Johannes Voigtmann spielt derzeit gar nicht mit, der Center fehlt den Frankfurt Skyliners wegen eines Außenbandrisses aus dem ersten Spiel der Viertelfinalserie der Basketball-Bundesliga gegen den FC Bayern München. Und doch war Voigtmann am Dienstag nach dem so überraschenden wie verdienten 93:69-Erfolg seiner Mannschaft und dem Ausgleich zum 1:1 in der Serie für die Analyse zuständig. Und die fiel alles andere als freundlich für die Münchner aus. "Bayern war kein Team. Keiner von denen hat für den anderen gekämpft", lästerte der Nationalspieler in der Frankfurter Rundschau, "und das haben wir ausgenutzt." Ganz so drastisch mochten das die Bayern selbst nicht formulieren, doch angesichts von 17 eigenen Ballverlusten sowie 16 Offensivrebounds und 25 Assists auf Frankfurter Seite erklärte auch Bayern-Center John Bryant vor dem dritten Spiel, der Heimpartie an Christi Himmelfahrt: "Wir müssen den Kampf annehmen und zurückschlagen."
Und die Bayern zeigten am Donnerstagabend, dass sie weder ihre kümmerliche Leistung noch Voigtmanns Vorwurf auf sich sitzen lassen mochten. Den souveränen 82:64 (46:28)-Sieg in eigener Halle vor 6700 Zuschauern durfte man als Entschädigung für die blutarme Vorstellung in Frankfurt verstehen. "Die Reaktion hat sich nicht nur im Resultat gezeigt, sondern auch in der Art und Weise. Wir haben eine sehr gute erste Halbzeit gespielt, praktisch eine ausgezeichnete", sagte FCB-Trainer Svestislav Pesic, "wir haben gemacht, was wir uns vorgenommen hatten: sehr engagiert und sehr fokussiert gespielt, den Frankfurtern ihre Aggressivität genommen und auch die Offensivrebounds kontrolliert, was gegen sie nicht einfach ist." Diesmal kamen die Hessen gerade noch auf sieben Offensivrebounds, nicht einmal halb so viele wie in der vergangenen Partie. Eine einfache Erklärung für den Wandel hatte der starke Spielmacher Anton Gavel: "So wie in der zweiten Hälfte in Frankfurt konnten wir nicht noch einmal spielen."
"Wir haben heute gezeigt, wie wir das nächste Spiel in Frankfurt angehen müssen."
Der FC Bayern zeigte sich diesmal entschlossen, sich von den athletischen Frankfurtern nicht den Schneid abkaufen zu lassen. Nach dem ersten Durchgang lagen die Münchner 25:18 in Führung, das zweite Viertel eröffneten Heiko Schaffartzik und Gavel mit zwei erfolgreichen Dreipunktwürfen. Frankfurts Trainer Gordon Herbert nahm beim Stand von 19:33 eine Auszeit, doch bremsen konnten die Hessen den Lauf des FCB nicht: Mit dem Stand von 46:28, den Münchens zweitbester Werfer Nihad Djedovic (19 Punkte, hinter dem überragenden Bryce Taylor/23) per Dreier herstellte, ging es in die Pause. "Man hat wieder gesehen, dass wir mit hundert Prozent Konzentration in der Defense unser Schicksal selbst entscheiden können", sagte Pesic nicht zum ersten Mal.
Die Frankfurter sind zwar bekannt dafür, gerne mal einen hohen Rückstand aufzuholen, doch davon waren sie diesmal weit entfernt. Dass sie den dritten Durchgang knapp (20:17) gewannen und zwischendurch einen 11:0-Lauf hinlegen durften, reichte bei Weitem nicht zum Herankommen, verärgerte Pesic allerdings dennoch ein bisschen. "Zufriedenheit ist der größte Feind des Spitzensportlers", klagte er. "Wir mussten doch erwarten, dass die Frankfurter bei diesem Spielstand aggressives Pressing spielen würden." Dennoch wirkte seine Mannschaft überraschenderweise kurz überrumpelt. Dass John Bryant und Dusko Savanovic in dieser Phase fehlten, war für Pesic keine Erklärung: "Das war nicht der Grund. Der Grund war, dass wir überhaupt nicht wach waren." Immerhin dauerten die "grauen Minuten", wie sie Pesic nannte, nicht lange: "Danach sind wir wieder wach geworden und haben unser Spiel bis zum Ende durchgezogen."
So feierte am Ende diesmal Pesic, der die Skyliners nach dem Spiel in Frankfurt ebenfalls ein bisschen provoziert hatte. Den Ausfall des vorlauten Voigtmann zu kompensieren, prophezeite er, werde für den Gegner "auf lange Sicht schwierig". Am Sonntag (17 Uhr) steht diese These bei der vierten Partie in Frankfurt auf dem Prüfstand, wenn der FC Bayern mit einem Sieg ins Halbfinale einziehen kann.
"Wir haben heute gezeigt, wie wir das nächste Spiel in Frankfurt angehen müssen", sagte Pesic. "Das ist ein Team, das sehr athletisch und gut organisiert ist - das ist nicht einfach für uns. Ich respektiere sehr, wie sie spielen, auch wenn das nicht alle respektieren. Kampf ist heutzutage Qualität, und Frankfurt hat diese Qualität." Seine Mannschaft müsse nun auch auswärts "viel mehr investieren" als beim Reinfall vom Dienstag - "und wenn die grauen Minuten kommen, müssen wir sie überleben". Um ein fünftes Spiel in der Serie zu vermeiden.