Basketball in den NBA-Playoffs:Monströse Ausbeute: Curry erinnert an Michael Jordan

Basketball in den NBA-Playoffs: Steph Curry ballerte wie er wollte - und am Ende ging fast jeder Wurf rein.

Steph Curry ballerte wie er wollte - und am Ende ging fast jeder Wurf rein.

(Foto: AP)
  • Basketballer Stephen Curry erzielt in den NBA-Playoffs allein in der Verlängerung 17 Punkte.
  • So gut traf noch nie ein Profi in der Overtime - bald dürfte der Mann von den Golden State Warriors wieder zum besten Spieler der Liga gewählt werden.

Von Jonas Beckenkamp

Drei gegen drei, eins gegen eins - Basketball spielen Menschen auf den Freiplätzen dieser Welt gerne in abgewandelter Form. Es muss nicht immer fünf gegen fünf sein, wie es im Regelbuch steht. Dass sich aber jemand zumutet, es allein gegen fünf lange Kerle zu versuchen, kommt eher selten vor. Um genau zu sein: nie. Warum sollte man sich das antun? Steph Curry stellt sich solche Fragen nicht.

Er spielt so, wie sein Instinkt es ihm gebietet. Und wenn es mal fünf Minuten allein gegen den Rest der NBA sein müssen, dann bitteschön.

In der vergangenen Nacht war dieser Moment gekommen, als Currys Golden State Warriors in der Playoff-Serie gegen Portland beim Stand von 111:111 in die Verlängerung mussten. Fünf Minuten Extra-Basketball, fünf Minuten maximaler Showdown. Für Curry, den derzeit besten Basketballer des Planeten: genug Zeit, um allein 17 Punkte zu erzielen. Eine solch monströse Ausbeute gab es noch nie in einer Overtime eines Ausscheidungsspiels in der NBA. Nicht von Michael Jordan, nicht von Larry Bird und auch nicht von all den anderen Über-Athleten, die diesen Sport mit ihren Bestleistungen geprägt haben.

Es war eine der erstaunlichsten Sequenzen in der Geschichte dieses Sports.

Steph Curry spielte in diesen fünf Minuten wieder einmal so gut, dass sie in Amerika die berechtigte Frage stellen: Is this real? Kann es das geben, dass einer alleine so dominiert? Nun, wenn die Bilder nicht lügen, ist die Antwort: ja. Auch wenn es Portlands Teambesitzer Paul Allen, dem Mitbegründer von Microsoft, bei der 125:132-Pleite seiner Trail Blazers schwerfiel, das Erlebte zu glauben.

Die Warriors, die schon während der regulären Saison als beste Mannschaft der NBA-Historie die Rekorde pulverisierten, führen nun in der Serie gegen Portland mit 3:1 - doch die beste Nachricht lautet für sie nach zwei Wochen Bangen: Curry ist nach seiner Knieverletzung zurück. "I'm back", rief der 28-Jährige, als er gegen die Blazers einen Dreier vom Parkplatz wenige Minuten vor dem Ende versenkt hatte. Er traf noch zwei weitere vogelwilde Distanzwürfe, holte sich im Land der Riesen einen abprallenden Ball und war einfach nicht zu stoppen.

Sein Trainer Steve Kerr, der früher an der Seite von Michael Jordan bei den Chicago Bulls so manche Heldentat miterleben durfte, sagte: "Das war einfach irre. Ich habe mich nur noch zu meinem Assistenten umgedreht und gesagt: 'Glaubst du das, was hier abgeht?'"

Die Vergleiche mit dem Basketball-Allesüberflieger Jordan machen in der NBA seit einiger Zeit die Runde. Doch Curry ist anders als "His Airness". Curry tanzt, wo Jordan flog. Curry grinst und schäkert, wo Jordan seine Gegner mit trash talk mürbe machte. Curry ist ein Freigeist, Jordan war ein Besessener. "Stephs Spiel unterscheidet sich von Jordans", erklärte Kerr, "aber sie ähneln sich darin, unmögliche Würfe reinzumachen. Diese Dinger, bei denen dem Publikum auch auswärts die Kinnlade runterfällt." So wie bei Paul Allen.

Ego-Zocker? Nein, nicht Curry

Dabei kamen Currys insgesamt 40 Punkte diesmal tatsächlich überraschend zustande. Nach einer Innenbandverletzung im rechten Knie blieb er zu Beginn erst einmal auf der Bank. Die Warriors wollten ihn eigentlich nur dosiert einsetzen - sie brauchen ihn ja noch in den fest eingeplanten Finalspielen. Doch dann spielte Curry trotzdem 37 Minuten. Und bei allem Scoring-Geballer (er verfehlte seine ersten zehn Dreier), war ihm noch nicht einmal Ego-Zockerei vorzuwerfen: Ihm gelangen zusätzlich neun Rebounds und acht Vorlagen.

"Es war einfach einer dieser Augenblicke", sagte Curry, "du stehst auf dem Parkett, spielst Basketball und merkst: Es klappt alles. Und es fühlt sich einfach noch intensiver an, weil es die Playoffs sind und alles eine Stufe bedeutsamer ist." Es sind diese Eigenschaften, mit denen Curry dann doch wieder an Jordan erinnert: Das Dicke-Eier-Gen, der Wille, die Geilheit auf den großen Wurf im großen Moment. "Ich bin froh, dass ich noch genug im Tank hatte, um auch am Ende mitzuhalten", erklärte der Regisseur, "und als es drauf ankam, da machte es eben Klick bei mir."

Bei Steph Curry, dem Sohn des früheren NBA-Profis Dell Curry, klickt es nun schon eine ganze Weile. Seine Highlightvideos wandern um die Welt, seine Dreier wirft er aus immer größerer Entfernung und manche behaupten gar, er revolutioniere mit seinem Ballgefühl eine ganze Sportart. Schon vergangene Saison wählten ihn die Experten zum MVP, dem wertvollsten Spieler der Liga.

Und wenn es stimmt, was in US-Medien seit zwei Tagen als gesichert kursiert, dann wiederholt sich die Geschichte: Curry soll auch in der laufenden Saison wieder als Klassenbester ausgezeichnet werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: