Süddeutsche Zeitung

Basketball:Rosige Zukunft in Gelb-lila

Dennis Schröder hat den gründlich misslungenen Saisonstart der LA Lakers verletzt verpasst. Nun soll der Deutsche Besserung bringen, zwei Siege in zwei Spielen lassen hoffen.

Von Ralf Tögel

Der Basketball-Profi Dennis Schröder darf für sich etwas in Anspruch nehmen, was seiner Mannschaft verwehrt bleibt: einen gelungenen Saisonstart. Dem Daumen sei Dank. Zweimal ist der Point Guard bislang aufgelaufen, zweimal haben die Lakers gewonnen. Die ersten 13 Partien hatte Schröder wegen einer Daumen-Verletzung inklusive OP verpasst, er kann folglich nicht für die miserable Startbilanz von 3:10 Siegen herangezogen werden, mit ihm haben die Lakers zuletzt wieder besser ausgesehen. Und das, obwohl ihr Topspieler LeBron James wegen einer Adduktorenverletzung von der Bank aus zusehen musste.

Dennoch bleibt LA Drittletzter der Western Conference, nur die San Antonio Spurs und die Houston Rockets sind noch schlechter. Der Kampf um die Meisterschaft? Kein Thema, erst mal geht es darum, die Playoff-Plätze nicht aus den Augen zu verlieren. Zumal schon in den beiden vergangenen Spielzeiten der Traditionsklub seinem Kaliber und seinen Ansprüchen so gar nicht gerecht wurde. Nach der Meisterschaft 2020, der 17. in der ruhmreichen Klub-Geschichte, die die Lakers zusammen mit den Boston Celtics zum Rekordmeister machte, ist das Team von der Rolle. Vor einem Jahr war in der ersten Playoff-Runde Schluss, in der vergangenen Saison sogar nach der Hauptrunde. Was eine hohe Fluktuation an Spielern zur Folge hatte, vor dieser Saison wurde zudem Meistercoach Frank Vogel entlassen.

Der neue Trainer kennt Schröder aus gemeinsamen Zeiten in Atlanta, er fand dessen Leistungen bei der EM "unfassbar"

An seiner Stelle soll Darvin Ham das Team in seinen weltbekannten gelb-lila-farbenen Trikots wieder auf Erfolgskurs bringen, was zunächst in die Hose gegangen war. Nun soll Schröder Stabilität bringen. Der Chefcoach und der Spieler kennen sich aus gemeinsamen Zeiten bei den Atlanta Hawks, wo Ham als Co-Trainer den Aufstieg des jungen Spielmachers, der aus dem fernen Braunschweig nach Übersee wechselte, begleitet hat.

Beim Debüt nach der langen Verletzungspause schickte Ham den 29-jährigen Guard knapp 15 Minuten aufs Parkett, Schröder blieb offensiv weitgehend unauffällig und erzielte zwei Zähler. Gegen die Spurs zwei Tage später sammelte er schon 13 Punkte in knapp 23 Minuten, setzte Akzente, der deutliche Aufwärtstrend war unübersehbar. Zumal der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft ein effektiver Abwehrspieler ist, für die Show im Team sind andere zuständig: Neben James sind das Center Anthony Davis oder Russel Westbrook, doch der Spielmacher konnte wie in der Vorsaison bislang kaum überzeugen.

Trotzdem formulierte Schröder, der sich selten übermäßiger Bescheidenheit verdächtig macht, schon nach seiner zweiten Partie forsche Ziele: "Wir wollen natürlich was Großes schaffen hier, der Coach weiß auch, dass er mich dafür braucht." Natürlich würden auch Davis, James und Westbrook für bessere Zeiten benötigt, gab der 29-Jährige der Deutschen Presse-Agentur zu Protokoll. "Wenn man in der NBA spielt, dann will man natürlich einen Ring holen. Das ist mein Ziel dieses Jahr."

Freilich darf sich Schröder nach den Leistungen der jüngeren Vergangenheit dieses Selbstbewusstsein auch erlauben. Bei der Heim-EM hatte er neben seiner individuellen Klasse auf und neben dem Feld Führungsqualitäten gezeigt, die ihm nach seiner eher verkorksten Saison vor einem Jahr im Lakers-Dress nun ein neuerliches Engagement einbrachten. Bei der EM in der Heimat hielt Schröder dem Druck stand, erfüllte die hohen Erwartungen und führte Deutschland zu Bronze. Was seinem neuen Trainer nicht entgangen war, Ham attestierte ihm "Leistungen, die nicht weniger als unfassbar" waren.

Vielleicht geht Schröder ja auch nach Europa, mal sehen. Jetzt denkt er von Tag zu Tag

Vor allem die bislang miserablen Wurfquoten der Guards sollen sich mit Schröder auf dem Spielfeld verbessern. Neben seiner starken Abwehrarbeit versteht er es, ein Spiel zu lenken und ihm Tempo zu geben, zudem ist er ein verlässlicher Scorer. Und im Eins-gegen-eins-Spiel ist er nach wie vor schwer zu halten. Was ihm durchaus bewusst ist: "Jeder weiß, wofür ich stehe. Da muss ich gar nichts, nix, null beweisen. Jeder, der hier gegen mich spielt, weiß, wer ich bin", befand er nach seiner ansprechenden Leistung im Spiel gegen die Spurs, er werde fortan zeigen "wofür ich stehe und was ich bringe".

Sein Vertrag in der Stadt der Engel läuft nur bis Saisonende, derzeit spricht vieles für den 29-Jährigen. Das erste Engagement vor einem Jahr war bekanntlich nicht verlängert worden, er ging zu den Boston Celtics, die ihn per Tauschgeschäft an die Houston Rockets abgaben. Schröder habe damals ein Vierjahresangebot über 84 Millionen Dollar ausgeschlagen, hatte der US-Sender ESPN berichtet. Der Nationalspieler hat dieser Version nach langem Schweigen widersprochen, der Klub hat sich nicht geäußert. Alles vergessen, sagt Schröder nun, fortan kann er Argumente für eine rosige Zukunft in Gelb-lila sammeln.

Worüber er sich aber keine großen Gedanken mache, wie er noch sagte: "Ich weiß selber noch nicht, wie lange ich hier noch spielen werde. Ich habe immer gesagt, bis 35." Aber er könne sich auch eine Zukunft "in Europa" vorstellen, "vielleicht spiele ich in meinem eigenen Verein" - Schröder ist alleiniger Anteilseigner des Bundesligisten Löwen Braunschweig. Er will sich alles offen halten, er denkt von Tag zu Tag.

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