Basketball:Mit Risiko ins Halbfinale

Lesezeit: 3 min

Während sich die Frauen-Basketball-Abteilung des TSV Wasserburg organisatorisch und finanziell sortiert, hat sich ihr Bundesligateam mit Trainerin Sidney Parsons gefunden.

Von Felix Haselsteiner

Gabriele Brei sollte dringend mal wieder zu Hause aufräumen, sagt sie. Ihr Mann würde auch gerne öfter mit ihr Golf spielen gehen, aber das kommt genauso oft zu kurz wie der Hausputz, weil Brei immer noch an ihrem Lebenswerk hängt: Der Basketball-Frauenabteilung des TSV Wasserburg: "Ich kann einfach nicht komplett aufhören, es gibt so viel zu tun", sagt die 70-Jährige, die eigentlich schon im vergangenen Jahr zurücktreten wollte, sie hatte sich bei der Saisonabschlussfeier im Mai bereits verabschiedet. Aber weil im Sommer das Chaos beim langjährigen Serienmeister aus Wasserburg riesig wurde, kehrte Brei noch einmal zurück und übernahm erneut die sportliche Leitung - was in Wasserburg viel Arbeit bedeutet.

"Das Geld ist immer noch sehr knapp bei uns", sagt sie. Etwa eine halbe Million Euro, so heißt es, braucht man, um in der Frauen-Bundesliga um den Titel mitspielen zu können. Von dieser Summe sind die Wasserburgerinnen derzeit nach eigener Aussage weit entfernt, in den vergangenen Monaten ging es vielmehr darum, überhaupt die Lizenz für die kommende Saison zu erhalten. Der langjährige Hauptsponsor, der Molkereibetrieb Meggle, hatte bereits vor einiger Zeit seinen Rückzug angekündigt, zur neuen Saison wird nun die Molkerei Bauer auf den Trikots der Wasserburger werben. "Wir müssen noch kleinere Brötchen backen in den nächsten Jahren", sagt Brei, die dennoch erleichtert wirkt. Seit mehr als 50 Jahren arbeitet sie im Verein, "das ist mein Baby", sagt sie, daher wäre es auch so schwer gewesen, wäre der 14-malige deutsche Meister nun wegen eines Lizenzentzugs abgestiegen.

Doch auch wenn die existenziellen Sorgen nicht mehr ganz so akut sind, berichtet Brei von Problemen: Zwei langjährige Mitarbeiterinnen hören auf, einen echten Geschäftsführer könne man sich nicht leisten, auch ein Kaderplaner wäre dringend von Nöten, das Vereinsmagazin schreibt sie mittlerweile zum Großteil selbst: "Es ist ein bisserl schwierig, es sind 100 kleine Sachen, die geplant werden müssen", sagt sie. Ihr Ehemann Hans, der als langjähriger Trainer der damaligen Meistermannschaft entscheidend zu den vergangenen Erfolgen beigetragen hat, ist längst im Ruhestand - angesichts der Tatsache, dass ihr "Baby" weiterhin unter wirtschaftlichem Druck agiert, dürften aber auch in diesem Sommer nicht allzu viele Golfrunden möglich sein.

Beruhigend wirken derzeit nur die Nachrichten aus dem sportlichen Bereich. Während der Rest des Vereins sich neu sortiert, hat sich das Bundesligateam gefunden. Als Tabellenvierter qualifizierte sich Wasserburg für die Playoffs, im Viertelfinale setzten sie sich gegen die Eisvögel USC Freiburg durch, nun wartet am Samstag das erste Halbfinale auswärts beim Herner TC, dem überlegenen Tabellenersten. "Wir können dort bestehen", sagt die, die es wissen muss: Trainerin Sidney Marie Parsons betreut die Wasserburgerinnen seit Saisonbeginn. Die 31-Jährige, vor einigen Jahren selbst in der Bundesliga in Keltern und Chemnitz aktiv, trat bei den Oberbayern ihre erste Stelle als Cheftrainerin an. "Natürlich war die Verpflichtung ein gewisses Risiko", sagt Brei. Eigentlich habe man bereits eine Einigung mit einem anderen Kandidaten gehabt, die Einigung scheiterte letzten Endes an den unterschiedlichen Gehaltsvorstellungen. Doch bislang zeigt sich Parsons als echter Glücksgriff: "Das Handwerkszeug beherrschen viele Trainer, aber sie ist unheimlich geschickt in der Mannschaftsführung", sagt Brei, das Team sei eine echte Einheit geworden.

"Wir wussten, dass wir nur gemeinsam bestehen können", erklärt Parsons, die einen jungen Kader managt, und im Gegensatz zu vielen anderen Bundesligisten klar auf junge, deutsche Spielerinnen setzt: "Wir können nicht einfach nur einkaufen, wir müssen entwickeln." Die Leistungsträgerinnen in Wasserburg sind daher nicht nur erfahrene Spielerinnen wie Kapitänin Svenja Brunckhorst, sondern auch die 19-Jährige Leonie Fiebich und die 18-Jährige Sophie Marie Perner, die gerade während der Playoffs ihre Abiturprüfungen absolviert. Fiebich und Perner sind die Hoffnungsträgerinnen, für die nächste Playoff-Runde gegen Herne wie auch für die Zukunft. "Die Mannschaft weiß, wie es um den Verein steht - und dass wir unsere Leistung bringen müssen, um Sponsoren anzuwerben", sagt Parsons. Und vielleicht könnte mit einer Meisterschaft im Rücken auch Gaby Brei endlich ihren verdienten Ruhestand antreten.

© SZ vom 12.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: