Basketball:Heiter weiter

Basketball: Vorzügliche Passgeberin: Levke Brodersen (links) führt in Wasserburg klug Regie, trotzdem ist der Spielaufbau ein heikler Punkt im Gefüge.

Vorzügliche Passgeberin: Levke Brodersen (links) führt in Wasserburg klug Regie, trotzdem ist der Spielaufbau ein heikler Punkt im Gefüge.

(Foto: Gabi Hörndl/oh)

Wasserburgs ohnehin abstiegsbedrohte Basketballerinnen müssen nun auch noch mit den Nachwirkungen ihrer Corona-Infektionen klarkommen. Sie brauchen Ruhe und Zeit - doch beides ist im Moment nicht zu haben.

Von Andreas Liebmann

Rüdiger Wichote lacht. Die Sache mit der Meisterschaft, von der Wasserburgs Basketballabteilung zu Saisonbeginn noch sprach? Och, finde er gar nicht so schlimm, sagt er - und lacht. Die deutliche Niederlage vom Mittwochabend gegen Freiburg? All die Widrigkeiten, die die Corona-Pandemie seinem Team aktuell beschert? Immer wieder schiebt sich Wichotes Lachen zwischen die ernsten Antworten, und es klingt weder verbittert noch höhnisch oder verzweifelt, allenfalls manchmal ein klitzekleines bisschen ironisch. Es ist wohl der Versuch des Trainers, etwas gute Laune zu bewahren und Zuversicht, weil alles, womit er sich aktuell zu beschäftigen hat, kaum positive Gedanken zulässt.

Am Mittwoch soll es laut geworden sein in der Kabine, und auch nach der Partie sagte Trainer Wichote durchaus Kritisches, selbstverständlich. 58:98 ging das Heimspiel seiner Wasserburgerinnen gegen den Tabellenzweiten verloren. Er hatte auf eine Überraschung gehofft. Stattdessen punkteten die Gäste um ein Haar dreistellig, das ist in der bisherigen Erstligasaison der Frauen überhaupt erst einem Team gelungen. Die Freiburgerinnen hätten das nun also beinahe beim deutschen Rekordmeister geschafft. "Es hat an Einsatz, Wille und Kommunikation gefehlt", sagte Wichote danach. Und: "So eine Leistung darf nicht passieren." Aber einen Tag später spricht er eben auch über all die Gründe, und obwohl sein Vortrag bisweilen fast heiter klingt: Der 51-Jährige ist ganz sicher nicht zu beneiden.

Trotz eines Positivbefunds mussten sie zum Jahresende antreten - und infizierten auch noch Gegnerinnen

Es war der erste Auftritt nach einer Corona-Zwangspause, nach mehreren Positivfällen. Begriffe, an die man sich zunehmend gewöhnt in dieser Pandemie, gerade jetzt, wo die Omikron-Variante die Fallzahlen so rapide steigen lässt. Was hinter den Begriffen steckt, wissen sie nun aber sehr gut in Wasserburg, spätestens seit dem Jahreswechsel. Ihr erstes positives Testergebnis hatten sie vor ihrem Auswärtsspiel in Osnabrück Ende Dezember bekommen, die Spielerin natürlich separiert, nach Rücksprache mit der Liga hätten sie aber antreten müssen, erzählt Wichote. Er kommentiert das nicht groß, lässt aber durchblicken, dass er es für fragwürdig hält. Danach kam dann eine Reihe weiterer positiver Befunde, "und Osnabrück haben wir auch gleich noch mit infiziert". In diesem Fall klingt Wichotes Lachen gequält. Und als er dann erzählt, wie am 31. Dezember der Notarzt in die Halle kam, weil eine Spielerin umgekippt war während der Vorbereitung auf das anstehende Heimspiel gegen Freiburg, da lacht natürlich auch er nicht mehr.

Die sportliche Misere der Wasserburgerinnen zieht sich durch die ganze Saison, man kann sie nicht an der Pandemie festmachen. Auf Abstiegsrang zwölf steht der Verein, der seit 2004 elfmal Meister und neunmal Pokalsieger war und dessen Abteilungsleiterin Paula Zaschka vor Saisonbeginn sagte, sie sei "zuversichtlich", dass mal wieder ein Meistertitel drin sein könnte. "Die Erwartungen sind hier sowieso immer hoch", sagt Wichote, deshalb habe er die optimistische Ansage auch nicht als verfehlt empfunden. "Was hätte man denn sagen sollen?" Dabei war der Umbruch im Kader groß, auch Wichote selbst ist ja neu. Klar ist: Vor Weihnachten habe er seinen Spielerinnen verdeutlicht, dass es nur noch darum gehen könne, nicht abzusteigen. Vier Siege aus 16 Partien stehen zu Buche. Stand jetzt soll es vier direkte Absteiger geben, weil die Liga pandemiebedingt nach der vergangenen Saison aufgestockt wurde und wieder verschlankt werden soll. Das beträfe die Ränge elf bis 14. Wichote hofft, dass am Ende vielleicht doch weniger Klubs nach unten müssen. Aber sicher ist das nicht.

Nach fünf Minuten sei das Nachholspiel gegen Freiburg im Prinzip schon verloren gewesen, sagt Wichote tags darauf, was sich am Spielverlauf nur bedingt ablesen lässt, weil Freiburg da gerade mal 13:9 vorne lag. Aber ja: In welche Richtung die Partie laufen würde, hatten tatsächlich bereits die ersten Angriffe gezeigt. Bis zum 2:9 sah man, dass die Wasserburgerinnen dem Druck des Gegners nicht standhielten, Bälle verloren, Turnovers und Fastbreaks kassierten. "Alles, was wir vermeiden wollten, ist eingetreten", sagt Wichote, "das war ernüchternd."

Es macht was mit einem, wenn die Mitspielerin im Training umkippt

Ebenso ernüchternd das Debüt des Winterzugangs Miyah Barnes. Sie haben ein Grundproblem auf der Aufbauposition, nämlich in Levke Brodersen eine vorzügliche Passgeberin, deren Stärke aber nicht das Scoring ist, weshalb man ihr eine gute Werferin zur Seite stellen wolle. Hier aber hakt es. Von der Amerikanerin Aliyah Mazcyk trennte sich der Verein rasch wieder, es passte nicht. "Der Markt gab dann wenig her bei unserem Etat." Sophie Perner, die gegen Freiburg wieder mitspielte, fehlte zuvor mehr als einen Monat lang wegen eines Schleudertraumas. Auch Perner punktete bei ihrer Rückkehr nicht, ganze fünf Spielerinnen trafen überhaupt mal in den Korb. Und Barnes, 23, die nun aus Zypern geholt wurde und zuvor am College spielte, führte sich unglücklich ein: null Punkte, dafür fünf verschuldete Turnovers. Auch sie brauche Zeit, sagt Wichote. Zeit, die im Moment fehlt. Am Sonntag (16 Uhr) steht das nächste Heimspiel an, erneut ohne Zuschauer, zu Gast ist der Tabellen-13. Düsseldorf. Eine Partie, die sie gewinnen müssen.

Leicht gesagt. Nach den vielen Positivfällen war das Team in Quarantäne, und die Auswirkungen könnten noch Wochen anhalten, fürchtet der Coach. Nicht nur wegen des Trainingsrückstands von fast zwei Wochen Zwangspause, den man natürlich nicht durch ein paar gemeinsame Online-Übungen auffangen konnte. Einige Spielerinnen hätten durchaus derbere Symptome gehabt, und einige habe er am Mittwoch sicherheitshalber zur zweiten Halbzeit draußen gelassen, Laura Hebecker, Sarah Mortensen. Natürlich dosieren sie nun die Belastungen, und alle Spielerinnen seien vor der Partie gründlich von Spezialisten durchgecheckt worden. "Aber man hat ein schlechtes Gefühl dabei."

Auch die Ärzte warnten, man müsse alles weiter genau im Auge behalten, und man wisse ja auch noch zu wenig über mögliche Begleiterscheinungen der neuen Virusvariante. Am Donnerstag, sagt Wichote, sei die Hälfte der Mannschaft gleich wieder zur Kontrolle beim Teamarzt gewesen. "Die Spielerinnen sind auch verunsichert, das steckt in den Hinterköpfen drin." Es macht was mit einem, wenn eine Mitspielerin einfach umkippt. Und auch der Trainer trägt gerade eine Verantwortung, die er so eigentlich nicht tragen sollte. "Es wird besser werden", sagt Wichote tapfer, "wir haben es in der eigenen Hand." Was bleibt auch, außer Zuversicht?

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