotzten einmal mehr allen Widrigkeiten – und davon gibt es einige in dieser Saison. Vor dem Spiel hatte sich Martin Hermannsson verletzt verabschiedet. Weil auch für ihn wie schon vorher für die Kollegen Matteo Spagnolo und Ziga Samar die Saison beendet ist, bleibt für die Spielmacherposition nur noch Eigengewächs Jonas Mattisseck. „Es ist keine leichte Situation für uns“, erklärte Thiemann, „die Saison ist lang, wir haben viele Verletzte, es war schwer gegen einen Gegner mit so viel Energie und Physis. Aber wir wollten es einfach alle sehr.“ Vor allem Matt Thomas wollte, der Distanzschütze traf auch schwierigste Würfe, war mit 24 Punkten bester Schütze des Abends und brachte in der Schlussphase den Umschwung. Sterling Brown, der wuchtige Flügelspieler, tankte sich in schwierigen Phasen immer wieder durch, brachte Entlastung und sammelte 16 Punkte. Und dann war da noch Malte Delow, der Berliner Jung’: Der 23-Jährige hat bei Alba alle Jugendstationen durchlaufen und war in brenzligen Situationen und mit 17 Punkten zur Stelle.

All das haben sie in München interessiert zur Kenntnis genommen. Bayern-Trainer Pablo Laso weiß, dass K.o.-Spiele ihre eigenen Gesetze haben. „Sie haben einige Spieler, die heiß laufen können, wie im fünften Spiel Matt Thomas. Das müssen wir verhindern. Berlin ist eine Mannschaft, die mit viel Herz spielt.“

Und Johannes Thiemann? Erst mal ausruhen, sagte der Kapitän, zu Kräften kommen – und dann in München angreifen.

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