Alex Mumbru begann seine erste Trainingseinheit mit einer kleinen Vorstellungsrunde. Das hatte sehr gute Gründe, denn der neue Basketball-Bundestrainer war nicht der einzige Novize, auch ein beträchtlicher Teil der nominierten Nationalspieler musste erst einmal persönliche Bekanntschaft schließen. Die Gruppe, die der Spanier für die beiden Qualifikationsspiele zur Europameisterschaft gegen Schweden versammelt hat, war sich in dieser Konstellation noch nie vorher begegnet. Also bestimmte Mumbru, 45, in einer seiner ersten Amtshandlungen Johannes Thiemann zum Kapitän, eine Wahl, der keiner der Anwesenden etwas entgegenzusetzen hatte. Thiemann ist neben David Krämer der einzig verbliebene Weltmeister im Team – und angesichts seiner Rolle beim Titelgewinn vor einem Jahr der natürliche Anführer.
Krämer ist sein Stellvertreter, der Guard war zuletzt beim olympischen Turnier nicht nominiert. Jenes Team bestand nämlich ausschließlich aus Akteuren, die in der NBA oder der Euroleague zu Werke gehen. Von denen hat gerade aber nur Thiemann Zeit, weil er vom Euroleague-Klub Alba Berlin zum finanziell potenten japanischen Erstligisten Gunma Crane Thunders gewechselt ist.
Basketball-Bundestrainer Mumbru:Schlaufuchs für die Weltmeister
Wie ersetzt man einen Coach, der alle begeistert hat? Bei Deutschlands Basketball-Nationalteam folgt auf Gordon Herbert der Spanier Alex Mumbru – den kennen zwar nur Experten, aber er bringt Qualitäten mit.
Es ist ja immer das gleiche Spiel: Weil die Zeitfenster für die Qualifikationen zu großen Wettbewerben traditionell mit den Spielplänen der Euroleague kollidieren und die nordamerikanische Profiliga NBA auf kontinentale Begehrlichkeiten noch nie Rücksicht nahm, wird ein B-Team spielen. Verdiente Profis wie Ulms Spielmacher Nelson Weidemann oder Christian Sengfelder, der beim französischen Erstligisten Dijon spielt, vertreten dann ihre Nation. Inklusive der Aussicht für die Spieler, im kommenden Herbst bei der EM in Lettland, Finnland, Zypern und Polen den Platz im Team wieder zu räumen.
Die Nationalspieler von Bayern München und Alba Berlin fehlen, sie spielen in der Euroleague
Mit zwei Siegen gegen Schweden (Freitag, 18.30 Uhr, in Stockholm und Montag 19.30 Uhr in Heidelberg, beide Spiele kostenlos auf Magentasport) könnte die deutsche Auswahl das EM-Ticket in der Vierergruppe mit Schweden, Bulgarien und Montenegro schon vorzeitig buchen – bei entsprechenden Ergebnissen der Konkurrenz. Mumbru hat in Weltmeister Andreas Obst vom FC Bayern oder den beiden Berlinern Jonas Mattisseck und Louis Olinde zwar auch drei Akteure der beiden deutschen Euroleague-Teilnehmer nominiert, was als eine Art Notfallplan gelten darf. München (gegen den FC Barcelona) und Berlin (bei Real Madrid) spielen beim ersten Vergleich mit den Skandinaviern gleichzeitig in der Euroleague, im zweiten Spiel am Montag in Heidelberg wäre eine Teilnahme denkbar. Ginge der erste Vergleich daneben, könnte Mumbru qualitativ nachlegen – so ist der Plan. Die von Verletzungen gebeutelten Berliner werden dem aber kaum zustimmen. Und Obst sprach angesichts des brutalen Spielplans mit drei Spielen pro Woche davon, sich lieber eine Pause zu gönnen.
So wird Mumbru wohl mit dem vorhandenen Personal vorliebnehmen müssen, mit Spielern wie Joel Aminu von Rasta Vechta, dem Rostocker Elias Baggette, Kay Bruhnke, der in Litauen für Basket-Delamode spielt, oder Jack Kayil vom serbischen Klub Mega Basket. Namen, die nur versierten Basketballfans geläufig sein dürften, allerdings war Mumbru in den vergangenen Wochen viel unterwegs, um auch bekannte Akteure zu präsentieren: allen voran Tibor Pleiß.
Der Center mit NBA-Erfahrung war jahrelang Fixpunkt im Nationalteam, ehe er 2016 im Unfrieden mit dem damaligen Nationaltrainer Chris Fleming schied. Obwohl der mittlerweile 35-Jährige mit Efes Istanbul zweimal die Euroleague gewann, kam es bislang nie zu einer Rückkehr in die deutsche Auswahl – obwohl er von Mumbrus Vorgänger Gordon Herbert nominiert worden war. Mittlerweile spielt Pleiß beim neureichen italienischen Aufsteiger Trapani, gegen die Schweden soll er zusammen mit dem Deutsch-Amerikaner Dylan Osetkowski, 28, ein erfahrenes Duo unter den Körben bilden und die jungen Spieler führen. Osetkowski kennt man aus seiner Bundesliga-Zeit in Ulm, er spielte mit Villeurbanne Euroleague und hat zuletzt mit dem spanischen Erstligisten Malaga die Champions League gewonnen.
Der Druck für das neu formierte Ensemble ist dennoch groß, gibt Armin Andres zu. Der Vizepräsident des DBB ist zuständig für das Nationalteam und war treibende Kraft bei der Verpflichtung Mumbrus: „Er verkörpert die klassische spanische Schule, legt viel Wert auf eine gute Verteidigung und lässt einen schnellen und beweglichen Basketball in der Offensive spielen. Das ist nicht weit weg von dem, was Gordon Herbert spielen ließ“, findet Andres. „Alex war ein international erstklassiger Spieler, war Weltmeister und Europameister, das allein macht ihn zu einer Respektsperson.“
Freilich weiß der DBB-Vize, dass am Ende nur Ergebnisse zählen. Die Schweden haben zwar keine großen Namen im Team, aber eine eingespielte Mannschaft. Wie gefährlich solche vermeintlich schwächer besetzten Gegner sein können, musste das deutsche Team bei der 62:67-Niederlage in Bulgarien vergangenen Februar erfahren, damals noch unter Herbert.
Dennoch ist die DBB-Auswahl, die bei der Heim-EM vor einem Jahr Bronze gewann, klarer Favorit. Entsprechend formuliert Mumbru sein Ziel: den Titel – dann allerdings mit dem Weltmeister-Kader um Dennis Schröder. Mit dem stehe er im Übrigen in ständigem Austausch, erklärte Mumbru, wie mit den noch abwesenden Kollegen. Die müssen nun auf die B-Auswahl hoffen, um im Herbst wieder selbst in den Fokus zu rücken. In diesem Fall wird eine Vorstellungsrunde nicht mehr nötig sein.