Süddeutsche Zeitung

Basketball:Hoeneß schimpft in der Eventbox 4

Der Auftritt des Nationalteams bei der Weltmeisterschaft in China wurmt die Bundesliga-Funktionäre - und auch der Bayern-Präsident äußert sich kritisch.

Von Philipp Schneider

Uli Hoeneß hat sich den Stuhl ganz links gesichert. Also jenen, von dem er nicht nur den Moderator im Blick hat, sondern das Herz seines Fußballreichs. Durch die Panoramaverglasung der "Eventbox 4" in der Arena in Fröttmanning blickt der Präsident des FC Bayern München am Donnerstag auf die meditativ kreisenden Rasensprenger, die fleißig das Gras wässern, auf dem Hoeneß' Fußballer am Vorabend 3:0 gegen Roter Stern Belgrad gewonnen haben. Aber die Champions League ist nicht das Thema heute. Es geht um Basketball, um Hoeneß' größte Leidenschaft neben dem Fußball und dem Tegernsee. Und Hoeneß ist sauer. "Wie viel Geduld wollen wir denn noch haben?", fragt er den Moderator, der von ihm gerade wissen wollte, ob man nicht etwas mehr Geduld haben müsse mit der Basketball-Nationalmannschaft? Er hätte, sagt Hoeneß, vor Verzweiflung am liebsten den Fernseher angeschoben, der ihm diese lethargischen Partien der deutschen Mannschaft jüngst bei der Weltmeisterschaft in China am Tegernsee präsentiert hatte. "Die haben gegen Frankreich siebeneinhalb Minuten keinen Korb geworfen!", sagt Hoeneß, nein, er ruft jetzt eher in sein Mikrofon: "Das gibt es doch nicht einmal im Guinnessbuch der Rekorde!"

Eine Summe von NBA-Spielern ergibt noch keine funktionierende Mannschaft, findet Marco Baldi

"Mit Qualität und Attraktivität in eine neue spektakuläre Saison!", hat die Basketball-Bundesliga (BBL) die Infoveranstaltung genannt, zu der außer Hoeneß noch Liga-Geschäftsführer Stefan Holz und Marco Baldi gekommen sind, der Geschäftsführer von Alba Berlin und BBL-Vizepräsident. Doch bevor es um die Qualität der Bundesliga geht, muss selbstredend die Schlamperei des zuvor hoch gehandelten Nationalteams um Dennis Schröder aufgearbeitet werden, das in China nach der Vorrunde ausgeschieden war und nur Platz 18 belegte. "Das ist schade für uns alle, die den Basketball lieben. Wir haben gehofft, dass die Nationalmannschaft einen weiteren Push für den Sport gibt", sagt Hoeneß: "Man hätte erwartet, dass sie Gas geben, sich abklatschen, Einsatz und Empathie zeigen." Der Auftritt der Mannschaft sei "nicht hilfreich" gewesen, findet Holz. Und so sieht das auch Baldi: "Die Nationalmannschaft muss eine Identität haben, die hatte sie aber nicht." Baldi findet, dass der deutschen Auswahl ein übergeordneter Gedanke gefehlt habe und an dessen Stelle die Interessen der Einzelspieler kein funktionierendes Ganzes ergeben hätten: "Eine Summierung der NBA-Spieler bedeutet nicht ein funktionierendes Team", erklärt Baldi. Überhaupt werde in der amerikanischen Profiliga "mitnichten der beste Basketball gespielt. Da wird das meiste Geld verdient, aber Basketball ist ein Teamsport".

Ansonsten üben sich Hoeneß, Holz und Baldi in Vorfreude auf die am Dienstag mit einem Duell zwischen Ratiopharm Ulm und Rasta Vechta startende BBL-Saison. Der FC Bayern, der sich in diesem Sommer deutlich verstärkt habe, sei der Favorit, findet Baldi: "So eine Mannschaft haben wir in Deutschland noch nie gesehen." Dann schiebt er nach: "Dass wir der erste Herausforderer sind, ist auch klar."

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SZ vom 20.09.2019
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