Süddeutsche Zeitung

Basketball:Im Bann des Magiers

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Alba Berlin kämpft im Eurocup-Finale um den größten Erfolg in der Geschichte des deutschen Vereinsbasketballs.

Von Saskia Aleythe, Berlin

Zwei Sekunden verbliebene Spielzeit leuchten am Freitagabend auf der Uhr in der Arena am Berliner Ostbahnhof, zwei Sekunden trennen die Basketballer von Valencia BC vom nächsten Triumph. Schon 2003, 2010 und 2014 hat der Klub den Eurocup gewonnen, jetzt steht er erneut im Finale des zweitwichtigsten Wettbewerbs auf dem Kontinent, diesmal gegen Alba Berlin. Das erste Spiel der Best-of-three-Serie haben die Spanier am Dienstag daheim 89:75 gewonnen, nun führen sie in Berlin 83:81. Und es sind nur noch zwei Sekunden zu spielen. Doch in denen gleicht Albas Spielmacher Peyton Siva mit einem simplen Korbleger aus.

Es folgte die Verlängerung, mit dem besseren Ende für die Berliner Gastgeber, 95:92. "Es war ein Erfolg, sich den Fans so zu präsentieren", sagte Albas Trainer Aito Garcia Reneses nach dem Erfolg vor 14 500 Zuschauern: "Im dritten Spiel weiß das Team, dass es um den Pokal kämpfen kann." Dieses dritte und nun entscheidende Duell wird am Montag (20.30 Uhr) ausgetragen, wieder beim großen Favoriten. "Wenn wir in die Köpfe von Valencia kommen, haben wir eine Chance", glaubt Alba-Geschäftsführer Marco Baldi. Er spekuliert auf schlechte Erfahrungen der Spanier. Bei ihrer letzten Finalteilnahme 2017 verloren sie das entscheidende Heimspiel gegen ihre Landsleute aus Malaga.

Einer deutschen Mannschaft ist es noch nie gelungen, den Eurocup zu gewinnen. Nur Alba Berlin hat überhaupt schon mal das Endspiel erreicht, 2010, auch damals gegen Valencia. Die Berliner verloren deutlich, 44:67, es wurde noch nicht im Modus "Best of three" gespielt. Der größte Erfolg eines deutschen Klubs stammt also weiterhin aus dem Jahr 1995, damals eroberte Alba den mittlerweile abgeschafften Korac-Cup. Sollten die Berliner am Montag triumphieren, wäre das nicht nur der größte Erfolg einer deutschen Mannschaft auf internationalem Parkett, sondern auch der Lohn für ein besonderes Team.

Persönliche Auszeichnungen haben die Berliner in diesem Wettbewerb ja schon gesammelt. Flügelspieler Luke Sikma: bester Spieler der Eurocup-Saison. Regisseur Siva: bester Spieler der Viertel- und Halbfinalserien. Aito Garcia Reneses: bester Trainer des Wettbewerbs. Dazu kommt: So jung wie Alba (23,7 Jahre) ist im Durchschnitt keine andere Mannschaft im Eurocup. Dass die so weit gekommen ist, bestätigt den Klub, der 30 Prozent des Budgets in die Jugendarbeit steckt. Valencia habe "ein Budget weit, weit weg von uns", sagt Baldi: "Wenn man sieht, dass das, was man über Jahre aufgebaut hat, auch wirklich aufgeht, das tut schon gut."

Für Trainer Reneses ist der Erfolg eine weitere Bestätigung. Der 72-Jährige hat in Spanien etliche Titel gewonnen und die Nationalmannschaft 2008 zu Olympia-Silber geführt. In Berlin schenkt er den Jungen Vertrauen, auch in brenzligen Situationen. Acht Spieler im aktuellen Kader stammen aus dem eigenen Nachwuchs. Der Isländer Martin Hermannsson, der vor dieser Saison aus Frankreich dazugestoßen ist, sagt über den Coach: "Er ist ein Magier."

Dabei wirkt der Mann, den alle nur "Aito" nennen, vollkommen unaufgeregt. "Ich bin zufrieden mit meiner Mannschaft", sagte er am Freitag, "ich wäre aber auch zufrieden, wenn wir verloren hätten. Meine Idee ist, das Maximum herauszuholen, nicht zu gewinnen."" Es ist ein Gedankenkniff: In den vergangenen 14 Monaten hat seine junge Truppe drei Endspiele verloren: die deutschen Pokalfinals 2018 und 2019, dazu die Finalserie in der Bundesliga. "Ich weiß, dass die Leute sagen: Ihr verliert immer im Finale", sagt Aito, "aber ich bin zufrieden. Ich will keinen Druck aufladen und dass die Spieler nur in Sieg und Niederlage denken."

Sie sollen vor allem lernen, und das tun sie auch in dieser Finalserie. In der ersten Partie in Valencia waren die Berliner bei den Rebounds hoffnungslos unterlegen, in der heimischen Arena sah das deutlich besser aus. "Wir haben den ganzen Abend gekämpft", sagte Sikma, der die meisten Abpraller gefangen hatte (sechs) und mit 15 Punkten auch zu den besten Werfern gehört hatte. Der Litauer Rokas Giedraitis kam auf 17 Zähler, Hermannsson und Siva steuerten je 14 bei. Selbst der erst 17 Jahre alte Franz Wagner trug zwei Dreier bei.

Alba-Manager Baldi war von dem Sieg richtiggehend beseelt: "Das war heute etwas Besonderes." Er schwärmt vor allem vom Teamgeist seiner Profis: "Das ist eine eingeschworene Gemeinschaft, die wollen sich belohnen mit einer Euroleague-Qualifikation." Der Eurocup-Gewinner ist ja automatisch für den höchsten Wettbewerb des Kontinents qualifiziert; aber auch als deutscher Meister dürften die Berliner mitmachen. Und selbst eine Wildcard ist denkbar für die Berliner, bestätigte der Euroleague-Chef Jordi Bertomeu am Freitag: "Berlin ist eine Stadt, in der wir gerne sind. Für die Euroleague hat Alba eine gute Struktur."

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Quelle:
SZ vom 15.04.2019
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