Basketball:Im Schraubstock

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Auch dank seiner Abwehrstärke verteidigt der FC Bayern seinen Meistertitel gegen Berlin. Alba spielt schön - die Münchner triumphieren kühl.

Von Joachim Mölter, München

Wertvollster Spieler im Vorjahr: Heuer fehlt Nihad Djedovic verletzt. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

Die Ersten, die sich in die Arme nahmen, auf die Schultern klopften und über den Kopf streichelten, waren Nihad Djedovic und Vladimir Lucic, da war das Spiel zwar noch nicht vorbei, das glückliche Ende für die Basketballer des FC Bayern München aber schon abzusehen gewesen an diesem Sonntagabend. Sie führten sowieso schon mit sechs Punkten gegen Alba Berlin, 86:80, und hatten 22 Sekunden vor der Schlusssirene noch mal zwei Freiwürfe zugesprochen bekommen, und während Maodo Lo zur Ausführung an die Linie schritt, beglückwünschten sich die Münchner Protagonisten Djedovic und Lucic in ihrer Abwehrhälfte schon mal zur gelungenen Titelverteidigung. Die war wenig später auch offiziell besiegelt, nach dem Austausch weiterer Punkte, die freilich nur noch statistische Bedeutung hatten: Die Münchner gewannen auch die dritte Partie der Finalserie um die Meisterschaft, 93:88 (76:76, 32:46) nach Verlängerung.

"Das war nix für schwache Nerven", fand der glückselige Klubpräsident Uli Hoeneß, als der fünfte nationale Titelgewinn seiner Basketball-Abteilung nach 1954, 1955, 2014 und 2018 fix war. Er lobte außerdem: "Das war eine überragende Leistung von Trainer und Mannschaft."

Das war zwar auf das dritte Endspiel bezogen, aber im Grunde gültig für die gesamte Saison: In der Hauptrunde hatten die Münchner bloß dreimal verloren, in den Playoffs dann gar nicht mehr. In der Geschichte der Basketball-Bundesliga (BBL) hat es wenig Teams gegeben, die ähnlich dominant waren. Wobei Berlins Trainer Aito Garcia Reneses angesichts der drei Niederlagen - 70:74, 77:82 und zuletzt eben 88:93 - mit Recht fand: "Wir hätten das erste Spiel gewinnen können, das zweite Spiel, das dritte Spiel." Münchens Manager Marko Pesic sah das im Übrigen genauso: "Alle Spiele waren hart umkämpft. Jedes hätte auch anders ausgehen können."

Dass die Partien dann doch alle zugunsten des FC Bayern ausfielen, hatte viel mit Djedovic und Lucic zu tun. Der 29 Jahre alte Djedovic war als MVP der Finalserie ausgezeichnet worden, als wertvollster Spieler, weil er in den drei Duellen die meisten Punkte erzielt (15,3 im Schnitt) und zudem Berlins Spielmacher Peyton Siva das Leben schwer gemacht hatte. Aber der wirklich entscheidende Mann war Lucic gewesen. Der 30-Jährige hatte das erste Spiel zugunsten der Münchner gekippt, mit einem ungeahndeten und einem geschundenen Foul in der Schlussphase. Er hatte den zweiten Sieg gesichert mit fünf Punkten in den letzten anderthalb Minuten. Und er war im dritten Spiel der beste Werfer gewesen mit 23 Zählern und einem bemerkenswerten Timing seiner Treffer.

Den frühen 16:0-Lauf der Berliner zum 28:15 (12. Minute) bremste Lucic mit einem Dreier, später verkürzte er mit einem weiteren Dreier zum 56:64 (32.) den Abstand wieder auf weniger als zehn Zähler und gab seinem zwischenzeitlich bereits 15 Punkte (43:58/26.) zurückliegenden Team neue Hoffnung. Noch später erzwang er mit einem weiteren Dreier zum 76:76 die Verlängerung - und in der sorgte er mit seinem vierten Distanztreffer für die Führung, die die Münchner nicht mehr hergaben.

Warfen sich gegenseitig nach Schlusspfiff in die Arme: Nemanja Dangubic (l.) und Kapitän Danilo Barthel. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Jedes der drei Finalspiele war nach dem gleichen Muster abgelaufen: Die offensiv-orientierten Berliner erarbeiteten sich eine zweistellige Führung und hatten bis zur jeweils letzten Minute eine Siegchance - die abwehrstarken Münchner kamen jedes Mal zurück und gewannen doch noch. "Solange relativ flüssig Basketball gespielt wird, haben wir Vorteile", resümierte Alba-Manager Marco Baldi: "Sobald der FC Bayern seine Ausgebufftheit und Erfahrung in die Waagschale wirft, kriegen wir Probleme. Das ist wie ein Schraubstock, der sich immer weiter zuzieht, mit sehr viel Kraft. Diesem Druck standzuhalten, ist schwierig, dem waren wir nicht gewachsen."

In der Tat wussten sich die schön spielenden, aber halt auch unerfahrenen Berliner nicht mehr zu helfen, wenn die kühl und ergebnisorientiert agierenden Münchner die Intensität in der Defensive hochfuhren. Bayern-Geschäftsführer Pesic führte die körperliche Robustheit und mentale Stärke seiner Profis vor allem auf die Erfahrung in der Euroleague zurück, der kontinentalen Königsklasse. "Wir haben viele solche Spiele gehabt in dieser Saison", erinnerte er, "das hat uns geholfen. Entscheidend war, dass wir nie aufgegeben haben".

Während die Münchner dank dieser Einstellung nun die fünfte Meisterschaft ihrer Klubgeschichte feiern dürfen, müssen die Berliner ihre fünfte Final-Niederlage innerhalb von zwei Jahren verarbeiten. Sie haben die nationalen Pokal-Endspiele 2018 und 2019 verloren gegen München und Brose Bamberg, dazu die beiden Meisterschaftsserien gegen den FC Bayern sowie die diesjährigen Eurocup-Finals gegen Valencia BC. Der seit 2017 bei Alba tätige Trainer Aito versicherte dennoch, er sei stolz auf seine Spieler: "Vor zwei Jahren hätte keiner gedacht, dass wir soweit kommen." Auch Manager Baldi erinnerte: "Uns ist alles gelungen, was wir uns vorgenommen haben. Wir haben jeden einzelnen Spieler besser gemacht, uns als Team weiterentwickelt, für die Euroleague qualifiziert."

Sie haben sich sogar ein großes Lob von Uli Hoeneß eingehandelt, der ansonsten ja eher sparsam damit umgeht bei den größten Rivalen seiner Mannschaften. "Alba hat sich im Lauf der Saison als überragender Gegner herausgestellt", sagte der FC-Bayern-Präsident jedenfalls. Die Berliner werden es gern hören, aber lieber wäre ihnen in Zukunft vielleicht doch der ein oder andere greifbare Erfolg.

© SZ vom 25.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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