Basketball-Meister Bamberg:Freak City ertrinkt im Biersee

Brose Baskets Bamberg FC Bayern München Meister Basketball

Gibt's auch beim Basketball: Die Bierdusche, hier aus den Händen von Elias Harris.

(Foto: dpa)
  • In Bamberg zeigt sich der ganze Wahnsinn, den Basketball entfalten kann: Die Brose Baskets holen verdient die Meisterschaft gegen den FC Bayern. Doch es ist ein extrem knappes Finale.
  • Nach dem Umbau zu Beginn der Saison hat der Verein vieles richtig gemacht - jetzt geht es darum, die Mannschaft zusammenzuhalten.

Von Jonas Beckenkamp, Bamberg

Den ulkigsten Spruch hatte sich der Bamberger Basketballtrainer Andrea Trinchieri für den Moment aufgehoben, als alle Kameras auf ihn gerichtet waren. Der Italiener hing in einer Menschentraube neben dem Parkett, um ihn herum purzelte gerade alles durcheinander, aber seine Deutschkenntnisse wollte Trinchieri der Welt unbedingt mitteilen: "Ich habe das ganze Jahr darauf gewartet, das sagen zu können: Ich habe fertig!" Für diese Hommage an seinen Landsmann Giovanni Trapattoni ernetete der gebürtige Mailänder viele Lacher.

So eine gewonnene Meisterschaft setzt Kräfte frei, da spricht auch einer plötzlich einwandfreies Deutsch, der seine Kommandos sonst nur auf Englisch gibt. Was sich um den Coach mit dem Pizzabäckerbauch herum abspielte, lässt sich schwer in Worte fassen, aber so viel sei gesagt: Ein Mädchen im Bamberg-Trikot stürzte auf dem Hosenboden in einen Biersee, halbstarke Jungs qualmten seltsam riechende Zigarren und Dennis Schröder knipste mit "ungefähr 1500 Menschen Selfies", wie sein Bruder Jay lachend wiedergab.

Der deutsche NBA-Profi war nämlich auch gekommen, er hatte diesmal sogar Tickets erhalten - und erlebte, wie das so ist, wenn "Freak City" ausrastet. Wer durch die Rauchschwaden und Feiergirlanden einen freien Blick auf die Anzeigetafel warf, konnte dort noch das Ergebnis sehen: 88:84 für die Brose Baskets, der Wahnsinn in Zahlen. Ihren siebten Meistertitel erspielten sich die Bamberger mit einer Willensleistung im alles entscheidenden fünften Spiel der Serie gegen den FC Bayern. "Unsere Energie war heute der Schlüssel. Wir hatten solchen Druck und haben es gemeistert. Darauf bin ich sehr stolz", stammelte Trinchieri.

In der Arena hatten die Zuschauer während des Spiels einen Brüllwettbewerb veranstaltet, dass es in den Ohren stach. In diesem Höllenlärm fand, wie schon in der gesamten Finalserie, aufregender Sport statt. Bamberg dominierte von Anfang an - auch, weil Bayern-Coach Svetislav Pešić sich mit seiner Anfangs-Aufstellung verzockt hatte. Um das Hoheitsgebiet unter den Körben zu stärken, hatte er mit John Bryant und Vladimir Štimac gleich zwei Centerkolosse aufgestellt. Das ging auf Kosten der eigenen Beweglichkeit. Während die Oberfranken ihre Athletik ausspielten, wirkten die Münchner kraftlos.

"Wir haben alles reingehauen und immer an uns geglaubt", sagte Spielmacher Brad Wannamaker, der im Konfettiregen zum wertvollsten Akteur des Finals gekürt wurde. Sein Kollege Daniel Theis, der in den Anfangsminuten gleich zehn Punkte erzielte, bestätigte den Aufwand, den seine Mannschaft betrieb: "Wir haben mit unglaublich viel Herz gespielt und eine sehr starke Mannschaft besiegt." Der Respekt vor dem Titelverteidiger, gegen den die Bamberger während der Saison zuvor dreimal verloren hatten, war enorm. Das zeigte sich, als die Gäste kurz vor Ende des Spiels doch noch einmal gefährlich herankamen.

Bleibt das Team zusammen?

Jānis Strēlnieks, der erneut wurfsichere Lette, räumte das Bibbern ein: "Ich hatte echt Angst, dass wir es noch vergeigen. Aber dann haben wir zum Glück die richtigen Dinge getan." Darius Miller zum Beispiel, der in kritischen Momenten Dreier traf und sein NBA-Potenzial deutlich zeigte - aber auch Center Trevor Mbakwe, der am Ende auf 20 Punkte und 13 Rebounds kam. Wannamaker, Strēlnieks, Miller, Mbakwe und auch Flügelspieler Ryan Thompson - sie alle waren zu Beginn der Saison neu ins Team gekommen. Sie alle haben sich prächtig entwickelt im rasanten Systembasketball von Coach Trinchieri.

Die Frage ist nun, ob die Qualifikation für die Euroleague Anreiz genug ist, sie in Oberfranken zu halten. "Ich liebe es, hier zu spielen", meinte Miller, "so eine Atmosphäre habe ich selten erlebt. Jetzt mache ich Urlaub und dann schaue ich, wie es weitergeht." Ähnlich äußerte sich Mbakwe, an dem schon seit Februar Topklubs wie der FC Barcelona herumbaggern: "Wir werden sehen, wie der Sommer läuft, aber ich werde es mir definitiv überlegen, nächste Saison hier zu sein."

Das Grundgerüst mit den jungen deutschen Nationalspielern Theis, Karsten Tadda und Elias Harris steht bei den Baskets ohnehin - sollte es dem Management um Geldgeber Michael Stoschek gelingen, einige der starken Ausländer zu halten, könnten sich in Bamberg ähnlich erfolgreiche Zeiten wiederholen wie beim vierfachen Titelgewinn zwischen 2010 und 2013. "Wir haben hier etwas Neues aufgebaut", sagte Trinchieri, selbst in seinem ersten BBL-Jahr, "und wir haben Erfolg. Möglich gemacht haben das die Spieler, aber auch der ganze Verein."

Es passte vieles zusammen bei den Bambergern, deren größte Identifikationsfigur Tadda ist. Ein Spieler, der aus seinem überschaubaren Talent sehr viel macht. Ein Arbeiter, ein Kämpfer, ein Anführer - und gebürtiger Bamberger. "Wir haben von Anfang dieser Saison an gemerkt, dass wir was Großes erreichen können", sagte er, "wir haben es clever gemacht, obwohl wir eher unerfahren sind." Dann stapfte er davon durch das allgemeine Chaos auf dem Parkett.

Tadda musste noch das Netz vom Korb abschneiden und die halbe Halle umarmen. Es schien, als kenne er fast jeden Fan persönlich. Es war ehrliche, rührende Freude.

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