Deutsche Basketballer:Schnell verfliegt der Zauber des Dabeiseins

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Maodo Lo zeigte eine grandiose Leistung gegen und sammelte als bester Schütze 24 Punkte gegen die Italiener, aber es reichte nicht. (Foto: Eric Gay/AP)

Drei Viertel dominiert und stark gespielt, dann ging plötzlich nichts mehr: Deutschlands Basketballer sind nach der Auftaktniederlage gegen Italien frustriert - das Viertelfinale ist aber noch möglich.

Von Thomas Hahn, Saitama

Gründe wären interessant gewesen. Aber Maodo Lo wusste keine. Der Berliner Point Guard stand vor dieser 82:92-Niederlage, die er sich gerade mit den anderen deutschen Basketballern gegen Italien eingefangen hatte, wie vor einer japanischen Schriftzeichenwand. Er verstand in den ersten Minuten nach dem Spiel in der Super-Arena von Saitama erstmal so gut wie gar nichts, denn eigentlich hatten sie doch drei Viertel lang geführt. Gut gespielt. Stärke gezeigt.

Das letzte Viertel geht mit 10:24 verloren, der Schlüssel zum Sieg der Italiener

Aber dann kam das letzte Viertel und bald ging nichts mehr, kein Wurf fand das Ziel, die Deutschen kamen nicht mehr richtig zum Korb. "Ich weiß nicht, woran es lag." Maodo Lo wirkte irritiert und traurig. "Mit zehn verloren ... was gar nicht aussagekräftig ist ..." Diese Niederlage tat weh. "Wir hätten das Spiel gewinnen sollen", sagte Maodo Lo, "ich bin sehr frustriert."

So schnell verfliegt der Zauber des Dabeiseins. Denn blöd zu verlieren, fühlt sich auch schlecht an, wenn man sich als Mannschaft gerade einen Traum erfüllt hat. Deutsche Basketballer sind nicht oft bei Olympia. Als der Auswahl von Bundestrainer Henrik Rödl Anfang Juli in Split mit einem Sieg über Brasilien die erste Qualifikation seit 13 Jahren gelang, war das einer der größten Erfolge des Deutschen Basketball-Bundes (DBB). Die Freude war ausgelassen, Spieler und Trainer wirkten in manchen Momenten sogar etwas ungläubig.

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Aber jetzt hat das Abenteuer begonnen. Die Mannschaft darf nicht mehr staunen über die eigene Errungenschaft, sondern muss die Chance nutzen, die sich daraus ergibt. Das Viertelfinale in diesem Zwölferturnier ist ein realistisches Ziel, und zwar nicht nur weil in den drei Dreier-Gruppen auch die zwei besten Dritten weiterkommen.

Wer in der Qualifikation Russland, Kroatien und Brasilien geschlagen hat, darf sich auch gegen Italien und die anderen Gruppengegner Nigeria und Australien Chancen ausrechnen. Und mit diesem Selbstbewusstsein traten die Deutschen am Sonntag bei ihrem Auftaktspiel gegen Italien auch an. Zumindest zunächst.

Deutschland kann was im Basketball. Man ist keine Großmacht der Korbjagd, aber wenn Talent und Teamgeist sich treffen, haben auch deutsche Mannschaften schon wertvolle Erfolge erzielen können. Bundestrainer Rödl kann seinen Leuten davon erzählen. In seinen 178 Länderspielen wurde er 1993 Europameister und 2002 WM-Dritter.

Bei letzterem Erfolg führte der spätere NBA-Champion Dirk Nowitzki ein schlagkräftiges Kollektiv und war auch sechs Jahre später beim nächsten Höhepunkt des deutschen Basketballs dabei: Qualifikation für Olympia in Peking 2008. Dort wurde damals in zwei Sechser-Gruppen gespielt. Deutschland wurde Fünfter und schied aus.

Die nächste Chance bei den Tokio-Spielen kann höher hinausführen. Allerdings muss man seine Spiele dann auch zu Ende spielen. Und das hat gegen Italien nicht geklappt.

Die Deutschen waren lange das bessere Team. Sie hatten kleine unnötige Krisen, aber setzten sich letztlich doch immer wieder ab mit den richtigen Spielzügen im richtigen Moment. Gegen Italiens große Verteidigung fanden viele Drei-Punkte-Würfe ihr Ziel, vor allem von Maodo Lo und anfangs von Andreas Obst. Phasenweise wirkte es, als könnten die Deutschen die Italiener mit ihren eigenen Waffen schlagen, denn deren Qualität bei Distanzwürfen ist bekannt. Außerdem wirkte das deutsche Spiel kreativer, aufregender. Allerdings auch anfälliger für Fehler. Das war das Problem.

Ein Sieg gegen Nigeria wäre wichtig, dort stehen aber acht NBA-Profis im Team

"Im Spiel bleiben, anfangen Würfe zu setzen, das war der Schlüssel", sagte Italiens Small Forward Simone Fonteccio. Es klang, als sei es für ihn und seine Kollegen nur darum gegangen, darauf zu warten, bis die Deutschen nicht mehr treffen. Die Taktik ging auf. Beim Stand von 82:80 stellten Fonteccio und Nicolo Melli mit zwei Dreiern auf 86:82. "Dann sind wir zusammengebrochen", sagte Maodo Lo.

In der Statistik stand später, Italien habe 16 Punkte nach Ballgewinnen erzielt, Deutschland nur zwei. Das DBB-Team leistete sich zu viele Fehler. Alles, was es sich aufgebaut hatte, warf es selbst wieder um. Henrik Rödl fand die Niederlage deshalb nicht sehr rätselhaft. "Wir hatten einige einfache Ballverluste, die zu leichten Körben geführt haben", sagte er, "leichte Körbe führen zu leichten Siegen."

Die Italiener haben sich auch erst vor drei Wochen für Olympia qualifiziert und dabei Gastgeber Serbien im Qualifikationsturnier in Belgrad bezwungen. Sie sind auch ein Team mit gutem Geist und dazu höchst professionell, für die Spiele in Japan sind zudem noch weitere Akteure aus der amerikanischen Profiliga NBA hinzugekommen. Fehler nutzen sie dankend aus.

Nigeria ist am Mittwoch der nächste deutsche Gegner. Team Nigeria ist mit acht NBA-Spielern besetzt und will endlich mal die Gruppenphase überstehen. Schwieriger Gegner. Aber möglicherweise nicht zu schwierig. Die deutschen Basketballer müssen nur begreifen: Diese Olympia-Teilnahme ist kein Traum.

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