NBA-Playoffs:Giganten im kleinen Rahmen

NBA: Finals-Cleveland Cavaliers at Golden State Warriors

Rivalen im Clinch: Steph Curry (rechts) und LeBron James im Finalduell 2018, das Currys Warriors gegen Cleveland gewannen.

(Foto: Kyle Terada/USA Today/Reuters)

Los Angeles Lakers gegen Golden State Warriors, LeBron James gegen Steph Curry: Das Dauerduell der besten Spieler der NBA steigt schon in der Qualifikation zu den Playoffs - das finden nicht alle gut.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es ist einer dieser Sätze, die die Arena zum Johlen bringen sollen. Die Los Angeles Lakers hatten im letzten Heimspiel der regulären Saison vorigen Mittwoch das Meisterbanner für die letzte Spielzeit unters Hallendach gezogen, und LeBron James sollte ein paar Worte ans Volk richten. Er sagte, was Fans in so einem Moment hören wollen, das Schlusswort lautete: "Und jetzt lasst uns versuchen, den Titel zu verteidigen!" Gejubelt wurde wie erwartet. Und die neutralen Beobachter waren nur verblüfft, als James den Satz in den Katakomben wiederholte und dabei so ernst schaute, als ginge es ums Wohlergehen seiner Kinder: "Wir wollen den Titel verteidigen!"

Denn: Erst einmal müssen sich die Lakers für die Playoffs qualifizieren. Die zehnbeste Bilanz (42:30) reichte für Platz sieben in der Western Conference, und die Regeln der Basketballliga NBA besagen in dieser Saison: Sieben spielt gegen Acht um Platz sieben der Setzliste, der Verlierer kämpft zwei Tage später gegen den Gewinner der Partie Neun gegen Zehn um den verbliebenen Playoff-Platz.

Eine Qualifikation vor den Playoff? Das sei völliger Blödsinn, da sind sich fast alle einig. Und doch führt dieser Modus nun zum wohl spannungsreichsten Duell der letzten Jahre, bei dem es nicht um einen Titel geht. Mittwochabend, beste Sendezeit: Los Angeles Lakers gegen Golden State Warriors. Und das heißt: LeBron James, 36, gegen Steph Curry, 33.

Diese beiden Klubs, diese beiden Spieler haben ihren Sport im vergangenen Jahrzehnt geprägt: Die Lakers gewannen zwei Titel (2010, 2020), die Warriors drei (2015, '17, '18). Curry erreichte mit den Warriors, denen er seit Karrierebeginn 2009 treu ist, fünf Mal nacheinander die Finalserie. In der Saison 2015/16 verbuchten sie 73 Siege, ein Rekord in der NBA-Geschichte (73), Curry wurde damals ohne Gegenstimme zum wertvollsten Spieler einer Saison gewählt, auch das bis dahin ohne Beispiel. James erreichte mit seinen Vereinen acht Mal nacheinander und insgesamt neun Mal die Finals, er triumphierte zwei Mal mit Miami Heat (2012, '13) sowie je ein Mal mit den Cleveland Cavaliers (2016) und den Lakers vor Jahresfrist.

Ein Duell LeBron James gegen Steph Curry um die Teilnahme an den Playoffs ist in etwa so ähnlich, als würden sich Lionel Messi und Cristiano Ronaldo um den Zugang zur Champions League streiten. Die Folge ist, dass all jene, die von diesem Play-In-Format überhaupt nichts halten, plötzlich unfassbar aufgeregt sind und jene loben, die es eingeführt haben. Dagegen bekundete James vor einigen Wochen, dass die Formatmacher gefeuert werden müssten.

"Es ist erstaunlich, wie häufig sich unsere Pfade gekreuzt haben und wie unsere Laufbahnen miteinander verknüpft sind", sagt James derweil über Curry. Vier Mal sind sich die Rivalen in der Finalserie begegnet, jeweils Warriors gegen Cavaliers, drei Mal hat Curry gewonnen. "Mein Respekt für ihn könnte größer nicht sein", erklärt James nun: "Für mich ist er der wertvollste Spieler dieser Saison. Er hat sein Team allein in diese Position gebracht." Allerdings sagt James so etwas auch deshalb, weil er selbst lange durch eine Knöchelverletzung gehandicapt war.

Lakers mit besserem Start, dann kamen Rückschläge

Die Lakers verfügen über das, was in den USA ein "Championship Roster" genannt wird: zwei Superstars (James und Anthony Davis), einen Ballverteiler auf Augenhöhe (den Deutschen Dennis Schröder) sowie eine Mischung aus Veteranen wie Marc Gasol oder Andre Drummond und jungen Akteuren wie Kyle Kuzma und Montrezl Harrell. Puzzlestücke, aus denen ein Bild mit Trophäe entsteht.

Nur: Nach rasantem Saisonstart fielen James und Davis wochenlang verletzt aus, Schröder fehlte wegen eines Corona-Falls im Umfeld; die Lakers stürzten in ein Loch. Der zurückgekehrte Davis spielt nicht konstant, Schröder fehlt Spielpraxis, James verdrehte sich beim letzten Spiel der regulären Saison erneut den Knöchel, sollte aber am Mittwoch dabei sein.

Bei den Warriors ergibt sich ein gegenteiliges Bild: Nach der erneut schlimmen Verletzung von Klay Thompson (erst erst Kreuzband-, dann Achillessehnenriss) waren die Prognosen schlecht, doch in den vergangenen Wochen fand dieses Team zusammen. Oder eher: Es fand Curry, und der trifft. 37,2 Punkte pro Partie in den letzten fünf Saisonspielen, am Sonntag gegen Memphis versenkte er 46 Punkte im Korb. Er ist eine Ein-Mann-Punkte-Maschine, zu der sich die Ein-Mann-Naturgewalt Draymond Greene (sieben Punkte, 8,9 Zuspiele und 7,1 Rebounds) und interessante junge Leute wie Flügelspieler Kelly Oubre gesellen.

"Ich bin stolz darauf, dass wir in dieser schwierigen Saison in der Position sind, die Playoffs zu schaffen", sagt Curry: "Wir haben viel Arbeit vor uns, aber es läuft gerade gut." Das ist ja der Reiz der Rivalität: Die Lakers haben den besseren Kader, aber was, wenn Curry heiß läuft? Das ist dann doch, bei aller Geschäftemacherei, das Faszinierende am Profisport: Die Besten einer Disziplin treten an zum Duell, keiner weiß vorher, wie es ausgehen wird. James jedoch wagt eine Prognose: "Diese Saison ist nur dann ein Erfolg, wenn wir am Ende noch ein Banner aufhängen."

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