Süddeutsche Zeitung

Basketball:Ob er will oder nicht

Die Los Angeles Lakers planen, ihre Meistermannschaft mit dem Spielmacher Dennis Schröder zu verstärken. Fürs Nationalteam ist das keine gute Nachricht.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Dennis Schröder wird zu den Los Angeles Lakers wechseln, und zwar, ob er will oder nicht. Der deutsche Basketball-Nationalspieler hatte in der vorigen Woche bei einem Gespräch mit dem Bezahlsender Magentasport zwar gesagt, dass er keine große Lust habe, nach Los Angeles umzuziehen, allerdings steckt in dem geplanten Tauschgeschäft zwischen den Lakers und Schröders aktuellem Klub Oklahoma City Thunder zum einen fast alles, was man über Transfers in der nordamerikanischen Profiliga NBA wissen muss. Zum anderen dürfte der Wechsel das Beste sein, was Schröder in der Saisonpause passieren konnte.

Der Plan: Thunder schickt Dennis Schröder nach Los Angeles und damit seinen Vertrag, der noch eine Spielzeit läuft und mit 15,5 Millionen Dollar dotiert ist. Die Lakers geben dafür ihr Erstrundenwahlrecht bei der Talentbörse an diesem Mittwoch ab (sie hätten an 28. Stelle wählen dürfen), und weil sie das schon im vorigen Jahr beim Wechsel von Anthony Davis aus New Orleans so gemacht haben, aber laut Tarifvertrag nicht zweimal nacheinander tun dürfen, ohne einen Akteur abzugeben, legten sie den Flügelspieler Danny Green und dessen 15,4 Millionen Jahresgage drauf.

Oklahoma City dürfte kein großes Interesse an Green haben und ihn deshalb in der seit Montag laufenden Transferperiode weitertauschen, gegen andere Profis oder mehr Wahloptionen bei der Talentbörse. So läuft das bei Spielern, die keine Klausel im Vertrag haben, mit der sie einem Transfer widersprechen können. Und deshalb wird Schröder in der kommenden Saison für das Team auflaufen, das in der Bubble von Florida gerade den Titel gewonnen hat - ob er will oder nicht.

Schröder, 27, sollte sich dennoch nicht grämen, zumal Lakers-Legende Magic Johnson eine Botschaft per Twitter an die Fans geschickt hat: "Manager Rob Pelinka ist ein ausgezeichneter Transfer gelungen. Leute, dieser Tausch bringt uns in Position, den Titel zu verteidigen." Was den Lakers bislang fehlte, war ja ein Spielmacher, der das Spielmachen übernahm, wenn der überragende Flügelspieler LeBron James eine Verschnaufpause auf der Ersatzbank brauchte; und der sich gleichzeitig, wenn James auf dem Parkett war, geduldig freilief und zuverlässig von der Drei-Punkte-Linie traf. Es fehlte also einer wie Schröder.

Der wollte gerne wieder in der Startformation stehen, auch das hat er zuletzt gesagt. In der vorigen Saison kam er meist von der Bank und wurde auch wegen überzeugender Statistiken (18,9 Punkte, vier Vorlagen und 3,6 Rebounds pro Spiel) zum zweitbesten Einwechselspieler gewählt. Nun wird erwartet, dass die Lakers die bisherigen Spielgestalter Avery Bradley und Rajon Rondo nach Ablauf ihrer Verträge ziehen lassen und Schröder zum Stammspieler machen. Der Braunschweiger würde auch gern um den Titel spielen, das dürfte bei den Lakers ebenfalls möglich sein.

Ob Schröder will oder nicht: Der Wechsel ergibt Sinn. Er war schon zu Beginn seiner Karriere ein flinker und bissiger Verteidiger, zuletzt kamen taktisches Verständnis und Gespür für die Situation dazu, die Schröder zu einem der besseren Defensivspieler der Liga auf seiner Position machen. Er hat seinen Wurf von jenseits der Drei-Punkte-Linie erheblich verbessert, vor allem das sogenannte Catch-and-Shoot: Dabei drückt man sofort nach dem Pass eines Mitspielers ab. Gerade im Zusammenspiel mit James, der gerne zum Korb stürmt und dann ablegt nach draußen, dürfte das Schröder viele Gelegenheiten bescheren. Er kann fast alleine jene Aufgaben übernehmen, die sich Rondo und Green bislang geteilt haben.

Was Schröder zudem optimistisch stimmen sollte: Die Lakers haben mit Green samt dem Wahlrecht ihre besten Optionen für Tauschgeschäfte aufgegeben und damit bereits vor Beginn der Transferperiode die Richtung vorgegeben, in die sie gehen wollen. Sie haben die Superstars James und Davis, dazu kommt nun Schröder. Aufgrund der Feinheiten im Tarifvertrag haben sie etwas Spielraum beim Gesamtgehalt bekommen und dürften in der Lage sein, einen erfahrenen Flügelspieler wie Marc Gasol, Danilo Gallinari oder Jae Crowder zu holen. Der Kader der Lakers dürfte besser sein als der in der Meistersaison.

Ein weiterer Vorteil für Schröder: Er kann sich nach seiner starken Spielzeit in Oklahoma City nun beim Meister beweisen, vielleicht zum ersten Mal in seiner Karriere den Titel gewinnen und sich dann für einen gut dotierten Vertrag in der nächsten Sommerpause empfehlen. Die wird aufgrund des späten Saisonstarts am 22. Dezember wohl erst Mitte Juli beginnen, was wegen der Titelchancen der Lakers eine schlechte Nachricht für den deutschen Verband ist: Die Nationalmannschaft möchte sich für Olympia in Tokio qualifizieren, das Turnier dazu findet vom 22. Juni bis 4. Juli statt. Das dürfte Schröder verpassen.

Von dem war immer zu hören, dass er gern für die Milwaukee Bucks gespielt hätte und damit für den Trainer Mike Bodenholzer, der ihn 2013 zu den Atlanta Hawks in die NBA geholt und gefördert hatte. Die Bucks sollen interessiert gewesen sein, doch offenbar war das Angebot der Lakers attraktiver für Oklahoma City. Schröder sollte sich dennoch freuen: Er hat nun eine Saison als Stammspieler bei einem der besten Teams der NBA in Aussicht, und nach Ablauf seines Vertrages darf er selbst darüber entscheiden, ob ihm das gefallen hat. Er kann dann tun, was immer er will.

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SZ vom 17.11.2020
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