Basketball:Der Weltmeistertrainer hört auf

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Gordon Herbert war der Architekt der Erfolge der deutschen Basketballer, als Lohn gab's den WM-Pokal in Manila. (Foto: Tilo Wiedensohler/Camera4+/Imago)

Bundestrainer Gordon Herbert wird nach den Olympischen Spielen im Einvernehmen mit dem Deutschen Basketball Bund vorzeitig seinen Vertrag auflösen. Der Kanadier will wieder Vereinstrainer sein, es gibt Angebote aus der Bundesliga und aus Asien.

Von Ralf Tögel

Auf Armin Andres wird in den kommenden Wochen viel Arbeit zukommen - und das hat nicht nur mit den Olympischen Spielen zu tun. Andres ist als Vizepräsident des Deutschen Basketball Bundes (DBB) für das Nationalteam zuständig und muss umgehend auf Trainersuche gehen. Denn wie der DBB am Mittwoch mitteilte, wird Bundestrainer Gordon Herbert nach den Sommerspielen in Paris (26. Juli bis 11. August) einvernehmlich seinen Vertrag auflösen.

Das kommt nicht überraschend, wie Andres bestätigt. Schon nach dem Gewinn des Weltmeistertitels im September war Herbert bei ihm und DBB-Präsident Ingo Weiss vorstellig geworden mit der Frage, ob ihm der Verband gestatte, in Doppelfunktion neben der deutschen Auswahl auch einen Verein zu übernehmen. Der überraschende Coup von Manila hatte den Kanadier schlagartig auf die Liste vieler finanziell potenter Vereine gehievt, dem 65-Jährigen lag seinerzeit ein lukratives Angebot des schwächelnden Euroleague-Klubs Villeurbanne vor. Dessen Präsident, der ehemalige NBA-Champion Tony Parker, hatte weiland sogar mitgeteilt, dass er mit Herbert Einigkeit über Salär und Vertragslaufzeit erzielt hatte. Aber der DBB legte sein Veto ein.

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:Eine psychologisch fein austarierte Einheit

Der WM-Titel der deutschen Basketballer hat zwei sehr unterschiedliche Väter: Bundestrainer Herbert, der dem Team eine klare Struktur verliehen hat - und Kapitän Schröder, der sein Ego dem Mannschaftserfolg untergeordnet hat.

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"Das Jobprofil des Bundestrainers lässt dies nicht zu", erklärt Andres, "eine Klubmannschaft zu übernehmen, harmoniert nicht mit der Vollzeitstelle bei uns." Allein die zeitlichen Überschneidungen, wenn etwa Qualifikationsspiele der Nationalmannschaft mit europäischen Wettbewerben kollidieren, sprächen dagegen. Nun aber will der Verband seinem hochdekorierten Trainer nicht mehr im Wege stehen, sagt Andres, "wir haben das in einer freundschaftlichen Atmosphäre besprochen". Und der vorzeitigen Vertragsauflösung - das Papier wäre noch bis 2025 gelaufen - zugestimmt.

Gordon Herbert kann als Vereinstrainer viel mehr Geld verdienen

Der DBB habe zwar gehofft, dass "Gordie weitermacht", so Andres, aber die finanzielle Offerte habe "immens" über dem Salär des Bundestrainers gelegen: "Wir können verstehen, dass Gordie in den nächsten zwei, drei Jahren gutes Geld verdienen will, das hat er sich auch mit den Erfolgen bei uns verdient." Zwar war Herbert dem Vernehmen nach der bisher bestbezahlte Basketball-Bundestrainer, mit einem Jahresgehalt im unteren Drittel des sechsstelligen Bereichs, aber im ambitionierten Klubbasketball kann er das Dreifache verdienen.

Zudem hatte Herbert schon zu seinem Amtsantritt im September 2021 stets von einem Dreijahresplan gesprochen, den er mit EM-Bronze 2022 und dem WM-Titel im Vorjahr äußerst erfolgreich gestaltet hat - und zum Abschied mit einer Olympiamedaille veredeln will.

Zu welchem Verein er geht, wollte der Kanadier nicht verraten, nur dass er "Angebote aus der Bundesliga und Asien" habe, erklärt Andres, "aber er wird demnächst einen neuen Vertrag unterschreiben". Tony Parkers Villeurbanne zählt nicht dazu. Dort wurde im Übrigen der ehemalige italienische Nationaltrainer Gianmarco Pozzecco, der für Herbert installiert wurde, nach nur zwei Monaten wieder entlassen und durch seinen Assistenten Pierric Poupet ersetzt. Das Gerücht, dass sich Herbert den Rostock Seawolves anschließt, die in der Bundesliga nur knapp die Klasse gehalten und ihren Trainer Christian Held entlassen haben, erscheint angesichts der kolportierten Summen abenteuerlich.

Herbert verstand es meisterhaft, die deutsche Auswahl an der langen Leine zu führen

Den DBB muss das nicht kümmern, und Andres macht sich ob der Entscheidung auch keine Sorgen in Bezug auf Olympia. Team und Trainer sind eine harmonische Einheit, die den erfolgreichen Weg nun krönen will. Schwierig wird schon eher die Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Das Anforderungsprofil bleibt gleich: "Wir suchen einen hauptamtlichen Trainer, aber die übliche, tägliche Vereinsarbeit gibt es bei uns nicht." Ein Bundestrainer sei organisatorisch gefragt, "bei uns zählt mehr das Taktische und Psychologische, er muss mit den Spielern kommunizieren, eine Einheit formen und führen. Da war Gordie optimal." Herbert verstand es meisterhaft, die mit NBA-Spielern gespickte deutsche Auswahl unter der Führung des schillernden Dennis Schröder an der langen Leine zu führen.

Es gebe ein paar interessante Namen, nur das wollte Andres bestätigen. Rodrigo Pastore etwa, der gerade mit Chemnitz in der Bundesliga Aufsehen erregt, Oldenburgs Coach Pedro Calles oder Überflieger Tuomas Iisalo, der von Bonn nach Paris wechselte: "Aber das sind alles Trainer, die Verträge haben." Immerhin: Nach der Ankündigung "werden uns sicher viele Trainer angeboten".

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