Basketball:"Kann mich bitte einer aufwecken, wenn die Finals beginnen?"

Draymond Green, Stephen Curry

LeBron James (li.) gegen Steph Curry - dieses Duell gibt es in den NBA-Finals jetzt zum dritten Mal in Serie.

(Foto: Marcio Jose Sanchez/AP)
  • Kurz vor den am Donnerstag startenden NBA-Finals wird klar, warum die amerikanische Profi-Basketballliga nicht mehr so aufregend ist.
  • Die Struktur der Liga verhindert Vielfalt und Ausgeglichenheit.
  • Dabei galt die NBA einst als Vorbild in Sachen Spannung und Abwechslung.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Können wir uns bitteschön - bevor wir über diese elektrisierende Finalserie zwischen den Golden State Warriors und den Cleveland Cavaliers sprechen - darauf einigen, dass dies die langweiligste und damit schlimmste Spielzeit in der Geschichte der nordamerikanischen Basketballliga NBA ist? Natürlich behaupten die Experten auf den übertragenden US-Sendern tapfer das Gegenteil, doch wenn man sie in den Katakomben der Arenen trifft, dann flüstern sie einem zu: "Kann mich bitte einer aufwecken, wenn die Finals beginnen?"

Das liegt nicht daran, dass die Warriors und die Cavaliers von Donnerstag an zum dritten Mal nacheinander die Finalserie bestreiten werden. In europäischen Fußballligen haben meist nur zwei oder drei Vereine eine realistische Chance auf die Meisterschaft - in der Bundesliga sogar nur ein Klub. Das Problem der NBA geht tiefer, die Langeweile ist strukturell bedingt und wird durch eben jene Regeln gefördert, die eigentlich Chancengleichheit und Spannung garantieren sollen.

Da ist etwa die Gehaltsobergrenze, die übermäßige Ausgaben und die Zusammenstellung sogenannter "Superteams" verhindern soll. Nur: Diese Grenze wird, das wurde im Tarifvertrag von 2011 vereinbart, vor jeder Saison anhand der zu erwartenden Gesamteinnahmen der Liga neu festgelegt. In der vergangenen Spielzeit lag sie bei 70 Millionen Dollar pro Mannschaft, in dieser Saison bei 94,1 Millionen, die Prognose für die kommende Spielzeit: 102 Millionen Dollar. Nur so konnten die Warriors ihrem Luxuskader vor dieser Saison noch den Großverdiener Kevin Durant hinzufügen.

Es geht weiter mit dem Draft, der Auswahl der talentierten Nachwuchsspieler. Vereinfacht ausgedrückt läuft es so: Je schlechter ein Verein in der aktuellen Saison abschneidet, desto höher sind die Chancen, im Sommer möglichst früh wählen zu dürfen. Warum also sollte sich ein Verein, der ohnehin kaum Chancen auf eine Playoff-Teilnahme hat, im letzten Drittel der regulären Saison noch darum bemühen, Spiele zu gewinnen? Tanking nennen sie das in den USA - und es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass sich in dieser Saison etwa zehn Mannschaften nicht besonders über Niederlagen geärgert haben.

Die besten vertragslosen Spieler, sogenannte Free Agents, achten bei der Vereinswahl nicht aufs Gehalt (das ist durch den Maximalvertrag festgelegt), sondern suchen sich oftmals den Klub, mit dem sie möglichst schnell den Titel gewinnen können. Nur deshalb wechselte LeBron James einst zu Miami Heat, nur deshalb wechselte Durant zu den Warriors. Für die Dallas Mavericks von Dirk Nowitzki, in den vergangenen Spielzeiten weder Titelkandidat noch Punktelieferant, bedeutet das jedoch: für den Draft zu gut, für Free Agents zu schlecht.

Das alles führt zu dieser Saison, die vorhersehbar gewesen ist wie kaum eine davor - die Playoff-Ergebnisse der Finalteilnehmer taugen als Beleg: Die Cavaliers haben bislang eine Partie verloren, die Warriors keine. Natürlich dürfte die Best-of-seven-Serie hochklassig und mitreißend werden und Stoff für Heldensagen liefern. Allerdings: In dieser Saison wurden bislang 1300 Partien absolviert, 1230 in der regulären Spielzeit und 70 in den Playoffs. Zwei packende Wochen sind kein Ausgleich für acht Monate Langeweile.

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