Titelkampf im Basketball:Kraftlos, einfallslos, planlos

Lesezeit: 3 Min.

Spektakulär, aber oft zu fehlerhaft: Bayern-Guard Carsen Edwards. (Foto: Oryk Haist/Imago)

Der FC Bayern verliert überraschend das zweite Finalspiel gegen ersatzgeschwächte Berliner mit 70:79. Alba kann nun in eigener Halle Meister werden – die Münchner haben trotzdem wenig Grund zu Panik.

Von Ralf Tögel, München

Der letzte Wurf von Carsen Edwards stand stellvertretend für die Leistung der Basketballer des FC Bayern: Der Topscorer stieg aus stattlicher Distanz zum Dreierwurf hoch, drückte ab – und traf nicht einmal den Korb, ein sogenannter Airball.

Es war der Endpunkt einer schmachvollen 70:79-Heimniederlage gegen Alba Berlin im Finale um die deutsche Meisterschaft, die in einer Best-of-five Serie ausgespielt wird. Die Bayern sind der klare Favorit, haben den wohl besten Kader ihrer Geschichte beisammen und die beiden bisherigen Heimspiele in der Euroleague und Bundesliga gegen die Berliner jeweils deutlich gewonnen. Trotzdem nimmt Alba nun den Heimvorteil mit nach Hause, wo die nächsten beiden Partien in der Uber Arena stattfinden (Mittwoch, 20.30 Uhr und Freitag 18 Uhr). Wer dreimal gewinnt, ist Meister – Alba kann also in eigener Halle eine bisher mäßige Saison retten und den großen Rivalen, der in dieser Spielzeit zum Siegen eingeteilt zu sein schien, auf den letzten Metern zum Double düpieren.

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Die Münchner haben dennoch wenig Grund, in Panik zu verfallen: Von den vergangenen 16 Partien in der Hauptstadt gingen zehn an den FC Bayern. Trotzdem liegen bei Geschäftsführer Marko Pesic offenbar die Nerven blank, noch eine Stunde nach Spielende diskutierte er hitzig mit den Schiedsrichterbeobachtern. Auch wenn er sich nicht äußern wollte, war klar, worum es ging: Pesic hatte sein Team von den Referees benachteiligt gesehen, den Münchnern waren in der intensiven Partie zehn Fouls mehr aufgebrummt worden (25:15) – die Niederlage hatten sie sich aber selbst zuzuschreiben.

Trainer Pablo Laso, der sonst gerne plaudert, knapp kommentierte: „Bis zur Halbzeit haben wir 17 Punkte aus offensiven Rebounds bekommen und dann unsere Angriffe nicht gut ausgeführt.“ Nur im ersten Viertel hielt sich sein Personal an den Matchplan: Die wuchtigen Serge Ibaka und Devin Booker fischten die Rebounds unter den Körben weg, Edwards sammelte Punkte, das Spiel lief flüssig, die Bayern führten 18:5. Doch just als sich eine langweilige Angelegenheit anbahnte, agierte der Favorit aus heiterem Himmel fehlerhaft: Bälle wurden verschusselt, Pässe flogen zum Gegner, nun holten die Berliner die Rebounds und der NBA-erfahrene Sterling Brown sammelte die Punkte (17). Berlin gewann das zweite Viertel mit 20:6 und hatte die Partie zur Pause (39:32) gedreht.

Carson Edwards verzettelt sich oft in Einzelaktionen

Und was den Bayern nach ähnlichem Spielverlauf beim 79:67 vor zwei Tagen noch gelang, als sie die Intensität erhöhten und den Gegner im letzten Viertel bei fünf (!) Punkten hielten, war diesmal außer Reichweite. Die Berliner hatten Vorteile unter dem Korb, verteidigten giftiger und trafen besser – Alba war das bessere Team. Vor allem Distanzschütze Matt Thomas (21) war nicht mehr zu bremsen, wovor FCB-Coach Laso explizit gewarnt hatte: „Wir müssen verhindern, dass er heiß läuft.“

Sein Team hatte wenig entgegenzusetzen, Weltmeister Andreas Obst blieb gar ohne Punkt. Edwards war mit 17 Punkten bester Münchner, doch der US-Guard verzettelte sich oft in Einzelaktionen. Es ist zwar sehenswert, wenn der NBA-erfahrene Guard unter dem Korb hindurchfliegt, den Ball von einer Hand in die andere legt und diesen in den Korb dreht. Allerdings war der 26-Jährige auch mit Fehlwürfen und Ballverlusten auffällig. „Carsen ist eine Scoring-Maschine“, hatte Laso vor der Saison gelobt. Doch wenn diese einmal angeschmissen wird, ist sie nicht mehr zu stoppen. Dann nimmt der Angreifer mit den markanten O-Beinen einen Wurf nach dem anderen oder zieht zum Korb, dann will er es erzwingen. Es sei ein Prozess, ihm beizubringen, dass es oft besser ist, den Mitspieler zu suchen und das Tempo zu dosieren, sagte Laso zuletzt und betonte: Edwards sei auf einem guten Weg. Die Partie am Montag war jedoch ein Rückfall.

Die Berliner überlassen den Münchnern gerne die Favoritenrolle

Berlins Sportdirektor Himar Ojeda gab die Favoritenrolle dennoch gerne ab, mit Verweis auf die Stärke der Bayern in der Arena am Ostbahnhof. Zudem muss Alba weiterhin eine Handvoll Stammkräfte ersetzen. Kapitän Thiemann fehlte im ersten Spiel wegen Schmerzen im Knie, ging am Montag angeschlagen aufs Feld. Die Bayern reisen indes in Bestbesetzung in die Hauptstadt. Nick Weiler-Babb (11 Punkte) war zuletzt einer der Besten, auch Spielmacher Sylvain Francisco ist wieder fit, auch wenn er auf der Bank schmorte: „Trainerentscheidung“, sagte er knapp.

Er fühle sich jedenfalls fit, dem Team zu helfen: „Wir waren nicht hungrig genug.“ In der Tat wirkte das Spiel der Münchner in der zweiten Halbzeit kraftlos, einfallslos, planlos. Die besseren Spieler, die im Münchner Kader stehen, müssten nicht zwangsläufig den Sieg bringen, sagte Francisco: „Wer besser verteidigt, wer die Rebounds holt und die wichtigen Würfe trifft, wird vorn sein. Es gewinnt immer das bessere Team.“

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