Basketball:Mit dem Dreirad auf der Tour de France

Basketball: Erfolgreich mit der Nationalmannschaft, derzeit erfolglos im Klub: Bastian Doreth (links, gegen Jamel Morris vom MBC).

Erfolgreich mit der Nationalmannschaft, derzeit erfolglos im Klub: Bastian Doreth (links, gegen Jamel Morris vom MBC).

(Foto: Eckehard Schulz/imago)

Bundesligist Medi Bayreuth hat noch sehr realistische Chancen auf eine Playoff-Teilnahme. Doch die deutliche Niederlage beim Mitteldeutschen BC und die anhaltende Personalmisere lassen den Blick jetzt eher nach unten wandern.

Von Christoph Leischwitz

Der erste Wurf auf den Korb des Gegners war ein Dreier-Versuch von Terry Allen, was auf den ersten Blick nichts Besonderes ist für Medi Bayreuth, schließlich ist der Allrounder auch ein guter Distanzschütze. Jedoch war das beim Auswärtsspiel in Weißenfels sehr wohl eine Besonderheit, denn der 28-jährige US-Amerikaner war diesmal als Center eingeteilt. Die Aufstellung war eine spontane Reaktion auf eine erneute akute Personalnot: Beide Center der Oberfranken fehlten nach der Länderspielpause Corona-bedingt, der litauische Nationalspieler Martynas Sajus hat sich die Infektion ganz offenkundig auf der Länderspielreise eingefangen.

Allens erster Wurf jedenfalls ging daneben, und auch, wenn die Offensive nicht das große Problem sein sollte, so fiel die Niederlage gegen den abstiegsbedrohten Mitteldeutschen BC doch deutlich aus: Mit einem 81:105 fuhr man am späten Samstagabend auf der A9 zurück nach Hause, das Ergebnis entlockte dem Cheftrainer Raoul Korner eine interessante Aussage: "Wenn man etwas Positives aus dem Spiel mitnehmen möchte, ist es die Tatsache, dass wir den direkten Vergleich für uns entscheiden konnten und dass sich keiner verletzt hat." Das Hinspiel hatte Bayreuth 100:68 gewonnen.

Nun steht der MBC immerhin in der Tabelle noch acht Punkte hinter den Bayreuthern, die ihrerseits noch sehr realistische Chancen auf eine Playoff-Teilnahme haben. Doch die deutliche Niederlage und die anhaltende Personalmisere lassen den Blick jetzt eher nach unten wandern. Schon am Mittwochabend steht ein richtungsweisendes Spiel an, da reisen Korner und sein einstelliger Kader zum Tabellenletzten Gießen.

Von allen, die in die Bresche hätten springen können, enttäuschte vor allem Janari Joesaar

"Die derzeitige Situation ist auch für uns eine besondere", hatte Korner vor dem Tip-off wieder einmal sagen müssen - unmittelbar vor Spielbeginn ging Korner in die Knie und rieb sich, recht verzweifelt aussehend, die Augen. So, als ob er das Endergebnis schon erahnen würde. Es habe sich so angefühlt, so der Österreicher später, "als würden wir mit einem Dreirad die Tour de France bestreiten müssen. Wir haben gestrampelt, müssen aber letztendlich zur Kenntnis nehmen, dass es nicht gereicht hat." Der Plan in einer Länderspielpause ist ja eigentlich: Wunden lecken, Kraft tanken und dann Gas geben. Natürlich nicht bei allen, jedoch dürfte zum Beispiel Kapitän Bastian Doreth mit stolz geschwellter Brust zurückgekommen sein, nachdem die deutsche Nationalmannschaft überraschend Israel in der WM-Qualifikation bezwungen hatte.

Doch kurzfristig fielen nun schon wieder vier Stammspieler aus. Der zweite Center Andreas Seiferth musste sein Comeback erneut verschieben, der angeschlagene Kay Bruhnke kam wohl auch nur deshalb auf 19 Minuten Einsatzzeit (bei null Punkten), weil Bayreuth sonst zu siebt angetreten wäre. Von allen, die in die Bresche hätten springen können, enttäuschte vor allem Janari Joesaar, der im bis dahin letzten Ligaspiel gegen Oldenburg auf 24 Punkte gekommen war. Das konnten auch die zuletzt so stark aufspielenden Sacar Anim (26) und Terry Allen (23) nicht kompensieren.

Bayreuth hat keinen einzigen Spieler dazu geholt. "Das ist Entscheidung der Vereinsführung", sagt Korner

Während die Bayreuther mal wieder mit dem Schicksal hadern müssen, herrschte beim Gegner Aufbruchstimmung. Vier Neue darf eine Mannschaft im Laufe einer Saison verpflichten, das hat der MBC ausgeschöpft und jüngst AJ English verpflichtet, der am Samstag ein wichtiger Faktor für den Sieg war. Bayreuth hingegen hat keinen einzigen Spieler dazu geholt. Darauf angesprochen sagte Korner bei Magentasport: "Das ist Entscheidung der Vereinsführung, damit ist das Thema für mich erledigt." Der 47-Jährige verwies zugleich darauf, dass der MBC immerhin den Druck gehabt habe, um den Ligaverbleib zu kämpfen. Wahrscheinlich will und muss man es in Bayreuth nun auch so sehen: Gemessen an den vielen Ausfällen ist ein Platz im gesicherten Mittelfeld durchaus als Erfolg zu werten. Und noch ist alles möglich, zumal nach dem Gießen-Spiel der Tabellennachbar Göttingen wartet. Insofern hat Bayreuth noch vieles in der eigenen Hand - die Frage ist nur, wie viele Hände beim Saisonfinale mitwirken können.

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